Kommunales

Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) auf der Doppel-Baustelle an der Amperstraße. (Foto: Paul)

26.08.2022

Kita und Sozialwohnungen in einem

Die Stadt Dachau versuchte ein innovatives Projekt gegen den Wohnungsmangel – und erlebte einen Albtraum

Im oberbayerischen Dachau – die Anbindung per S-Bahn nach München ist Fluch und Segen zugleich – kostet der Quadratmeter Bauland inzwischen rund 500 Euro. Dadurch sind günstige neue Wohnungen kaum noch realisierbar. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) wollte etwas Neues ausprobieren – und bereut es inzwischen massiv.

Der neue Kindergarten, der derzeit an der Amperstraße in Dachau entsteht, wird sicher mal ein angenehmer Aufenthaltsort für die Zwergerl: Große, bodentiefe Fenster lassen viel Licht ins Gebäude und trotz der zentralen Lage ist es noch vergleichsweise ruhig. Aber das ist nicht das Besondere an der Einrichtung. Sondern das Gebäude ist eine Kombination aus Betreuungseinrichtung und Mehrfamilienhaus.

Auf dem Flachbau der Kita – betreut werden hier später mal drei Kleinkinder- und eine Krippengruppe – entstehen 19 sozial geförderte Wohnungen. Vermietet werden sollen sie nach der Fertigstellung zu einer Kaltmiete von sechs bis acht Euro pro Quadratmeter – ein absolutes Schnäppchen in einer Stadt, wo auf dem freien Markt mittlerweile der dreifache Betrag üblich ist. Insgesamt betragen die Baukosten rund zehn Millionen Euro, verrät Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD); davon entfallen 30 Prozent auf den Kindergarten und 70 Prozent auf die Wohnungen.

Bürokratische Hürden bei Baurecht und Förderung

Der junge Rathauschef – 2014 wurde der studierte Umweltingenieur mit gerade mal 27 Jahren Bayerns jüngster Oberbürgermeister – kämpft in seiner Kommune mit explodierenden Mieten und massivem Zuzug. Das Preisniveau in Dachaus Immobilienmarkt hat inzwischen fast zum Münchner Niveau aufgeschlossen. Soll der Wohnungsmarkt nicht kollabieren, müssen zwangsläufig neue und unkonventionelle Wege beschritten werden. Die Anregung zu dem Projekt kam ihm bei einer Exkursion des Stadtrats nach Wien. Die österreichische Hauptstadt – Kommune und Bundesland in einem, gilt Stadtplaner*innen aus allen europäischen Metropolen inzwischen als Vorbild für einen sozialen Wohnungsmarkt.

Als „jugendlichen Leichtsinn“ wertet Hartmann aber inzwischen seine Idee und beteuert, dass er diese nicht wiederholen werde. Grund sei vor allem die unglaubliche Bürokratie, die dadurch entstand. Doppelnutzungen sind im deutschen Baurecht grundsätzlich nicht vorgesehen und bedingen unzählige aufwendige Anträge und Genehmigungsverfahren, berichtet der Oberbürgermeister. Hinzu kamen baurechtliche Aspekte, etwa bei der Raumhöhe und der unterschiedlichen Statik, aber auch bei Heizung und Elektrik.

Und auch im steuerlichen Bereich sowie bei der staatlichen Förderung taten sich große Hürden auf. Dass eine städtische Wohnungsbaugesellschaft eine Kita einfach mit errichtet, das ist einfach nicht vorgesehen. Manches klingt wie aus einem Schildbürgerstreich: „Ich darf als Kommune die Kita nicht mit Möbeln ausstatten, wenn ich sie anschließend einem Träger übergebe“, berichtet Hartmann. Mitunter muss Interieur sogar wieder zurückgekauft werden. Sein innovativer Plan könnte potenzielle Nachahmende also eher abschrecken. (André Paul)

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