Kommunales

Die Idylle trügt: Ein Sonnenuntergang in der Nähe von Treppendorf im Steigerwald. (Foto: DAPD)

18.03.2011

Schwarz-Weiß-Denken im Steigerwald

Auch nach vier Jahren zeichnet sich zwischen Gegnern und Befürwortern des geplanten Nationalparks keine Einigung ab

Die Befürworter schwärmen von großartigen Chancen für Naturschutz und Regionalentwicklung, die Gegner fürchten massive Einschränkungen für die Menschen in der Region: Seit knapp vier Jahren wird über den geplanten Nationalpark Steigerwald, mit dem auf rund 11 000 Hektar die wertvollen Buchenwaldbestände in den Landkreisen Hassberge, Bamberg und Schweinfurt geschützt werden sollen, heftigst gestritten. Auf der einen Seite stehen Umweltverbände wie Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV), auf der anderen Seite der Verein „Unser Steigerwald“. Die Fronten sind verhärtet.
Ja, räumt BN-Waldreferent Ralf Straußberger ein, die Situation sei „schon etwas verfahren“. Die Schuld daran gibt er den Nationalpark-Gegnern, die eine „Desinformationskampagne“ gestartet hätten. Da werde vor angeblich geplanten Betretungsverboten gewarnt, vor Enteignungen und einer Einstellung der Jagd. Alles Unsinn, sagt Straußberger: „Da werden Horrorszenarien an die Wand gemalt.“


Strukturschwache Region


Dabei könne gerade eine strukturschwache Region wie der Steigerwald von einem Nationalpark nur profitieren – unter anderem deshalb, weil dadurch der Tourismus gefördert werde, wie Untersuchungen aus anderen Nationalparks belegten. Am wichtigsten sei jedoch der Schutz der Wälder. „In einem Wirtschaftswald“, verdeutlicht der BN-Waldexperte, „werden die Buchen höchstens 140 Jahre alt. Von Natur aus ist aber ein Alter von 350 bis 400 Jahren möglich. Das heißt, die Bäume werden wesentlich mächtiger, größer, dicker und bieten so mehr Möglichkeiten für Pilze, Käfer und Vögel, was sich positiv auf die Artenvielfalt auswirkt.“
Ein Argument, das Oskar Ebert, 2. Vorsitzender des Vereins „Unser Steigerwald“ nicht gelten lässt. Dass das Gebiet so wertvoll sei, habe man doch den Menschen in der Region zu verdanken: „Wir haben das entwickelt, ohne die Umweltverbände, nur mit naturnaher Waldbewirtschaftung.“ Auch ökonomisch mache ein Nationalpark keinen Sinn, meint Ebert und verweist auf Studien zum Nationalpark Bayerischer Wald. Dort entstehe zwar durch den Tourismus Einkommen von 13,5 Millionen Euro, doch die öffentliche Hand müsse dafür 12 Millionen Euro investieren. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht unsinnig, findet Ebert. Außerdem sei die breite Mehrheit der Bevölkerung im Steigerwald gegen das Vorhaben: „Aus der Kernregion sind keine fünf Prozent dafür.“
Die wütenden Proteste gegen das Projekt – unter anderem wurden sogar Drohungen an das Haus eines Befürworters geschmiert – sind tatsächlich der größte Hemmschuh für den Nationalpark. Schließlich hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) kürzlich kundgetan, dass „gegen den Willen der Bevölkerung nichts geschehen“ werde.
Der Bamberger Landrat Günther Denzler (CSU), lange Zeit einer der Befürworter eines Nationalparks Steigerwald, setzt daher auf Ausgleich – „wir wollen kein Gegeneinander“ – und auf eine Politik der kleinen Schritte. Politisch sei das Vorhaben momentan „nicht durchsetzbar“. Aber man arbeite derzeit an der Verwirklichung eines Buchenwald-Informationszentrums, in dem unter anderem die Vorzüge naturbelassener Wälder aufgezeigt werden sollen. Denzler: „Wir müssen Überzeugungsarbeit bei den Menschen machen.“
Und der Landrat schmiedet mit Unterstützung des Bamberger Kreistags weitere Pläne: „Weltnaturerbe“ heißt das Zauberwort, um diesen Titel soll sich der Steigerwald bewerben. Dafür braucht man zwar ebenfalls ein Schutzgebiet. Allerdings nur 4000 bis 5000 Hektar, sagt Denzler, also weniger als die Hälfte der Fläche, die der geplante Nationalpark umfassen soll. Ein Weltnaturerbe Steigerwald zwischen den beiden Weltkulturerbestätten Bamberger Altstadt und Würzburger Residenz, „das wäre touristisch doch wie ein Sechser im Lotto“, begeistert sich der Landkreis-Chef.


Biodiversitätsstrategie


Die Nationalpark-Gegner überzeugt das nicht. Im Gegenteil: „Etikettenschwindel“ sei das, schimpft Oskar Ebert und befürchtet, dass durch dieses Hintertürchen der verhasste Nationalpark schlüpfen könnte.
BN-Waldreferent Ralf Straußberger äußert sich zurückhaltend. Um den Titel „Waldnaturerbe“ bewürben sich momentan mehrere deutsche Buchenwaldgebiete, „da würde der Steigerwald gut reinpassen“. „Aber“, gibt Straußberger zu bedenken, „die Nationalparkidee hat den Charme, dass sie eine großräumige Lösung ist“. Man könne beispielsweise mehrere Infozentren einrichten, in jedem der betroffenen Landkreise – „das heißt, es profitieren alle davon“. Nicht nur aus diesem Grund zeigt sich der BN-Waldexperte optimistisch, dass der Nationalpark trotz aller Proteste irgendwann doch verwirklicht wird. Schließlich gebe es die nationale Biodiversitätsstrategie, der zufolge zehn Prozent der öffentlichen Wälder aus der Nutzung genommen werden sollen, damit sie sich natürlich entwickeln können. In Bayern sei man momentan gerade mal bei zwei Prozent, „das heißt, die Zeit spielt für uns“.
(Brigitte Degelmann)

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