Kommunales

Die Abschaffung der Strabs war vor allem den FW wichtig. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

13.02.2019

Weiter Ärger um Straßenausbaubeiträge

Streit um Altfälle

Eigentlich wurden die Straßenausbaubeiträge - kurz "Strabs" genannt - in Bayern zum 1. Januar 2018 abgeschafft. Doch für Altfälle gilt eine Übergangszeit bis 2021. Städtetag und Freie Wähler wollen den Streit in den Kommunen durch eine Gesetzesänderung entschärfen.

Trotz ihrer Abschaffung sorgen Straßenausbaubeiträge (Strabs) in Bayern weiter für Konflikte zwischen Anwohnern und Kommunen. Weil bei noch nicht abgerechneten Altfällen die Verjährung droht, werden diese vielerorts jetzt fertiggestellt und die Kosten - in Einzelfällen im sechsstelligen Bereich - auf die Anlieger der Straße umgelegt. Bayerischer Städtetag und Freie Wähler fordern nun eine Klärung der Rechtslage.

"Viele Bürgermeister sehen sich mit einer hoch gespannten Erwartungshaltung von Bürgern konfrontiert, die jetzt denken, der Straßenbau kostet gar nichts mehr", sagte der Sprecher des Städtetags, Achim Sing, der Deutschen Presse-Agentur. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) habe den Eindruck erweckt, die Kommunen könnten nun auch bei Altstraßen auf die Erhebung von Beiträgen verzichten.

Es gebe hier aber keinen Ermessensspielraum, weil das Erschließungsbeitragsrecht, das Haushaltsrecht und die Gemeindeordnung die Kommunen verpflichteten, die Kosten umzulegen, betonte Sing. Bürgermeister machten sich sogar strafbar und kämen in die Haftung, wenn sie auf die Umlage verzichteten. "Wir fordern eine zweifelsfreie Klarstellung, dass Kommunen und Bürgermeister nicht belangt werden, wenn sie nach dem Ausbau einer Altstraße keine Beitragsbescheide an die Anlieger verschicken", verlangte Sing.

Die Freien Wähler im Landtag wollen dazu noch im Februar einen Entwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes in den Landtag einbringen, wie deren kommunalpolitischer Sprecher Joachim Hanisch sagte. Damit solle gesetzlich festgeschrieben werden, dass Kommunen nicht verpflichtet sind, Altstraßen noch vor dem Stichtag am 1. April 2021 fertigzustellen und mit den Anliegern abzurechnen und dass Bürgermeister deshalb nicht wegen Amtsmissbrauch vor Gericht landen. Dies habe Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Anfang Februar auch in der Plenarsitzung des Landtag gesagt. "Es liegt dann in der Entscheidungshoheit der Stadt- und Gemeinderäte, ob sie sagen, die Kosten wurden nicht jahrzehntelang umgelegt, jetzt legen wir sie auch nicht mehr um", sagte Hanisch.

Bei den Straßenausbaubeiträgen handelt es sich um Geld, das Kommunen von Anwohnern verlangen, wenn sie Ortsstraßen verbessern oder erneuern. Die Gebühren hatte der Landtag auf Druck der Freien Wähler rückwirkend zum 1. Januar 2018 abgeschafft. Bei Altfällen gilt derzeit die Regelung, dass diese noch bis zum 1. April 2021 auf die Anlieger umgelegt werden können, wenn ihre erstmalige technische Herstellung nicht länger als 25 Jahre zurückliegt.

Die Kommunen erhalten als Ersatz für die künftig fehlenden Ausbaubeiträge in diesem Jahr 100 Millionen Euro und ab 2020 jährlich 150 Millionen Euro aus der Staatskasse.

Die Straßenausbaubeiträge waren seit Jahren umstritten. Denn bei der Sanierung von Gemeindestraßen flatterten den Anliegern oft hohe Rechnungen ins Haus - was viele nur mit großen Mühen zahlen konnten. Außerdem waren die Einwohner wohlhabender Kommunen privilegiert; in München zum Beispiel gab es die Ausbaubeiträge gar nicht. (dpa)

Kommentare (5)

  1. antonerl01 am 01.05.2019
    Auch im Mail 2019 ist dieses unsägliche Thema noch auf der Tagesordnung. Auch wir haben nun in der Gemeinde Ihrlerstein das Problem der "fiktiven Erschließung". Wir oben kommentiert ist der Sachverhalt der übereilten Herstellung jahrzehnte alter Straßen in der Umsetzung. Die örtliche BI kämpft vehement gegen die 90% Regelung. Die Beschlüsse der Staatsregierung zu einem geänderten KAG und Abrechnungsmodus wird vor Ort "mangels klarer Ausführungsregeln" ignoriert. Hier ist die Staatsregierung gefragt: Abschaffung der Umsetzung mit Stichtag 01.01.2019. Was seit Jahrzehnten nicht "fertiggestellt" wurde, muß nicht innerhalb von 6 Wochen gebaut und auf die Anlieger umgelegt werden.
  2. Irrsinn am 23.02.2019
    Heißt es nicht im §5a Abs. 7 Satz 2 KAG: "Dies gilt auch, sofern seit dem Beginn der erstmaligen technischen Herstellung einer Erschließungsanlange mindestens 25 Jahre vergangen sind."
    Bei uns sollen Kosten von 550 k€ (abzüglich der ca. 10% Gemeindeanteil) auf schlussendlich 10 Familien abgewälzt werden. Wie soll das bitte gehen.
  3. Vereinigte Bürgerinitiativen Abschaffung STRABS am 14.02.2019
    Auszug aus der Nürnberger Erklärung 9.3.2013 Abschaffung fiktive Ersterschließung

    Vereinigte Bürgerinitiativen für gerechte Kommunalabgaben „Nürnberger 'Erklärung“. Darin wird gefordert: 1.Unterbindung der fiktiven Ersterschließung nach dem BauGB durch Schließung einer Gesetzeslücke. 2. Herauslösung der Beitragspflicht für den Ausbau von Ortsstraßen aus dem Kommunalabgabengesetz (KAG) und statt dessen Finanzierung aus Steuermitteln. 3. Verpflichtung der Kommunen zur Einrichtung eines nachhaltigen Straßenbaumanagements zur Kosteneinsparung für Kommunen.
    Die Vereinigten Bürgerinitiativen haben bei Gesprächen mit allen im Bayerischen Landtag ver- tretenen Parteien die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gefordert.
    Leider wurde diese Forderung von allen Parteien vehement abgelehnt. Auch einer Pedition des
    Wohnheimverbandes wurde nicht stattgegeben.
    Der Anspruch der Freien Wähler zur Abschaffung Straßenausbaubeiträge verantwortlich zu sein
    ist FALSCH.
    Alle Wohnungsverbände und die vielen Bürgerinitiativen haben die Abschaffung bewirkt.
    Herr Aiwanger hat nur die Landtagswahl dazu benutzt, obwohl die FW vorher gegen eine Ab-
    schaffung war. Die CSU war durch den Wahlausgang für eine Abschaffung der STRABS ge-
    zwungen.
    Jetzt will Herr Aiwanger mit einem neuen Antrag auch die fiktive Ersterschließung erreichen, die im
    Koalitionsvertrag nicht vorhanden ist.
    Es gibt in Bayern wirklich tolle Politiker - Heute so und Morgen so!
    Bei einer zukünftigen Landtagswahl wird sich hoffentlich wieder einiges ändern.

    Heinrich Kellermann Beirat Vereinigte Bürgerinitiativen
    www.anti-strabs-net.de
  4. Fritze am 14.02.2019
    Wir sind selbst betroffen, seit ca 6 Jahrzehnten besteht zu unseren und unseren Nachbarn als Zufahrt eine geschotterte Straße. Jetzt wird die Stadtverwaltung aktiv... klar wegen Ablauf der Frist 2021... um noch Kosten direkt auf die Anlieger umlegen zu können.
    Wir haben eine neue gesetzliche Grundlage, diese Grundlage die Bürger von den Strabs zu befreien, hat sich demokratisch durchgesetzt und macht ja auch Sinn. Die Straßen sind für alle da und von jedem befahrbar, warum soll dann nur der zahlen, der ein Grundstück an der betreffenden Straße hat.
    Meiner Meinung nach sollten Strabs auch für neu zu erstellenden Straßen aus Steuermitteln finanziert werden, Ausnahmen bei Stichstraßen, beispielsweise Aussiedlerhöfe usw. sollten individuell betrachtet werden.
  5. Sandy am 13.02.2019
    Wie hier mit Bürgern und Wählern umgegangen wird, entbehrt jeder Grundlage. Wir leben in einer kleinen Gemeinde nähe Rosenheim. Seit 30 Jahren fahren wir auf einer Feldstraße und seit dreißig Jahren heißt es seitens der Gemeinde, die Straße wird gebaut. Seit dreißig Jahren, ( andere Anlieger betrifft es noch länger) wissen wir nach einem Wolkenbruch oft gar nicht, wie wir den Berg hochkommen sollen. Vor dreißig Jahren mussten wir an die Gemeinde 1 Meter des Grundstückes an die Gemeinde abtreten, zahlbar natürlich erst wenn die Straße gebaut wird. Damals wurden hierfür 15 DM veranschlagt. Wie lange ist das überhaupt rechtens? Nun wurde abgestimmt. Wir müssen 90% der Straße bezahlen, man spricht hier von Gerechtigkeit. Am schlimmsten ist aber diese Willkür und die Hilflosigkeit. Menschen die sich für ihre Bürger und Wähler einsetzen sollten, sind wie es scheint, nur noch daran interessiert, einem Steine in den Weg zu legen. So wie uns geht es vielen und nicht Jeder kann sein Eigentum erhalten. Darf das sein?
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