In ihrem neuen Buch "Wir schaffen es nicht. Eine Flüchtlingshelferin erklärt, warum die Flüchtlingskrise Deutschland überfordert" geht die Bestsellerautorin Katja Schneidt mit der Asylpolitik in Bund und Kommunen hart ins Gericht. Vor allem würden zahlreiche Probleme von den Verantwortlichen nicht offen und ehrlich benannt.
BSZ Frau Schneidt, ein Buch zu schreiben mit dem Titel „Wir schaffen es nicht“: Das ist doch wahlweise „populistisch“, „schürt Ängste“ oder „spielt den Rechten in die Hände“ – um mal die übliche Kritik zu zitieren –, oder nicht?
Schneidt Heute ist es ja so: Sobald ich mich kritisch über die Themen Migration und Flüchtlinge äußere, bekomme ich diese Totschlagargumente entgegen gehalten von all den Leuten, die keine Kritik wünschen. Aber es ist genau dieses Verschweigen, dass den Rechten in die Hände spielt. Und aus diesem Schweigen resultiert auch der Vorwurf der „Lügenpresse“ – die Menschen spüren, dass die Medien um manche heiße Themen bewusst einen Bogen machen. Aber in einer freien, offenen Gesellschaft muss auch die offene Diskussion möglich sein. Und machen wir uns doch nichts vor: Die Menschen besorgen sich ihre Informationen auch anderswo, vor allem über die sozialen Netzwerke. Man kann die tatsächlichen Zustände heute nicht mehr verheimlichen.
BSZ Sind Sie schon persönlich angefeindet worden?
Schneidt Für dieses Buch konkret noch nicht, es ist ja auch erst vergleichsweise kurze Zeit auf dem Markt. Aber mein früheres Buch „ Gefangen in Deutschland“ – darin berichte ich, wie mich mein türkischer Freund in eine islamische Parallelwelt entführte, mir den Schleier aufzwang und wie ich mich befreite –, das könnte ich so heute nicht mehr schreiben – auch wenn es damals auf der Spiegel-Bestsellerliste stand. Da würde sofort der Vorwurf laut werden, ich sei islamophob oder rassistisch. Womöglich schützt mich auch mein biografischer Hintergrund, ich bin schwer angreifbar: Schon lange SPD-Mitglied, noch immer gläubige Muslimin und seit vielen Jahren in der Flüchtlingshilfe aktiv. Aber eigentlich kann es nicht sein, dass nur noch solche Leute oder welche mit eigenem Migrationshintergrund ihre ehrliche Meinung sagen dürfen – und alle anderen gehen ängstlich in Deckung.
BSZ Und wir schaffen es also tatsächlich nicht?
Schneidt Nicht, wenn wir unsere derzeitigen Maßnahmen nicht gravierend ändern. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Im Jahr 2012 – also lange vor der Flüchtlingswelle – wurden in Deutschland bereits pro Jahr 825 000 neue Wohnungen zu wenig gebaut. Und die Bau-Intensität hat sich auch in diesem Jahr nicht wesentlich geändert. Wenn die Wohnungen schon vorher nicht gereicht haben – wie sollen sie es dann für die jetzt zwei Millionen Flüchtlinge? Und es stellt sich die Frage: Was wollen wir überhaupt schaffen? Diese Leute mit Essen und Kleidung zu versorgen? Doch, das können wir schaffen. Aber sie dauerhaft als Arbeitnehmer in die deutsche Gesellschaft integrieren? Nein! Das hat mit weiten Teilen der früheren Migranten nicht funktioniert, warum sollte es jetzt klappen?
BSZ Moment mal: ZWEI Millionen?
Schneidt Ja, natürlich! Das ist auch so ein Aspekt der Unaufrichtigkeit unserer Politiker. Der Familiennachzug ist bereits in vollem Gange, auch wenn das natürlich nicht laut thematisiert wird. Und die meist jungen, männlichen Flüchtlinge haben große Familien, glauben Sie mir. Und es kommen ja immer noch weiter neue Flüchtlinge in Deutschland an – wenn auch weniger als im vergangenen Jahr, aber immer noch deutlich mehr als noch vor fünf oder zehn Jahren. In wenigen Jahren wird die Zahl der dauerhaft hier lebenden Flüchtlinge und ihrer Angehörigen nach Hochrechnungen zwischen sechs und acht Millionen betragen. Und die Menschen, die jetzt zu uns gekommen sind, sind gekommen, um zu bleiben.
"Wir sind zu naiv und zu tolerant in Deutschland"
BSZ Aber es heißt doch, die Lage sei inzwischen wieder voll im Griff?
Schneidt Bei Ihnen in Bayern mag die Lage inzwischen etwas entspannter sein, der Freistaat ist ein reiches Bundesland. Aber hier bei uns in Hessen sind die Gemeinschaftsunterkünfte weiter brechend voll. Hier teilen sich beispielsweise 60 Leute zwei Waschmaschinen. Da sehe ich aber keinen von unseren Mitbürgern als praktische Hilfe, die im vergangenen Sommer bei uns am Bahnhof mit Blumen und Teddybären standen und die Flüchtlinge so überschwänglich begrüßt und sich in ihrer Willkommenskultur gesonnt haben. Für diese Leute sind inzwischen wieder andere Dinge interessant. Die melden sich nur noch zu Wort, um gegen Abschiebungen zu protestieren.
BSZ Welche Veränderungen machen sich dadurch im Stadtleben bemerkbar?
Schneidt Ich lebe in Büdingen, einer Kleinstadt mit rund 20 000 Einwohnern in der Nähe von Frankfurt/M. Wir haben hier zwischen 600 und 800 Flüchtlinge im Ort, meist junge Männer. Und die gehen immer in Gruppen durch den Ort. Natürlich haben da junge Mädchen und alte Leute mitunter Angst. Oder nehmen Sie meine Tochter: Sie brauchte für meinen Enkel einen Facharzttermin, aber in der Praxis sagte man ihr, das könne leider bis zum nächsten Frühjahr dauern, alles ausgelastet. Wenn ich in meiner Eigenschaft als Flüchtlingshelferin in der gleichen Angelegenheit beim Landratsamt anrufe, da geht das ruckzuck, für ein Flüchtlingskind bekomme ich den Termin sofort. Ja meinen Sie, das bekommen die Menschen nicht mit?! Aber hören oder lesen Sie etwas darüber? Nein.
BSZ Einzelbeispiele gibt es sicher viele, aber was läuft denn grundsätzlich schief?
Schneidt Wir sind in Deutschland inzwischen einfach zu tolerant mit unserer naiven Willkommenskultur. Man muss zum Beispiel sagen – und ich weiß, wovon ich spreche, ich bin selbst Muslimin – das der Islam eben nicht nur eine Religion ist, sondern dass er das gesamte öffentliche Leben kontrollieren und bestimmen will. Und dieses Denken bringen die Flüchtlinge mit, die sind damit aufgewachsen. Der Islam will herrschen – in einem Maße, wie das bei keiner anderen Religion der Fall ist. Wir hatten Mitte der 1990er Jahre vier Millionen Flüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion, darunter waren Juden, orthodoxe Christen, Atheisten – aber mit all denen gab es nicht mal ansatzweise solche Integrationsprobleme wie heute mit den Muslimen. Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen noch konsequenter all jene ausweisen, die nach unserem Asylgesetz kein Recht haben, hierzubleiben. Und da darf sich der Staat auch nicht von Protesten, beispielsweise aus den Kirchen, beirren lassen. (Interview: André Paul)
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