One way nach Deutschland - und nur über einen Umweg zurück nach Österreich. Die oberbayerische Stadt Burghausen hat im Januar ernst gemacht mit ihren seit Jahren gehegten Plänen und vorerst probeweise die alte Brücke vom Stadtplatz über die Salzach nach Österreich einseitig zur Einbahnstraße erklärt. Vielen Österreichern auf der anderen Seite passt das nicht.
Zwar stehen die Einbahnstraßen- und Verbotsschilder nur auf deutscher Seite, in Österreich wäre die Straße in beiden Richtungen befahrbar. In der Praxis macht das aber freilich keinen Unterschied: Bis zur Brückenmitte zu fahren und zu wenden macht keinen Sinn.
Einige Anwohner in Österreich schimpfen nun über mehr Verkehr auf Ausweichrouten - und Pendler über längere Wege. Einer von ihnen hat Klage beim Verwaltungsgericht München (VG) eingereicht. Am Mittwoch (9.3.) reisen drei Richter der Kammer für Straßenverkehrsrecht zum Ortstermin, um die vertrackte Lage selbst in Augenschein zu nehmen.
Drei Millionen Kilometer mehr
Kläger Hannes Preishuber aus Österreich muss bei der Heimfahrt den Umweg über die zweite Salzachbrücke nehmen. "Das kostet mich jeden Tag zwischen zweieinhalb und vier Kilometern." Klingt nicht viel, aber: Bei rund 2000 Autos im Grenzverkehr täglich mache das drei Millionen zusätzliche Kilometer im Jahr, rechnet Preishuber vor.
Burghausens Bürgermeister Florian Schneider (SPD), der den Stadtplatz als "Wohnzimmer" seiner Stadt sieht, ist nicht begeistert von dem Gerichtsverfahren zum Thema Einbahn-Brücke. "Ich denke, es ist eine Entscheidung, die vom Stadtrat zu treffen ist." Damit soll nun aber abgewartet werden, wie das Gerichtsverfahren ausgeht.
Der Diplom-Ingenieur Preishuber beruft sich auf Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung, nach der Einschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden können, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht. Der Paragraf nennt als Gründe für Verbote aber auch die Erhaltung der Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen.
Verkehr beruhigen, Sicherheit erhöhen und Lärm reduzieren
Genau damit argumentiert wiederum Bürgermeister Schneider. "Verkehr beruhigen, Sicherheit erhöhen und Lärm reduzieren in der Altstadt" - das seien die Ziele. "Wir haben über 1000 Schüler am Stadtplatz." Drei Schulen und ein Kindergarten in der Nähe: "Es gibt gute Gründe, die Sicherheit zu erhöhen", sagt Schneider.
Manche Anwohner seien nun freilich mehr belastet. "Es gibt welche, die die Regelung gut finden - und welche, die die Reglung nicht gut finden." Aber: "Nach meinem Empfinden ist der Verkehr jetzt gerechter verteilt." Schneider fände es "geschickt, wenn man in Österreich den Weg mitgeht. Aber das ist Sache Österreichs."
Sein Amtskollege Martin Zimmer (ÖVP) auf der anderen Seite der Salzach hält sich zurück. Die Debatte um die Einbahnstraßenregelung gebe es seit Jahren. Ein eigener Arbeitskreis sei in Hochburg-Ach damit befasst. Man habe im Gemeinderat über eine Reaktion auf den Vorstoß der Nachbarn nachgedacht, sehe aber von einer Klage ab. Man wolle nicht unnötig Geld ausgeben. Abgestimmt war der Einbahn-Schritt offensichtlich nicht: "Man ist vor vollendete Tatsachen gestellt worden." Dabei wurden auch auf österreichischer Seite Anpassungen erforderlich, etwa die Einrichtung einer Tempo-30-Zone.
Verwaltungsgericht muss entscheiden
Nicht zum ersten Mal muss sich das Verwaltungsgericht München mit einer ungeliebten Einbahnstraße befassen. Erst im Februar kippte die betreffende Kammer eine solche in der Dachauer Altstadt. Die Stadt habe nicht ausreichend begründet, warum die Einbahnstraße nötig sei. Geklagt hatte ein Juwelier, der fürchtete, dass die Regelung Geschäftskunden abschrecke. Auch dort ging es um einen Probebetrieb.
Allerdings, die Situation in Burghausen bleibt speziell. Das Schild, das den Beginn mit Fahrtrichtung anzeigt, hängt am selben Pfeiler wie das Schild, das die Einfahrt verbietet. Damit, so folgert Preishuber, sei die tatsächliche Einbahnstraße nur ein paar Zentimeter lang. Ein Ausweg aus dem Einweg-Dilemma: "Ein einspuriges Fahrzeug darf man schieben." Wenn er nicht mit dem Auto, sondern mit der Vespa unterwegs sei, könne er einfach für das Stückchen absteigen - und dann ganz legal unter den Augen der Polizei wie gewohnt über die Brücke nach Hause fahren.
(Sabine Dobel, dpa)
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