Kultur

Wie aus Urschlamm geformt scheinen Gerry Wedds Krüge, deren Deckel Klaus Fritsch kreiert hat. (Foto: Erich Spahn)

19.08.2022

Archaisch und anarchisch

Die Galerie Zink in Waldkirchen zeigt die ungewöhnlichen Skulpturen und Schmuckstücke von Gerry Wedd und Karl Fritsch

Der Tod muss ein Surfer sein. So sieht das jedenfalls der Keramik- und Porzellankünstler Gerry Wedd aus Südaustralien. Dort lebt er an der kalten Küste, zehrt vom Ruf, Surfmeister gewesen zu sein – und stellt aktuelle Kunst in Michael Zinks Galerie im oberpfälzischen Waldkirchen aus. Auf seine Bierkrüge schreibt er „Dead Heads“ und lässt Totenköpfe wie reife Äpfel über die Gefäße purzeln.

Und weil sozusagen gleich gegenüber in Neuseeland der Schmuckkünstler Karl Fritsch wohnt, haben sich die beiden zusammengetan: beim Thema Bierkrüge und für diese Ausstellung. Die Arbeitsteilung: Für den Krug war Wedd zuständig, für den Deckel Fritsch. Und so zieren die Krüge oben riesige Bergkristallbrocken oder auch mal die Insignien der Hells Angels. „A new thing“ sei daraus geworden, hört man von den Künstlern aus Down Under – und so sieht man Schmuckstücke des Juwelen-Anarchisten aus der Wand herauswachsen, Wedds Porzellan-Flipflops sind gleich daneben angenagelt.

Boom des Down Under     

Surf & Turf heißt diese Künstlerkombination, die belegt, wie die Kunst des pazifischen Raumes den Kunstmarkt erobert: die alte Kunst der australischen Aborigines ebenso wie die aktuelle Szene – und vor allem über die Kunstdrehscheibe London. Wenn man nachfragt, wie Wedd und Fritsch (ursprünglich ein Allgäuer) zusammengekommen sind, wird an den Wunsch von Wedds Gattin erinnert, einen der Fritsch-Klunker besitzen zu wollen; besonders hervorgehoben wird aber der Wunsch der beiden Künstler, den „allerschönsten Bierkrug der Welt“ kreieren zu wollen.

Für Gerry Wedd gehört die Bierkrug-Kunst zum Repertoire seines Selbstverständnisses als „art teacher, surfer, community activist“. Außer Bierkrügen formt er Teekannen, Tortenplatten und Strandsandalen. Aber das alles ist nicht so banal, wie es scheint: Wedd verwandelt vielmehr die Prosa des Alltags und Haushalts in mythische Objekte, über die quasi mächtige Wellen hinwegrollen und zeigen, wo die wirklichen Herausforderungen des Lebens liegen. Man sieht, dass Wedd auch die alte japanische Kunst mit ihren Wellenkämmen kennt, ebenso die griechische Mythologie vom wilden Mittelmeer. Seine cobalt decoration sieht zwar heimelig nach Delft aus – erinnert damit aber an den einstigen Kolonialherren nördlich von Australien. Und Wedds Flipflops lassen vielleicht vordergründig australische Strände assoziieren, gehören aber ebenso zum japanischen Kimono. So surft Wedd durch den pazifischen Raum, durch die Kunst der Ureinwohner und Eroberer. Der Sensenmann ist überall präsent – auch in einem riesigen Gemälde in Gelb auf Pink.

Galerist Michael Zink will Kunst „up to date“ zeigen. Beim Schmuck von Karl Fritsch ist das eine Kombination roher Formen und kostbaren Materials: Gold, Diamanten, Smaragde, Peridot fügt er zusammen – wer das tragen will, muss Mut haben. Aber im Fokus der Ausstellung stehen die Krüge mit einer Oberfläche, die archaisch wie aus Urschlamm geformt erscheint und wo schon mal „Bier“ draufstehen kann, das darin aber wahrscheinlich nie eingeschenkt wird. Geisterwesen von Motorradgangs oder aus der Unterwelt schweben darüber. Ob das auch eine Inspiration von der Maori-Kunst aus Neuseeland ist? Beim Münchner Oktoberfest kennt man solche Krüge jedenfalls nicht, und die Preise dafür gehen ohnehin weit über die für jeden Keferloher hinaus. (Uwe Mitsching)

Information: Bis 9. Oktober. Galerie Zink, Waldkirchen 2, 92358 Seubersdorf i. d. OPf. www.zink-waldkirchen.de

 

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