Kultur

Wolfram von Eschenbachs "Parzival" gehört zur Weltliteratur und ist bis heute oft Thema im Deutschunterricht. Hier ein frühes Fragment des "Parzival", der kulturhistorisch bedeutsame Pergamentstreifen wurde in einem Handschriftenband der Domstiftsbibliothek Naumburg (Sachsen-Anhalt) entdeckt. (Foto: dpa/Peter Endig)

10.08.2020

Dauerbrenner mittelalterlicher Literatur

Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach wurden vermutlich vor 850 Jahrren geboren. Ihre anhaltende Berühmtheimt verdanken sie auch Richard Wagner

Von allen deutschen Autoren aus dem Mittelalter sind in Franken – und weltweit – vor allem zwei Namen heute noch bekannt: Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach. Beide wurdne vor 85ß Jahren geboren - aller Wahrscheinlichkeit nach. „Von Dichtern des Mittelalters sind nur in den allerseltensten Fällen ihre Geburtsdaten bekannt“, erläutert Ingrid Bennewitz, Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsche Philologie des Mittelalters an der Universität Bamberg. „Es gehört immer eine Portion kriminalistische Neugierde zur Recherche nach ungefähren Lebensdaten mittelalterlicher Autoren.“

Warum ist es dennoch berechtigt, von einem Jubiläum zu sprechen? „Stichhaltige Daten dazu liefern Anhaltspunkte ihrer eigenen Werke. In beiden Fällen kann man von einer literarischen Schaffensphase vom ausgehenden 12. Jahrhundert bis in die 1230er-Jahre ausgehen, was wiederum eine Geburt um 1170 als sehr wahrscheinlich erscheinen lässt.“

Ingrid Bennewitz hat sich in ihren Forschungsarbeiten intensiv mit den beiden Autoren beschäftigt. Deren Werke weisen deutliche Bezüge zum fränkischen Raum auf. Walther von der Vogelweide, der vermutlich in Österreich oder Südtirol geboren wurde, lebte später wohl in Franken. Dafür sprechen vor allem zwei Argumente: „Nicht nur hat Walther von der Vogelweide zahlreiche seiner berühmtesten politischen Sprüche dem Staufer Philipp gewidmet“, so Ingrid Bennewitz. König Philipp von Schwaben, der 1198 seine Regentschaft begann, wurde 1208 in der Alten Hofhaltung zu Bamberg wegen familiärer Streitigkeiten mit der Dynastie der Wittelsbacher ermordet. „Walther hat auch mit hoher Wahrscheinlichkeit vom letzten staufischen Kaiser Friedrich II. ein Lehen, also – sehr salopp gesagt – eine Wohnstätte mit Altersversorgung in der Nähe von Würzburg erhalten“, führt die Philologin weiter aus. Dort wurde er vermutlich auch nach seinem Tod begraben. Erste schriftliche Hinweise dazu finden sich im „Hausbuch des Michael de Leone“, einer Liederhandschrift um circa 1350.

Wolfram von Eschenbach wurde mit einiger Sicherheit im Ort Eschenbach, zwischen Ansbach und Gunzenhausen, geboren. Der Ort darf sich seit 1917 Wolframs-Eschenbach nennen. „Vielleicht stammt Wolfram aus einer Ministerialenfamilie der Grafen von Wertheim – Ministeriale sind Beamte im Dienst des Adels“, erklärt Ingrid Bennewitz. Denn aus seinen Romanen und epischen Dichtungen wie „Parzival“ und „Willehalm“ lassen sich enge Kontakte zu den Herren von Durne, von Truhendingen, den Grafen von Dollnstein und von Abenburg und insbesondere zu Landgraf Hermann von Thüringen erschließen. Und: „Wolfram hatte Kenntnis vom Werk Walthers“, fährt Ingrid Bennewitz fort. „Er zitiert ein politisches Lied Walthers in eindeutigem Kontext in seinem ‚Willehalm‘ und – fast noch spannender – ein weiteres Lied im ‚Parzival‘, das bis zum heutigen Tag unbekannt ist, also in den uns erhaltenen Handschriften fehlt.“

Ihr Berühmtheit verdanken sie auch Richard Wagner

Dass Walther und Wolfram, zwei mit Franken engverbundene Autoren, der Weltliteratur angehören, verdanken sie der Qualität ihrer Werke sowie einem weiteren Franken: dem Bayreuther Meister Richard Wagner. Ingrid Bennewitz sagt: „Wagners radikale Neufassung von Wolframs ‚Parzival‘, aber auch seine verwegene Interpretation des mittelalterlichen Minnesangs mit den Gegenspielern Walther, Wolfram und Tannhäuser im ‚Tannhäuser‘ ebneten den beiden fränkischen Autoren des Mittelalters den Weg zu weltweiter Geltung bis heute.“

So kommt es, dass Werke beider Autoren auch im 21. Jahrhundert noch in Schulen besprochen werden. „Schülerinnen und Schüler lieben es, sich in der Rolle von Sprach- und Literaturdetektiven auf die Suche nach den Ursprüngen unserer Sprache und Literatur zu begeben“, so Ingrid Bennewitz. „Diese Attraktivität wird durch einen Regionalbezug selbstredend noch verstärkt. Wenn Wolfram sich in seinem Text als Franke bezeichnet, kann so ein Wir-Gefühl bei den Schülerinnen und Schülern hervorgerufen werden.“ Ihr Lehrstuhl habe gerade zum „Parzival“ bereits mehrere erfolgreiche Schulprojekte an Grundschulen im Bamberger und Erlanger Raum durchgeführt. (BSZ)

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