Kultur

Der junge Carl Orff, um 1914. (Foto: Archiv Orff-Zentrum)

08.08.2014

Den Neubeginn suchen

Eine Ausstellung geht der Frage nach, was Carl Orff im Kriegsjahr 1914 machte

1914 – Beginn des Weltkriegsinfernos. Auch für Carl Orff. Wie sich das Epochenjahr auf den jungen Münchner auswirkte, dokumentiert eine Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und des Orff-Zentrums. Im Jahr des Kriegsausbruchs war Orff 19 Jahre alt (er ist 1982 gestorben) und nach sieben Jahren Gymnasium schon am Ende seines Studiums an der Akademie der Tonkunst. In der Ausstellung ist sein akademische Jahreszeugnis zu sehen. Orffs Hauptfächer waren Kompositionslehre und Klavier. Er hatte gute Noten, allerdings bei „Klavier-Fähigkeiten“ nur eine 2 bis 3.
Für Orff kam nur die Musik als Beruf in Frage. Seine Eltern unterstützten ihn – erstaunlich in einer Familie von Offizieren, wie Thomas Rösch, einer der Mitgestalter der Ausstellung und Leiter des Orff-Zentrums in der Münchner Kaulbachstraße, betont. Auf das Zeugnis legte Orff keinen gesteigerten Wert: Es musste ihm per Post nachgeschickt werden, und die beiliegende Freikarte für den Bayreuther Parsifal war auch nichts wert – kriegsbedingt fiel die Vorstellung aus.
Man erfährt aus den Vitrinen auch, dass der Vater schnell im Kriegseinsatz war. Der Briefkontakt zwischen den Eltern, zwischen Vater und Sohn ist bestimmt von der Sorge, ob nicht auch Carl eingezogen werden würde. Da war eine Lebensplanung schwierig – ebenso das Komponieren, wenn man sich ausgerechnet einen Text von Maurice Maeterlinck ausgesucht hatte: Als Belgier war der ja ein Kriegsgegner. Treibhaus Lieder sollte das heißen: ein Traumspiel für Tänzer, Solostimmen, Chor und Orchester. Orff dazu: „ohne jede Handlung, wie in einer Traumlandschaft angesiedelt“. Die Ausstellung kann den Particell-Entwurf der ersten Strophe des ersten Liedes Treibhausstarre zeigen.

Unreife Katzenmusik

Die Opuszahl 21 trug damals sein Orchesterwerk Tanzende Faune – kein Glück auch damit. Die Aufführung sollte im Münchner Odeon stattfinden. Aber schon auf der Probe klappte der Dirigent über den schwierigen Flageolett-Stellen der vierfach geteilten Streicher die Partitur zu: Gelächter und der Kommentar „Katzenmusik“ folgten, das Stück sei „unreif und unspielbar“. Stolz geschwungen sehen die Buchstaben auf dem Titelblatt noch aus, „zögernd“, dann „rasch“ sind die Tempobezeichnungen. Orff musste im Konzert einem Klassiker weichen.
Einen Tag zuvor war er „stundenlang durch den Englischen Garten geirrt“. Da hatte er gerade eine Aufführung von Elektra im Nationaltheater erlebt: „Ich muss neuen Boden finden, neu beginnen.“ Mit Richard Strauss, mit Arnold Schönberg, für dessen Fünf Orchesterstücke er einen Klavierauszug anfertigte, mit Claude Debussy, der ihm die Anregung zur Maeterlinck-Vertonung vermittelt hatte, war Orffs Interesse mitten in der aktuellen Musikszene dieser Zeit. Genauso seine Hoffnung auf die „Erhellung seiner Zukunft“ durch die „Stahlgewitter des Krieges“: „Entweder ich finde ein Ende von allem, was mich gedrückt und fast zerdrückt hat, oder ich werde ein ganz neuer Mensch.“
1917, als er nach einer sechswöchigen Schnellausbildung in einem Unterstand verschüttet und schwer traumatisiert wurde, waren solche Träume schnell zerstört. Im November 1914 hatte er dem Vater noch berichtet: „Bin die meisten Tage der Woche im Theater“ – schnell musste er sich noch für Glucks Orpheus und Eurydike in Schale werfen (18. November). Die Ausstellung Orff 1914 zeigt die Verbindung mit zwei anderen Jubilaren, an die die Musikwelt heuer gedenkt: an Strauss und Gluck. (Uwe Mitsching) Bis 30. September. Orff-Zentrum, Kaulbachstr. 16, 80539 München. Mo. bis Do. 9  16 Uhr, Fr. 9 – 14 Uhr. www.orff-zentrum.de

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