Kultur

Markant ist der Totenschild des Hieronymus Kress. Der Ausschnitt zeigt einen Mann mit Schwert im Mund. (Foto: GNM)

12.04.2019

Gewappnet für die Ewigkeit

Eine Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg zeigt Totenschilde. Die bekam einst nur, wer geldig und männlich war

Ausgerechnet Totenschilde erzählen die schönsten Geschichten. Und am liebsten erzählten die Kuratorinnen bei der Ausstellungseröffnung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (GNM) die Geschichte von Konrad Kress, die noch sein Nachfahre Hieronymus (er starb 1477) auf dessen Totenschild verewigt hat: Da ist als Helmzier über dem Wappen dieser mit einem Eberzahn bewehrte Konrad zu sehen, der angeblich in einer Schlacht zwar beide Arme verlor, aber mit dem Schwert zwischen den mächtigen Zähnen noch tapfer weiterkämpfte.

150 Totenschilde der geldigen Oberschicht und der Ratsherren hat das GNM aufbewahrt, zwölf davon sind in der Karthäuserkirche mitten im Museum ausgestellt. Sie stehen auch im Mittelpunkt eines Forschungsprojekts, zu dem im Sommer ein 800-Seiten-Katalog erscheinen wird.

Gewappnet für die Ewigkeit ist das Motto dieser Ausstellung. 1938/39 hieß das martialischer und ideologischer: Sie seien „ein Zeugnis von den volkserhaltenden Kräften des Wehrwillens und des Familiensinns“ gewesen. Solche Totenschilde entdeckt man plötzlich überall, wenn man sich erst einmal mit dem Thema beschäftigt. Die Forschungsaspekte, die die Totenschilde eröffnen, sind vielfältig: Heraldik, Materialkunde, Kunsttechnologie. Deshalb wird das Thema auch im Laufe des Jahres noch als Teil einer Parallelausstellung aufgegriffen.

Der Rundgang durch die aktuelle Schau und an den Totenschilden vorbei ist chronologisch aufgebaut. Es geht darum, was sie eigentlich waren, wer sie bekommen, wer sie hergestellt hat, sogar, was sie gekostet haben. Die Kuratorin Katja Putzer hat eine einfache Definition parat: „Es sind Gedenktafeln für männliche Verstorbene der Oberschicht, die in Kirchen angebracht wurden.“ Frauen bekamen keine Totenschilde, sie sind höchstens mit „Beiwappen“ darauf verewigt. Vier Beiwappen heißt: Der geehrte Verstorbene war viermal verheiratet.

Der Rat der Stadt ging mit dem Recht auf einen Totenschild sehr restriktiv um, trotzdem haben sie im Laufe der Jahrhunderte immer mehr die Kirchen gefüllt, mussten schließlich aus Platznot abgenommen werden und wurden verramscht.

Kunstvoll gefertigt

Als Kunstwerke hat man sie zwar nicht betrachtet, hat sie auch nicht signiert. Heute dagegen sieht man in ihnen durchaus kunstvoll-handwerkliche Arbeiten, woran etliche Gewerke beteiligt waren: Schreiner für die Grundplatten, Maler und Bildschnitzer, Schlosser für die Aufhängung.

Vom 14. bis ins 18. Jahrhundert waren Totenschilde in Mode. So wie jener für Peter Staudigl: Das ist einer der ältesten der Ausstellung, ein Rundschild mit dem Igel als Wappentier; ein „sprechendes Wappen“ nannte man so etwas. Je später, desto plastischer und kunstvoller wurden die Schilde, besonders in der Ausformung des Helms und seines Zierrats. Die Steigerung des Aufwands ließ den Rat schon 1496 gegen allzu viel Pomp einschreiten.

Mit den „Wappen-epitaphien“ kommt die Entwicklung der Schilde an ihr Ende, in manchen Kirchen (zum Beispiel in Rothenburg ob der Tauber) räumte der Pfarrer eigenhändig damit auf. Was sie einst gekostet hatten, wusste man längst nicht mehr. Das weiß heute aber aufgrund alter Rechnungen die Diplomrestauratorin Elisabeth Taube vom GNM: im Schnitt viereinhalb rheinische Gulden, was so viel war wie der halbe Jahreslohn für einen Knecht. (Uwe Mitsching)

Information:
Bis 6. Januar. Germanisches Nationalmuseum, Kartäusergasse 1, 90402 Nürnberg. Di. bis So. 10-18 Uhr, Mi. bis 21 Uhr. www.gnm.de

Abbildung:
Der Schild mit dem Löwen für Heinrich Grundherr ist der älteste erhaltene plastische Totenschild. (Foto: GNM)

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