Kultur

"Segelbotte am Seeufer" (1960, Ausschnitt) von Alfred Bürger. (Foto: Sammlung Hierling)

17.06.2016

Katastrophe und Idylle

Das Fränkische Museum Feuchtwangen zeigt Bilder, die das Motto "Alles fließt" illustrieren

Bei den von allen Seiten heranrollenden Gewitterwolken parkt man lieber auf dem gepflasterten Marktplatz von Feuchtwangen als in den Wiesenauen, wo die Sulzach (wie lange noch?) friedlich fließt. Welches Thema liegt in diesem Sommer näher als das, was sich das Fränkische Museum für seine aktuelle Ausstellung ausgesucht hat? Alles fließt. Leben Wasser Mensch ist sie überschrieben. Sollten auch in Feuchtwangen die Keller volllaufen – man hat vorgesorgt: mit einer Eimer-Installation von Juliette Israel aus München. Eigentlich kein Katastrophenschutz, sondern Wandelkunst. Denn jeder Besucher darf sich einen der 500 neuen Eimer mitnehmen, wenn er dafür von zuhause einen alten mitbringt. Inzwischen ist das Wassereimergebirge schon ganz schön bunt geworden: Man entdeckt den Haushaltslöschkübel ebenso wie einen Neutralseifeneimer in diesem Eimer-Irrgarten. Der ist mitten im großen Ausstellungssaal des Fränkischen Museums aufgebaut und bildet einen witzigen und notwendigen Kontrast zu den Bildern, die Museumsleiterin Susanne Klemm zum Thema gefunden hat – und zwar in der Kunsthalle Schweinfurt mit Bildern des expressiven Realismus. Sie konnte exklusiv für Feuchtwangen auf den Sammlungsbestand von Joseph Hierling zurückgreifen; der war früher Fotoreporter beim Bayerischen Rundfunk und Galerist in München. Damit dokumentiert Susanne Klemm jetzt nicht nur Heraklits „Alles fließt“ („panta rhei“), sondern auch eine weitgehend vergessene Kunstrichtung des letzten Jahrhunderts, die Bilder einer „verlorenen Generation“. Damit sind die Künstler gemeint, die um die Jahrhundertwende geboren wurden, zwei Weltkriege erlebt haben, mit ihrer Malweise den Nazis nicht passten, aber auch nicht in den Modetrend, zum Beispiel der abstrakten Kunst.

Erfrischend und vernichtend

Mit zwei Schwerpunkten hat Susanne Klemm das Wasser-Thema in den Hierling-Beständen nachweisen können: Wasser als Idylle – Wasser als Katastrophe. Das Trio III (1968) von Walter Becker zu Beginn des Rundgangs zeigt Wasser als Freizeitvergnügen: drei nackte Frauen im Bade und im Stil von Otto Mueller. Wenige Bilder weiter dominiert der Schwarzwälder Schluchsee im Ölbild von Arthur Schmidt aus dem gleichen Jahr, lebensspendendes Element ist ein Flüsschen auf dem Gemälde von Franz Gartz (um 1920). In Öl getauchte Idyllen sind das zumeist. Aber Wasser kann auch anders, wie nicht erst die Aktualität lehrt: Der jüdische Emigrant Jakob Steinhardt malt das Menetekel von Ertrinken und Untergehen vor roten Blitzen und alles verschlingenden Wellen, Sepp Vees das bretonische Cap Finistère mit Atlantikwogen als Weltuntergang, Joseph Mader in ganz zurückhaltenden Farben ein Hochwasser mit geknickten Bäumen und einer angeschwemmten Wasserleiche. An manchem geht man je nach Geschmack sicher schneller vorbei und zu den interessanten Ansichten von Städten, Häfen, Industrielandschaften am Wasser. Da drängt sich eine heftig qualmende Industrieanlage (1930) von Hanns Altmeier optisch und thematisch in den Vordergrund: Die Frachtkähne warten genauso auf neue Ladung wie die Kesselwagen der Eisenbahn. Vieles von diesen Bildern spiegelt eigene Erfahrungen und Gefühle des Betrachters. Erfrischung allerdings ist in dieser Schau Fehlanzeige: Die Lavabos an den Wänden, aus Zinn und aus den reichen Volkskundebeständen des Museums, sprechen von Wasser, spenden aber keines. (Uwe Mitsching) Information: Bis 14. August. Museumstraße 19, 91555 Feuchtwangen. Mi. bis So. 11-20 Uhr, 17. August bis 30. September Mi. bis So. 11-17 Uhr, danach Mi. bis So. 14-17 Uhr.
www.fraenkisches-museum.de Abbildungen:
Eine Eimerkette: Installation Juliette Israel. (Foto: Fränkisches Museum Feuchtwangen) Susanna im Bade (1932) von Johannes Hüther. (Foto: Sammlung Hierling) Vernichtende Fluten ergießen sich übers Land: Franz Frank malte diese Hochwasser-Szenerie 1948.    (Foto: Sammlung Hierling)

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