Kultur

Anton Ferdinand Titz war einst berühmt für seine Streichquartette. (Foto: dpa/Marcus Brandt)

03.03.2022

Kompositionsgenie wiederentdeckt

Ein Konzert mit Streichermusik des Nürnbergers Anton Ferdinand Titz

Mit 16 schon Geiger im Sebalder Kirchenorchester, mit 20 an der Wiener Hofoper, und dann war es dort wohl ein russischer Staatsbeamter, der diesen Anton Ferdinand Titz aus Nürnberg nach St. Petersburg und an den Zarenhof gelotst hat. Dort wurde er der höchst dotierte Musiker im  Hoforchester von Katharina d. G., Lehrer des Zarewitsch Alexander und mit seinen Kompositionen angeblich bekannt in ganz Europa. Das 2014 in Petersburg gegründete Originalklangensemble Ludus instrumentalis (jetzt in Köln) brachte seine Stücke wieder nach Nürnberg zurück: zur „musica antiqua“, einer Reihe im Germanischen Nationalmuseum. Wahrscheinlich hatten das Konzertpublikum  noch nie etwas von diesem Titz gehört: weder von seinen zwölf Streichquartetten noch von seinem Lebenslauf, über den sich sogar die dicken Wälzer wie „Riemann“ ausschweigen oder „Musik in Geschichte und Gegenwart“ Falschmeldungen verbreitet.

In seiner Wiener Zeit hatte Titz die Bekanntschaft mit Gluck, Mozart und Haydn gemacht, und die Mitglider des Ludus-Ensembles verschafften in einem klug zusammengestellten und exzellent gespielten Programm die Möglichkeit, seine Quartette und Duos mit denen der berühmten Wiener zu vergleichen. Zwar kein Geigen-, aber ein Kompositionsgenie sei Titz gewesen, urteilten die Zeitgenossen. Und das hört man dann, wenn das Ludus-Ensemble seine netten, reizenden, gefälligen Quartette spielt. Die stellen keine neumodischen Denksportaufgaben, sondern gefallen durch  hübsche Melodieeinfälle, aparte Kombinationen (etwa für Violine und Cello), auch durch Tänzerisches für die Salons der Petersburger High Society, man denkt an farbenfrohe Rokoko-Blumenbuketts, und das Cello grummelt  in der Rolle des Bass-Buffos. Gelegentlich, wie beim Allegro spirito am Ende des c-moll-Quartetts von 1781 bricht ganz und gar unfränkisches Temperament aus Titz heraus. Aber schließlich ist er 1810 doch in geistiger Umnachtung  gestorben: War der Wein in Petersburg gepantscht, das Wetter zu kalt, oder hat Titz denn doch gemerkt, dass die Zeiten über ihn hinweggegangen waren? (Uwe Mitsching)

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