Kultur

Wahrzeichen Aschaffenburgs sind das Schloss Johannisburg und das Pompejanum, das König Ludwig I. errichten ließ. Die Fotografie entstand um 1910. (Foto: Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg/Fritz Geist)

09.04.2020

Kopf oder Schweif des bayerischen Löwen?

Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt arbeitet die Geschichte von Aschaffenburg auf

Aschaffenburg, die Spessart-Metropole, blickt auf eine abwechslungsreiche Vergangenheit. Nun wird ihre Geschichte vom Aschaffenburger Stadt- und Stiftsarchiv aufgearbeitet. Seit Beginn dieses Jahres läuft offiziell das wissenschaftliche Projekt zur Erforschung der Stadtgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Ziel ist die Herausgabe eines Sammelbands, der den aktuellen Forschungsstand reflektiert und ein breites Lesepublikum anspricht.

Während der dreijährigen Projektzeit werden systematisch Recherchen in regionalen und überregionalen Archiven – unter anderem im Stadtarchiv, im Staatsarchiv Würzburg und im Bundesarchiv– durchgeführt und neue relevante Quellen erschlossen. Auch Zeitungen werden ausgewertet.

Ab der Dalbergzeit

Die Aufarbeitung beginnt mit dem grundlegenden Reformwerk der Dalbergzeit (Karl Theodor von und zu Dalberg regierte die Fürstentümer Aschaffenburg und Regensburg ab 1803 bis 1810), also am Ende der jahrhundertelangen Zugehörigkeit zum Erzbistum Mainz. Die Stadt im Königreich Bayern (1814 bis 1918) ist ein zentraler Schwerpunkt: Eine moderne Infrastruktur wurde damals aufgebaut, die Eingliederung in das Eisenbahnnetz folgte und die Industrialisierung wurde vorangetrieben. Das „lange 19. Jahrhundert“ endete abrupt mit dem Ersten Weltkrieg und der darauffolgenden Novemberrevolution. Aschaffenburg wurde zum Schauplatz revolutionärer Unruhen, die bayerische Räterepublik fand auch hier ihren Niederschlag.

Weitere Schwerpunkte des Sammelbands sind die Zwischenkriegszeit nach 1918, die Herrschaft des Nationalsozialismus sowie der erfolgreiche Wiederaufbau und die Entwicklung der Stadtverwaltung nach 1945.

Neben Biografien bedeutender Aschaffenburger Persönlichkeiten stehen wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge, aber auch Musik, Literatur und Theater im Mittelpunkt der Ausführungen. Weniger konventionelle Themen, wie der Anarchismus, und kontroverse Fragen, zum Beispiel die Erinnerungskultur der Nachkriegszeit, werden ebenfalls einbezogen. Den thematischen Abschluss bilden die 1970er-Jahre. Ein Ausblick, der bis in die Gegenwart reicht, rundet die Darstellung ab.

Zwar gibt es bereits wissenschaftlich fundierte Studien und Aufsätze zu einzelnen Themen, doch fehlt bislang eine kohärente Gesamtschau, die auf einer breiten Quellengrundlage basierend alle wichtigen Entwicklungsstränge miteinander verknüpft und die Bedeutung der Stadt für die Region zwischen Frankfurt am Main und Würzburg herausstellt.

Kopf oder Schweif des bayerischen Löwen? Lassen die überlieferten Quellen eine besondere Identität Aschaffenburgs als bayerische Stadt erkennen? Mit dieser Kernfrage setzen sich die Autorinnen und Autoren in ihren Beiträgen auseinander. Unter ihnen befinden sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadt- und Stiftsarchivs, Ortsexperten sowie wissenschaftlicher Nachwuchs.

Mit der interdisziplinär ausgerichteten Konzeption des Projekts sollen unterschiedliche Forschungsansätze und -perspektiven verfolgt und gebündelt werden. Ein breites Themenspektrum soll erschlossen und ein facettenreiches Bild der Stadt vermittelt werden. Bei regelmäßigen Workshops in Aschaffenburg werden die Zwischenergebnisse vorgestellt und diskutiert. An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz werden ab dem kommenden Sommersemester projektbegleitende Lehrveranstaltungen angeboten. Und auch die Aschaffenburgerinnen und Aschaffenburger werden in das ambitionierte Vorhaben eingebunden: Ein stadthistorisches „Labor“ soll die Stadtgeschichte als Mitmach-Projekt etablieren helfen. (Vaios Kalogrias)

Information: Vaios Kalogrias ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Arbeitsbereich Zeitgeschichte der Johannes Gutenberg Universität Mainz und Koordinator des Projekts. Ergebnisse der Forschungsarbeit wird er in einem größeren Hintergrundbericht für eine der kommenden Ausgaben der BSZ-Beilage Unser Bayern verfassen.    

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