Kultur

Überzeugend spielt Ewa Rataj die Gräfin Olivia - hier mit Eric Wehlan als Narr und Oliver Niemeier als Verwalter Malvolio. (Foto: Martin Kaufhold)

29.06.2021

Mann oder Frau – was ihr wollt

Bei den Bamberger Calderón-Festspielen kommt heuer Shakespeares zur Aufführung

Zwischen den Fachwerk-Laubengängen der Bamberger Alten Hofhaltung konnten sich die Zuschauer*innen bei der Premiere von Shakespeares „Was ihr wollt“ direkt ins ähnlich gestaltete elisabethanische Globe Theatre zurückversetzt fühlen, und durch die abendliche Domkulisse wurde es in der Dämmerung dann endgültig romantisch. Weitere Zusammenhänge eröffnete die vom E.T.A. Hoffmann-Theater verwendete Übersetzung durch den Romantiker August Wilhelm Schlegel.

Auch wenn manche Forscherinnen und Forscher  die Nase rümpfen mögen: Der Stil dieses Romantikers inspiriert nach wie vor: „Denn, Knabe, wie wir uns auch preisen mögen, / Sind unsre Neigungen doch wankelmüt’ger, / Unsichrer, schwanker, leichter her und hin / Als die der Frauen“, bekennt Herzog Orsino männlich-selbstkritisch, leicht melancholisch und unsterblich verliebt in die vorerst noch standhaft-abweisende Gräfin Olivia, die um ihren Bruder trauert – also von wegen „la donna è mobile“.

All diese Facetten sind in jenen wenigen Versen, gekonnt gesprochen von Paul Maximilian Pira, ausrucksvoll konzentriert.

„Ich glaub’ es, gnäd’ger Herr“, antwortet sein Liebesbote Cesario, bei dem es sich in Wirklichkeit um eine als Mann verkleidete junge Frau handelt, nämlich die aus Seenot gerettete Viola. Mit ihrer weiblichen Empathie fühlt sie sich so sehr in die Männerwelt ein, dass sie in Liebe zu ihrem leidenden Herrn entbrennt.

In der vergnüglichen, teils musicalartig inszenierten Bamberger Commedia spricht die Gräfin Olivia, eine mit starker Bühnenpräsenz ausgestattete Ewa Rataj, in einem passagenweise fast männlich-dominant klingenden Ton, und Clara Kroneck gelingt als Cesario / Viola der Wechsel zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit sehr überzeugend – sage einer, die Zuordnung zu den Geschlechterrollen sei eine erst im 21. Jahrhundert aufgekommene Thematik.

Ohne das Ergebnis vorwegnehmen zu wollen: Man ahnt schon, dass es sich um eine letztlich heitere Dreiecksgeschichte handelt, zu der Shakespeare noch die eine oder andere Parallelhandlung dazufädelte.

Genau eine solche Geschichte hat der erwähnte Übersetzer August Wilhelm Schlegel in der Zeit, in der er an Shakespeares Dramen arbeitete, selbst erlebt, als er im Jahre 1800 nach Bamberg kam. Dort hatte seine Frau Caroline, die mit ihm in Sachen Shakespeare zusammenarbeitete, gerade eine heiße Affäre mit Friedrich Schelling, den sie nach ihrer Scheidung bald heiratete. Und ihre erst fünfzehnjährige Tochter Auguste aus einer ersten Ehe nahm in Bamberg an Theaterproben teil. In ihren Briefen erscheint sie als genau der Typ einer sehr jungen, selbstbewussten Frau, den sich Shakespeare wohl für die Rolle als Cesario/Viola gewünscht hätte.

Farbigkeit, Heiterkeit und klugen Tiefgang mischte Eric Wehlan als „Narr“ - mit seinem Pendant Maria, liebenswert gespielt von Anne Weise - als hervorragender Schauspieler in die eine oder andere Balkonszene, zwischen real ausgeklappten und rein gedanklichen Spiegeleien (Andreas Reuß).

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