Kultur

Die Neuinszenierung von Don Giovanni bei den Opernfestspielen in München ließ Wünsche offen. (Foto: Bayerische Staatsoper/Geoffroy Schied)

04.07.2025

Omnipräsente Hölle – Enttäuschung auf allen Ebenen

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr: Die Eröffnung der Münchner Opernfestspiele mit Mozarts „Don Giovanni“ enttäuscht auf allen Ebenen

Ein glanzvollerer Anlass lässt sich nicht denken. Die Opernfestspiele in München feiern 150. Geburtstag. Sie sind damit ein Jahr älter als die von Richard Wagner begründeten Bayreuther Festspiele. Und weil glanzvolle Anlässe würdig gefeiert werden sollten, wollte die Bayerische Staatsoper im Jubeljahr der Münchner Opernfestspiele aus dem Vollen schöpfen. Hierzu stand endlich wieder der Staatsopern-GMD Vladimir Jurowski am Pult einer Eröffnungspremiere. Mit Wolfgang Amadeus Mozart gab es zudem ein Werk eines der drei Münchner Hausgötter, konkret eine Neuinszenierung von Don Giovanni.

Zu kompliziert

Leider war das Ergebnis auf allen Ebenen eher dürftig. Das beginnt schon mit der Regie des Hausdebütanten David Hermann. Eine Inszenierung sollte sich bestenfalls selbst erklären. Wenn schon in der Ouvertüre aber Texte eingeblendet werden, um das Konzept zu erklären, verheißt das nichts Gutes.

Für seine Neuinszenierung legt Hermann das Augenmerk auf einen Nebenschauplatz im Libretto im finalen Quintett. Dort wird von Pluto und Proserpina gesungen. Sie darf einmal im Jahr der Hölle entfliehen, um Urlaub im Diesseits zu machen. Daraus schnürt Hermann eine ganze Geschichte. Die eingeblendeten Texte in der Ouvertüre leisten Nachhilfeunterricht in antiker Mythologie.

In dieser Lesart wird Don Giovanni von finsteren Mächten heimgesucht. Er kann also nicht anders, ist ein Besessener. Als stumme Proserpina, eine Art Alter Ego des Titelhelden, geistert Schauspielerin Erica D’Amico durch die Szene. Das generiert stellenweise witzige Gender-Gags und neue Beziehungsmuster, aber: Auf Dauer trägt das nicht einen fast vierstündigen Abend. Die Einheitsbühne von Jo Schramm in kühl-modernem Betonlook und die teils bunten Kostüme von Sibylle Wallum setzen wenig Kontrapunkte.

Dass dieser Don Giovanni derart lange dauert, ist Jurowski geschuldet. Er setzt bisweilen auf gedehnte Tempi und hat überdies die Partitur zusätzlich mit Musik ergänzt. Diese Zwischenaktmusiken werden vornehmlich von Julian Perkins am Hammerklavier gegeben. Manche hat Jurowski selber komponiert. Sie helfen nicht wirklich, sondern verlängern das Ganze künstlich.

Unter Jurowski schenkt das Bayerische Staatsorchester dem Gesang auf der Bühne nur wenig kantablen Lyrismus. Gleichzeitig changiert das Spiel im Orchester indifferent zwischen historisch informiert und modern, auf der Premiere bisweilen dynamisch übersteuert.

Nur eine Idealbesetzung

Für die Solisten war diese Indifferenz nicht einfach zu bewältigen, allen voran für den wunderbaren Konstantin Krimmel in der Titelpartie. Es ist der erste Don Giovanni des 32-jährigen Bariton, und er wird im Laufe der Zeit und Engagements gewiss in diese Rolle noch mehr hineinwachsen. Schon auf der Premiere wurde sein „Deh, vieni alla finestra“ ein besonderer Ohrenschmaus. Einen präsenten, vielfach starken Leporello gab Kyle Ketelsen ab, und auch Samantha Hankey vermochte als Donna Elvira immer wieder einzunehmen.

Dennoch blieb die Besetzung bei der Premiere insgesamt hinter den hohen Erwartungen an diese bedeutende, führende Bühne der Opernwelt zurück. Als Donna Anna schwächelte Vera-Lotte Boecker, jedenfalls machten sich agile Koloraturen rar. Giovanni Sala hatte wiederum als Don Ottavio mit weitem Legato hörbar Probleme, irritierend dunkel das Timbre der Zerlina von Avery Amereau. Im Grunde war vor allem Christof Fischesser als Komtur eine Idealbesetzung. Ein enttäuschender, zäher Auftakt der Opernfestspiele. (Marco Frei) 
 

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