Kultur

Birger Radde überzeugt als Wozzeck gesanglich als auch schauspielerisch. (Foto: SFF Fotodesign)

25.09.2015

Perfekter Underdog

Birger Radde begeistert in Alban Bergs "Wozzeck" am Theater Hof

Nicht nur das renommierte Opernhaus Zürich (mit Starbariton Christian Gerhaher in der Titelrolle), auch die Musikabteilung des „nur“ regional bedeutenden Theaters Hof eröffnet die Spielzeit mit Alban Bergs 1925 in Berlin uraufgeführter Oper Wozzeck, einem selten gespielten und als „sperrig“ geltenden Werk. Doch da der Wiener Schönberg-Schüler in seiner ersten von nur zwei Opern den Zwölftonreihen traditionelle Elemente wie Choral und Passacaglia, Sonatenhauptsatz und Walzer beimischt, wirkt seine Komposition „hörbarer“ als manch andere Musikstücke der Moderne.

Wie in der Psychiatrie

Den akkurat musizierenden Hofer Symphonikern unter Arn Goerkes straffer Leitung ist es zu verdanken, dass das Experiment des Theaters gelungen ist. Sowohl als einfühlsame Begleitung der Sänger als auch, und dann besonders expressiv, in den Zwischenmusiken der drei Akte, die auf dem Dramenfragment Woyzeck von Georg Büchner beruhen, werden Stimmungen evoziert, die zur wesentlichen atmosphärischen Grundierung der oft elliptischen, also unvollständigen Spielhandlung dienen. Letztlich in weiten Teilen nachvollziehbar mutet das Regie- und Ausstattungskonzept von Christian Tombeil und Gabriele Wasmuth an. In einem weißgekachelten Bühnenraum, Assoziationen an eine psychiatrische Anstalt sind durchaus erwünscht, erlebt der einfache Soldat Wozzeck noch einmal die entscheidenden Augenblicke seines ausgebeuteten und unterdrückten Lebens nach: die Diskurse mit seinem Hauptmann, die „Behandlung“ des Doktors, die Unverständnis seines Kameraden Andres, den Liebesverrat seiner Partnerin Marie und schließlich den Mord und dessen Entdeckung durch eine Dienstmagd während eines Kirmestanzes. Getragen wird die Aufführung von dem stets bühnenpräsenten Birger Radde in der Titelpartie, der Wozzecks Dasein als Underdog tadellos durch Spielfreude, Textverständnis und gesangliche Perfektion vermittelt.

Mit Bravour gemeistert

Die Rolle der Marie übernahm aufgrund einer Erkrankung im Ensemble knapp eine Woche vor der Premiere Yamina Maamar; mit Bravour meistert sie die Tücken der Inszenierung, gleitet bei ihren Gesangspartien aber teilweise ins „große Opernfach“ ab. Dass sie auf den mit dünner Stimme versehenen und auch schmalbrüstigen, fast einen Kopf kleineren Tambourmajor fliegt, ist allerdings nur mit größter Toleranz in Opernangelegenheiten zu goutieren. Mit dieser Wozzeck-Aufführung präsentiert das Hofer Musiktheater einen vielversprechenden Saisonauftakt, der Lust auf mehr macht, nämlich auf Lulu, die zweite (und letzte) Oper von Alban Berg. (Horst Pöhlmann)

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