Kultur

Im Ballhaus wechseln die Stimmungen mit den Musikstücken und ihren jeweiligen Tänzen. Im Bild Maya Tenzer und Zhiyelun Qi. (Foto: Nik Schölzel)

12.11.2021

Phantasievoll anbandeln

Am Würzburger Ballettabend „Lottes Ballhaus“ geht es um Annäherungen beim Tanzen

Walzer und Tango sind unverzichtbare Bestandteile des Gesellschaftstanzes. Auf die verschiedenen Formen dieser Tanzrhythmen greifen Dominique Dumais und Kevin O’Day zurück in ihrem zweiteiligen Ballettabend Lottes Ballhaus in der Blauen Halle des Würzburger Mainfranken Theaters. Der Abend soll in paarweiser Bewegung etwas nostalgisch erinnern an den Ort, wo früher Leute zusammenkamen, um ausgelassen zu feiern und dabei andere kennenzulernen, Einsamkeit und Hemmungen zu überwinden – auch Geschlechterrollen zu hinterfragen, wenn man mit gleichgeschlechtlichen Partner*innen tanzt. Vieles war wie ein Spiel ähnlich einer „Reise nach Jerusalem“: Man umwarb einander, trennte sich wieder, beobachtete die anderen Tanzenden, schlüpfte in neue Rollen.

Vielfältige Emotionen

Auch musikalisch bietet der Ballettabend Interessantes. Das Philharmonische Orchester Würzburg unter Gábor Hontvári bringt die verschiedenen Ausprägungen von Walzerkompositionen von Mozart bis Nino Rota und die energiegeladenen Tangomelodien von Astor Piazzolla einfühlsam zur Geltung: mal mitreißend schwungvoll, dann wieder melancholisch oder sehnsuchtsvoll, mal dahinwirbelnd oder mit latenter Tristesse – stets bestens abgestimmt auf den Tanz.

Die Bühne deutet optisch durch verblasste Muster auf Lamellenwänden Vergangenes an; sie wirken etwas schäbig, wenn man einzelne Latten herausbricht, schimmert durch die Lücken Licht hindurch. Thomas Mika, verantwortlich für Kostüm- und Bühnenbild, hat für den Walzerteil fließende, halb durchsichtige, lange rosa Röcke ausgewählt, die beim Tanz fliegen, schweben, flirren und einen Kontrast erzeugen zu den dunklen Anzügen der Männer, in welche die Damen auch mal schlüpfen und umgekehrt. Die beherrscht manierierte Haltung beim Tango wird unterstrichen durch glänzende, elegante lange Tellerkleider in abgestuften Rottönen.

Wie in einer Ouvertüre stürmen im Walzerteil von Dominique Dumais einige Tänzer mit lustvollem Geschrei durchs Publikum auf die Bühne und ins Ballhaus, wo der eigentliche Tanz mit dem Wiener Walzer Künstlerleben von Johann Strauss in einem wilden Wirbel von Drehungen beginnt. Die Choreografin sieht die entscheidende Kraft bei der Walzerbewegung in einer Art „Kipppunkt“ wie beim Brechen einer Welle.

Zum Valse triste von Sibelius gibt es dann Paarbildungen mit weichen, weiten Bewegungen und auch Nachdenkliches. Die Stimmungen wechseln mit den verschiedenen Kompositionen. Mal dominiert der Witz, mal sieht man exzessive Bewegungen oder Überraschendes wie im Fall einer Art roter Puppe, die auch singt, oder man staunt über immer neue Formationen und Figuren.

Das Hin und Her steigert sich zunehmend zu einer einzelnen Gestalt im Lichtkegel: zurückverwiesen auf sich selbst nach dem berauschenden Gemeinschaftserlebnis im Tanz.

Kampf und Einsamkeit

Beim Tangoteil von O’Day dominiert das Erlebnis der Eroberung im Tanz, mit oft zögernder Annäherung, rhythmisch bestimmt wie in einer Art kraftvollem Kampf, dargestellt aber auch in ausdrucksstarken Gruppierungen. Immer wieder wird durch Solos die Einsamkeit des Menschen betont.
Die Leistung des 13-köpfigen Ballettensembles, seine körperliche Ausdrucksfähigkeit bis in die Fingerspitzen bei oft fast atemberaubender Schnelligkeit ist bewundernswert. (Renate Freyeisen)

 

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