Kultur

Detail aus Friedrich Wilhelm von Schadows Vision der Hölle aus dem Triptychon "Das Jüngste Gericht" (1848 bis 1852); das Gemälde vollendeten Schüler, weil der Mitbegründer der Düsseldorfer Malerschule mit einem Augenleiden kämpfte. (Foto: Kunstpalast/Horst Kolberg)

27.09.2024

Schauderhaft und faszinierend

Eine Ausstellung im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt über Tod und Teufel in der Kunst

Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann? Niemand! Also schnell ein Selfie vor der riesigen Reproduktion des Zombie Boy von Rick Genest gemacht, und ab damit ins Netz. Das ist der passende Auftakt zur Ausstellung Tod und Teufel. Faszination des Horrors im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt. Aber ist solch eine Inszenierung in unserer von Ängsten und Schrecken geprägten Welt überhaupt sinnvoll? Und was ist daran Kunst?

Natürlich weicht das ab vom Gewohnten, soll sowohl durch die Konfrontation mit verstörend Irritierendem als auch durch die Präsentation von Trends wie der Black-Metal- und Gothic-Szene vielleicht Jüngere anlocken. Irgendwie sind diese „Moden“ durch die Kommerzialisierung des Morbiden, Makabren, der „schwarzen Ästhetik“, der Tattoos, von speziellen Musikstilen, Filmen oder Fantasy-Literatur angesagt. Die Schweinfurter Präsentation wagt es, in Kooperation mit dem Kunstpalast Düsseldorf, wo die Ausstellung sehr erfolgreich lief unter der amerikanischen Kuratorin Westrey Page, nun auch in der unterfränkischen Stadt und darüber hinaus in der näheren und weiteren Region mit dieser Faszination für das Grauen anzulocken.

Die Schau gliedert sich in zwei Teile. In einer Art Prolog wird dem Thema in der Kunstgeschichte bis etwa 1900 nachgespürt, es geht um die bildliche Vorstellung von Horrorvisionen. Im Weiteren lässt die Ausstellung unter Auslassung des 20. Jahrhunderts die vergangenen 20 Jahre Revue passieren: Rockige Subkulturen und Gattungen mit eher abstoßenden Darstellungen breiten sich aus, man denke etwa an aggressiv verzerrte Schrifttypen oder das verwirrende Design von Plattenlabels oder Filmplakaten.

Nervenkitzel des Makabren

Gleich zu Beginn der Ausstellung Tod und Teufel begegnet man in einer gar nicht so abschreckenden Hölle einem nicht allzu hässlichen Satan, der als muskulöser Held über Verdammte herrscht und sie unterdrückt. Das große Gemälde stammt von Friedrich Wilhelm Schadow und seinen Schülern. Ob dieser Teufel nun wirklich jemals Schrecken auslöste, scheint fraglich. Doch die weiteren Beispiele auch der Vergangenheit in den sehr dunklen, düsteren Räumen wollen zumindest zeigen, wie Menschen seit dem Mittelalter sich bedroht fühlten von Bildvorstellungen wie bei Dürers Ritter, Tod und Teufel, von Mephisto in Goethes Faust, vom plötzlichen Tod bei einem Sturz vom Felsen, wie ihn Julius Schnorr von Carolsfeld malte, oder bei Arnold Böcklins Totenfährmann Charon. Man kann das Mitfürchten erahnen vor Carl Blechens Dämonischer Landschaft, wo ein Jäger mit einem Gewehr auf eine Frau am anderen Seeufer zielt. Andererseits gab es makabre Todesvorstellungen wie beim Basler Totentanz, die schon fast verniedlichend wirken. Horrorfilme wie Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922) weckten später mit Nervenkitzel die schaurige cineastische Unterhaltung.

Black Metal und sein Outfit

Nach diesem Parcours durch düstere Vorstellungen vergangener Zeiten über Tod, Teufel und Verdammnis führt die Ausstellung in die jüngste Moderne der letzten Jahrzehnte: in die von Kommerz und Trends bestimmte Welt des Konsums und der exzessiven Selbstdarstellung, vorbei an einer großen Vitrine mit eigentlich untragbaren Kreationen mehr oder weniger prominenter Modeschöpfungen: Schwarz, löchrig und Distanz signalisierend sind sie wie mit Stützen versehen und widersprechen jeder realen Verwendung im Alltag.
Eine Fotoserie von Erasmus Schröter zeigt frontal blickende Menschen, die zugunsten der herrschenden Popkultur ihre Erscheinung so verändert haben, dass sie starr, geradezu geschlechtsneutral, künstlich, unlebendig wirken – ebenso wie die Black-Metal-Gestalten, deren Gesichter wie von Toten geschminkt sind. Die nötigen Zutaten für solche Outfits: schwarze Lederbänder mit Nieten, Stachelarmbänder und ebensolche Handschuhe, Ketten, Piercing, Schmuck aus Zähnen, untragbare Schuhe und dergleichen. Sie werden beleuchtet in einer Vitrinenwand präsentiert.

Letztlich scheint der Mensch zu einer Art Monster mutiert. Ein so titulierter „Horror-Durchgang“ mit einem Suizid-Stuhl-Apparat führt zu einem weiteren düsteren Raum mit Stillleben; Sie zeigen, auf Tellern angerichtet, Henkersmahlzeiten von zum Tod Verurteilten.

Ausgeburt der Phantasie

Im letzten Raum wird an ein spezielles Kapitel der Vernichtung von Leben erinnert: die brutale koloniale Ausbeutung. Die amerikanische Künstlerin King Cobra hat in einer Vitrine Nachbildungen aus Silikon von Innereien und Körperteilen von Frauen aufgehängt, von versklavten schwarzen Frauen, an denen Ärzte ohne Betäubung im 19. Jahrhundert experimentelle Eingriffe vornahmen. Solche „Überreste“ sind nun mit Perlen oder Glitzersteinen „verziert“ – makaber, gruselig, eine grauenhafte Ausgeburt menschlicher Phantasie. Während dies tatsächlich Schaudern zu erregen vermag, wirkt ansonsten vieles in dieser Ausstellung banal oder nur um Reißerisches bemüht. (Renate Freyeisen)

Information: Bis 20. Oktober. Museum Georg Schäfer, Brückenstraße 20, 97421 Schweinfurt. www.museumgeorgschaefer.de

 

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