Kultur

Lucia (Akiho Tsuhjii) wird in die ungewollte Hochzeit gedrängt und regelrecht in den Wahnsinn getrieben. (Foto: Nik Schölzel)

31.03.2023

Tragische Schauerromantik

Akiho Tsujii begeistert in Donizettis „Lucia di Lammermoor“ am Würzburger Mainfranken Theater

Eindrucksvolle Schauerromantik bietet Gaetano Donizettis tragische Oper Lucia di Lammermoor nach dem Roman von Sir Walter Scott, uraufgeführt 1835. Berühmt ist dieses Melodram vor allem durch die große „Wahnsinnsarie“ der Lucia. In der Blauen Halle des Würzburger Mainfranken Theaters wurde die effektvolle Wirkung des Romantischen verstärkt durch das Philharmonische Orchester Würzburg unter der Leitung von Enrico Calesso: Nach der düsteren Ouvertüre kostete es das Schwelgerische, den Schmelz der Musik genüsslich und vollmundig aus. Das war ein starker Kontrast zum recht kühlen, kargen Bühnenbild von Ausstatter Pascal Seibicke mit Plastikvorhängen und nur unten beleuchteten Lamellenwänden – auch zur etwas statischen Regie von Matthew Ferraro.

Gefühllose Männerwelt

Die Geschichte beginnt in einem Schlachthaus. Dort wird die verhängnisvolle Liebe der Lucia zu Edgardo, dem Erzfeind ihres Bruders Enrico, in innigen Arien und einem wunderschönen Duett deutlich. Aber in einer patriarchalischen Gesellschaft ohne Mitgefühl, in der es nur um Machterhalt geht, hat diese Beziehung keine Chance. So muss Lucia einen reichen Mann heiraten, um ihre Familie zu sanieren. Ihr Widerstand dagegen soll dadurch gebrochen werden, dass sie medizinisch einer Gehirnwäsche durch Infusionen unterzogen wird. In der Hochzeitsnacht bringt sie den ihr fremden Mann um, wird wahnsinnig und stirbt.

Die Inszenierung von Donizettis Erfolgsoper operiert mit Hinweisen auf die Gegenwart, etwa beim gefälschten Brief auf einem Handy, wenn die Gefolgsleute Enricos mit Pistolen herumfuchteln oder ihre Gesichter mit Taschenlampen beleuchten.

Der differenziert singende Chor, bei der Hochzeit dicht gedrängt als Zuschauerblock, bunt und etwas schräg aufgemacht, bleibt meist relativ unbewegt.

Für Lebendigkeit aber sorgt die Musik. Alles überglänzt eine stimmlich wie darstellerisch imponierende, glaubhafte Lucia: Die zierliche, zarte Akiho Tsujii ist anfangs ein verliebtes junges Mädchen im Sommerkleid, wird unter dem Druck ihres Bruders zu einer tragischen Gestalt, wird kurzzeitig eine Schönheit im perlenbestickten weißen Hochzeitskleid, bis sie im blutbesudelten Untergewand in den Wahnsinn abgleitet.

In all diesen Phasen ihres Untergangs begeistert Akiho Tsujii mit ihrem lupenreinen, hellen, kraftvollen Sopran. Sie verausgabt sich, ohne die Anstrengung merken zu lassen. Höhepunkt ist die vierteilige Wahnsinnsarie mit himmlisch entrückten Höhen, leicht schwebenden Verzierungen, variablen Linien und reichen Koloraturen. Ihr Liebes- und Todesbegehren steigert sich bis zur Vision einer himmlischen Erlösung.

Roberto Ortiz als ihr geliebter Edgardo ist ganz der tragische Held und kann mit seinem hellen, höhensicheren Tenor den Wunsch nach Gerechtigkeit, Freiheit und Liebe kraftvoll ausdrücken. Hinrich Horn verkörpert dessen unversöhnlich machtbesessenen Gegenspieler Enrico bestens mit seinem männlich kernigen Bariton. Auch Barbara Schöller als mitfühlende Alisa, Mathew Habib als etwas komischer Lord Arturo und Yong Bae Shin als gestrenger Normanno, vor allem aber Sejong Chang als Raimondo mit angenehmem Bass füllen ihre Rollen gut aus. (Renate Freyeisen)

 

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