Kultur

Nichts ist, wie es scheint: John wird von Carolin Hartmann gespielt, Pascal Fligg schlüpft in die Rolle der Lady Bracknell. (Foto: Gabriela Neeb)

21.01.2022

Viel Slapstick und wenig Zeitkritik

Oscar Wildes „Bunbury“ am Münchner Volkstheater

Die Kunst dient nicht nur der Unterhaltung, sondern kann uns auch den Spiegel vorhalten. Im besten Fall tut sie beides zusammen. Genau das gelingt Oscar Wilde mit Bunbury von 1895. Dahinter verbirgt sich eine Komödie, die aktuell im Münchner Volkstheater Premiere hatte. Sie ist im Grunde gar nicht so lustig, sondern bitterernst. Ernst ist das Leben, heißt sie demzufolge in der Übersetzung, die Elfriede Jelinek 2005 vorgelegt hat

Alles dreht sich um zwei befreundete Gentlemen. John Worthing, auch Jack genannt und einst ein Findelkind, gibt sich nur auf dem Land unter seinem richtigen Namen aus. Um regelmäßig in die Stadt fahren zu können, wo er das Leben in vollen Zügen genießt, erfindet er einen lasterhaften Bruder Ernst. Dieser ernsthafte Name beeindruckt die englische Oberschicht – und so manche Frau. Sein Freund Algernon „Algy“ Moncrieff erfindet wiederum einen kränkelnden Phantasiefreund Bunbury.

Fakt oder Fake?

Mit ihren Scheinexistenzen wirbeln die beiden bald alles durcheinander. Was ist Sein oder Schein, Fakt und Fake? Die Inszenierung von Hausregisseur Philipp Arnold betont genau das. John wird von einer Frau (Carolin Hartmann) gespielt. Gleichzeitig wird zwischen ihm und Algy (Lukas Darnstädt) eine homoerotische Beziehung gezeichnet. In der Doppelrolle als Lady Bracknell alias Tante Augusta und Pastor Chasuble glänzt wiederum Pascal Fligg.

Alles ist eben Fake hier, was das Bühnenbild von Viktor Reim noch unterstreicht. Ob die Einrichtung im Stadthaus oder die Blumen und Vögel auf dem Landsitz: Fast alles ist nicht echt, sondern gemalt. Gleich zu Beginn greift Algy in die Tasten eines gefakten Klaviers. Als seine Cousine Gwendolen (Liv Stapelfeldt) hereinrauscht und ihren Schirm aufhängen will, rutscht dieser vom nur gemalten Haken herunter. Später gießt Nina Steils als frech-kokette Cecily Cardew Schein-Blumen – das Wasser aus der Gießkanne plätschert zu Boden. Das alles ist durchaus komisch, mehr aber auch nicht.

Die fast schon abgründige Aktualität dieses Stückes fängt die Inszenierung nicht ein. Dabei geht es längst nicht nur um Scheinwelten, wie sie im Fernsehen kreiert werden. Von Wildes Bunbury ist es nicht nur ein Katzensprung zum medienkritischen Kultfilm Die Truman Show (1998), sondern zugleich zum politischen Populismus unserer Tage. So mancher politische Gruselclown gaukelt sich selbst die Welt zurecht, um das Blaue vom Himmel zu lügen. Von dieser Zeitkritik ist die Inszenierung weit entfernt. Lediglich gemalte Bilder von brennenden Städten im Hintergrund lassen diese Deutungspotenziale erahnen. Sonst aber stehen vor allem Slapstick und Komik im Vordergrund, was dank der darstellerischen Leistungen gut funktioniert. Neben Fligg, Darnstädt und Steils brilliert vor allem Volkstheater-Neuzugang Liv Stapelfeldt. (Marco Frei)

 

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