Der Glaskünstler Erwin Eisch aus dem Bayerwald gilt als geistiger Vater der Studioglasbewegung in Europa. In diesem Jahr feiert er seinen 90. Geburtstag. Heute führen die Kinder von Erwin Eischs Brüdern die Familien-Glashütte, die in 60 Länder rund um den Globus exportiert. Sein Lebenswerk ist im Museum zu bestaunen.
Glas nicht nur als funktionales Material, sondern als Werkstoff, aus dem große Kunst entstehen kann: Was heute selbstverständlich scheint, war Mitte des vergangenen Jahrhunderts ein revolutionärer Gedanke. Künstler aus den Vereinigten Staaten galten als Avantgarde der so genannten Studioglasbewegung. In Europa war es der Niederbayer Erwin Eisch, der selbst einer traditionsreichen Glasmacherfamilie entstammte, der den Gedanken der „Poesie aus Glas“ mitprägte und zum Wegbereiter der Bewegung in Deutschland und weltweit wurde. In diesem Jahr feierte Erwin Eisch seinen 90. Geburtstag.
Sein Lebenswerk ist heute im Bayerischen Landesmuseum zur Geschichte der Glaskultur in Frauenau (Kreis Regen) zu sehen. Um die Familien-Glashütte kümmern sich seine Nichte Julia und sein Neffe Eberhard Eisch.
Die Glasmacher-Tradition der Familie Eisch ist erforscht bis zu dem 1689 im Böhmerwald geborenen Mathias Alesch, der sich auf der Beschäftigten-Liste einer kleinen Glashütte findet. Der Gründer der Glashütte Eisch, Valentin Eisch, arbeitete seit 1914 als Graveurmeister in einer Kristallglasfabrik.1946 gründete er zusammen mit seiner Frau Therese einen eigenen Veredelungsbetrieb, um seinen sechs Kindern eine Existenz aufzubauen. Bald schon befürchteten die bestehenden Bayerwald-Glashütten die Entstehung einer Konkurrenz. Dies wollten sie verhindern, indem sie die Belieferung der Eischs mit Rohglas blockierten. So sah sich die Familie Eisch gezwungen, eine eigene Glasproduktion aufzubauen.
Im Dezember 1952 wurde in der damals jüngsten und kleinsten Glashütte Bayerns das erste Glas geschmolzen. Trotz großer Anfangsschwierigkeiten konnte die Hütte bereits 1956 zu einem 12-Hafen-Ofen erweitert werden. Durch das Zusammenwirken aller Familienmitglieder und der Mitarbeiter setzte eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung ein, heißt es in der Chronik.
Eines der sechs Kinder ist Erwin Eisch, 1927 geboren. Nach der Ausbildung zum Glasgraveur in der Werkstatt seines Vaters studierte er bis 1952 an der Akademie der Bildenden Künste München Glasdesign, Bildhauerei und Innenarchitektur. Danach kehrte er nach Frauenau zurück. Von 1956 bis 1959 setzte er sein Studium der Bildhauerei und Malerei in München fort.
1962 besuchte Harvey Littleton Frauenau, wodurch Eisch einen ersten Kontakt zur amerikanischen Studioglasbewegung erhielt. 1964 erhielt er eine Einladung zum 1. World Crafts Council nach New York City und zum 1. Glasseminar mit Harvey Littleton an der University of Wisconsin. In Frauenau gründete Eisch 1965 ein eigenes Glasstudio.
Heute gilt Erwin Eisch als Wegbereiter und geistiger Vater der Studio-Glas-Bewegung in Europa. Für die Glashütte ist er ein wichtiger Impulsgeber und „Querdenker“.
In Anlehnung an Erwin Eischs frei geblasenes Glas entstand 1977 die Unikatserie „Poesie in Glas“: Sammler- und Liebhaberstücke in fließenden Formen, die mit den verschiedensten Ofen- und Kaltglastechniken zu kunstvollen Objekten gestaltet wurden.
Vor 20 Jahren, 1997, besuchte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Glashütte Eisch. Erwin Eisch überreichte ihm den gläsernen Porträt-Kopf „Helmut Kohl“.
Bis heute befindet sich die Glashütte Eisch vollständig in Familienbesitz und wird von der dritten Generation geführt. Julia Eisch und Eberhard Eisch wollen auf die vielfältigen Erfahrungen und das handwerkliche Wissen der Vergangenheit aufbauen und das Unternehmen zum modernen und innovativen Glashersteller weiterentwickeln. Mit Erfolg: Heute exportiert die Glashütte mehr als die Hälfte der Produktion in über 60 Länder weltweit.
Erwin Eisch, der im April seinen 90. Geburtstag feierte und sich heute verstärkt der Malerei widmet, hat zahlreiche Objekte seines Schaffens bereits frühzeitig an das Frauenauer Glasmuseum übergeben. Für dessen Gründung im Jahr 1975 hatte er sich stark engagiert. Das Museum, heute das Bayerische Landesmuseum zur Geschichte der Glaskultur, ist durch „Gläserne Gärten“ direkt mit der Glashütte Eisch verbunden. Die Dauerausstellung zeigt unter anderem Eischs Porträtkopfserie „Selbstporträt“, „Alfons Hannes“, „Thomas S. Buechner“, „Harvey K. Littleton“ und die Installation „Der Narziss, ein Interieur“. Durch das Wirken Erwin Eischs, das von ihm maßgeblich mitinitiierte Glasmuseum Frauenau sowie eine rege Glaskunst- und Kulturszene und auch die Ferienregion gilt Frauenau bis heute als europäischer Treffpunkt der Internationalen Studioglasbewegung. Zentrum des Austauschs ist das renommierte Bild-Werk Frauenau, dessen Sommerakademie in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum feierte. (OBX)
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