Landtag

Vor knapp sechs Wochen wurde im Landtag ein Untersuchungsausschuss zum GBW eingesetzt. (Foto: dpa)

08.06.2018

Alter Brief setzt Söder in GBW-Affäre unter Druck

Seit Wochen wird der umstrittene GBW-Verkauf im Landtag aufgearbeitet. Am Freitag sorgen dort aber nicht die geladenen Top-Manager für Neuigkeiten, das übernimmt ein Schreiben aus Brüssel

Ein bislang unbekannter Brief zum Verkauf der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft GBW durch die Bayerische Landesbank sorgt für neuen Ärger für Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Dem zweiseitigen Schreiben des früheren EU-Wettbewerbskommissars Joaquín Almunia aus dem Dezember 2013 zufolge hatte - anders als bislang von Söder und der Staatsregierung behauptet - die Europäische Union dem Freistaat nicht grundsätzlich verboten, die GBW mit ihren 33 000 Wohnungen von der eigenen Landesbank zu kaufen.

Man habe "lediglich darauf hingewiesen", dass es kein "überhöhtes Angebot seitens der öffentlichen Hand geben dürfe", schrieb Almunia an den damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Zunächst hatte die "Süddeutsche Zeitung" über den Brief, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, berichtet.

Im Januar 2012 hatte Söder, der damals als Finanzminister für die Sanierung der angeschlagenen Landesbank zuständig war, gesagt: "Die EU-Kommission verbietet, dass der Freistaat die Wohnungen kauft." Dem hatte die EU bereits im November 2013 schriftlich widersprochen: Die Idee des GBW-Verkaufs sei nicht von der Kommission gekommen, "die Kommission hat von der BayernLB nur gefordert, dass sich die Bank auf ihr Kerngeschäft konzentriert, um wieder rentabel zu werden."

Der Grüne Hartmann wirft Söder Falschspiel vor

"Söders Falschspiel ist mit Bekanntwerden dieses Schreibens offiziell aufgeflogen. Und damit ist auch klar: Bezahlbare Mieten sind dem CSU-Ministerpräsidenten ziemlich wurscht", sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Söder sei es nur um die Rettung der Bank und nicht um die Mieter gegangen. "Herr Söder hat gelogen und die Mieterinnen und Mieter verkauft", sagte SPD-Landeschefin Natascha Kohnen. Seine Behauptung, der Freistaat hätte die GBW-Wohnungen nicht übernehmen können, sei nun schwarz auf weiß widerlegt.

Das Finanzministerium wies die Kritik umgehend zurück: "Der Erwerb der GBW-Anteile durch den Freistaat Bayern war nicht möglich." Dann hätte ein neues Beihilfeverfahren gedroht. "Die Staatsregierung hat zum Verkauf der GBW-Anteile durch die Bayerische Landesbank im April 2013 immer die Wahrheit gesagt", betonte der Ausschussvorsitzende Alexander König (CSU). Das habe die Vernehmung der ersten sieben Zeugen des Ausschusses in dieser Woche erneut bestätigt.

Im Untersuchungsausschuss des Landtags zum GBW-Verkauf spielte der Brief keine bedeutende Rolle. "Almunia ist glaube ich Sozialist", von daher sei der Brief sicher politisch motiviert gewesen, um wegen des Verkaufs von Sozialwohnungen nicht selbst in die Schusslinie zu geraten, sagte der frühere Vorstandschef der Landesbank, Michael Kemmer, am Freitag im Zeugenstand des Landtags.

Der Verkauf sei nicht vermeidbar gewesen, sagt der Ex-Landesbankchef

Kemmers Einschätzung nach war der Verkauf der GBW im Jahr 2013 unvermeidbar und sei trotz der politischen Brisanz in den Jahren zuvor bereits in Planungen aufgetaucht. In einem EU-Beihilfeverfahren sei die Trennung der Bank von Beteiligungen, die nicht zum Kerngeschäft der Bank gehörten, zwingend vorgeschrieben. Rund 130 Beteiligungen hätten neben der GBW auf der Verlaufsliste gestanden, "nur die zum Kerngeschäft gehörenden Beteiligungen waren vom Verkauf ausgeschlossen", betonte Kemmer.

Auch der ehemalige Vorstand Stefan Ermisch teilte Kemmers Meinung. Alles was nicht zum Kerngeschäft gehörte, darunter die GBW, habe im Beihilfeverfahren von der Bank abgestoßen werden müssen, damit die Rentabilität der Bank wieder den EU-Anforderungen entspreche.

Knapp sechs Wochen nach der Einsetzung des Untersuchungsausschusses sind am Freitag neben Kemmer und Ermisch noch zwei weitere ehemalige und amtierende Vorstände der Bayerischen Landesbank als Zeugen geladen. Das Gremium erhofft sich von den Managern Informationen zu dem umstrittenen Verkauf.

Wegen der finanziellen Schieflage der Landesbank nach dem Kauf der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria hatte sich die Staatsregierung damals für den Verkauf der Landesbankanteile an der GBW mit ihren 33 000 Wohnungen ausgesprochen. Die Opposition will im Ausschuss beweisen, dass die EU nicht den GBW-Verkauf vorgeschrieben habe.
(dpa)

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