Landtag

Markus Bayerbach ist nicht mehr Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag. (Foto: dpa/Christoph Trost)

27.01.2022

Bayerbach als Bildungsausschuss-Vorsitzender abgesetzt

Die Affäre um einen internen AfD-Chat mit teils radikalen Inhalten hat eine gravierende politische Folge: Ein AfD-Mann muss als Vorsitzender des Bildungsausschusses abtreten. Wer folgt ihm nach?

Es ist ein bislang einmaliger Vorgang in der Geschichte des bayerischen Landtags: Der AfD-Abgeordnete Markus Bayerbach ist als Vorsitzender des Bildungsausschusses abgewählt worden. Ihm wird vorgeworfen, in einer Debatte um einen internen AfD-Chat mit teilweise radikalen Inhalten die Unwahrheit gesagt zu haben. Neun von elf anwesenden Ausschussmitgliedern stimmten am Donnerstag in einer geheimen Abstimmung für die Absetzung Bayerbachs, zwei dagegen. Damit war die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht - allerdings stimmte mindestens ein Vertreter oder eine Vertreterin einer der anderen Fraktionen für Bayerbachs Verbleib im Amt.

Die Sitzungsleitung übernahm zunächst der Vize-Vorsitzende Tobias Gotthardt (Freie Wähler). Die AfD muss nun einen neuen Kandidaten als Vorsitzenden benennen, die Wahl könnte dann kommende Woche sein.

Der Bayerische Rundfunk hatte Anfang Dezember aus teilweise radikalen Inhalten einer geschlossenen Telegram-Gruppe mit dem Namen "Alternative Nachrichtengruppe Bayern" zitiert. Dort fielen unter anderem die Begriffe Umsturz, Revolution und Bürgerkrieg. Mit in der Gruppe waren dem Bericht zufolge große Teile der AfD-Fraktion, der bayerischen AfD-Bundestagsgruppe und des AfD-Landesvorstands.

Die Absetzung eines Ausschussvorsitzenden ist ein Novum in der Geschichte des Landtags

Bayerbach hatte in einer Debatte im Bildungsausschuss damals erklärt, er sei nicht Mitglied der Gruppe. Daraufhin hielt ihm Matthias Fischbach (FDP) vor, nach BR-Recherchen habe es dort 458 Äußerungen Bayerbachs gegeben - der AfD-Politiker sage also die Unwahrheit. Dies mündete in den Antrag auf Bayerbachs Absetzung als Ausschuss-Chef.

Bayerbach erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme noch im Dezember, er habe nicht behauptet, niemals in dieser Gruppe gewesen zu sein, insofern treffe der Vorwurf "jedenfalls nicht in vollem Umfang zu". Er sei auf die damalige "Befragung" gänzlich unvorbereitet gewesen und habe deshalb auch seine ganzen Chats nicht gründlich genug überprüft. "Eine vorsätzliche Lüge war natürlich nicht beabsichtigt, bei öffentlicher Vorlage des Chats wäre dies ja auch vollkommen sinnbefreit gewesen", schrieb Bayerbach weiter.

Seine Aussage, "aktuell nicht mehr in dieser Gruppe zu sein", sei zwar seiner subjektiven Wahrnehmung nach richtig gewesen, habe aber der objektiven Wahrheit insofern nicht entsprochen, "als dass diese Chatgruppe lediglich stummgeschaltet und zu den archivierten Chats verschoben worden war". "Diesen Fehler muss ich mir anrechnen lassen und entschuldige mich auch ausdrücklich dafür", schrieb Bayerbach. Der Ausschussmehrheit reichten diese Erklärungen aber nicht aus.

Der AfD steht der Vorsitz des Bildungsausschusses zu - das war nach der Landtagswahl 2018 das Ergebnis der Aufteilung zwischen den Fraktionen. Unklar war aber am Donnerstag zunächst, wer als Ersatz für Bayerbach in Frage kommen könnte: Neben Bayerbach gehört dem Ausschuss seitens der AfD nur die Abgeordnete Anne Cyron an - die aber mit im Zentrum der Chat-Affäre steht, und deren Rolle im Dezember auch Anlass für die Debatte im Bildungsausschuss war. Denkbar wäre, dass die AfD-Fraktion nun jemand anderen in den Bildungsausschuss entsendet, der dort als Vorsitzender antritt.

AfD will gegen Abwahl klagen

Die Absetzung eines Ausschussvorsitzenden ist ein Novum in der Geschichte des Landtags. Das Prozedere dafür ist zwar in der Geschäftsordnung geregelt - es wurde aber nach Auskunft des Landtagsamtes in der Vergangenheit noch nie angewandt. Bayerbach selbst kritisierte den Vorgang als "nicht geschäftsordnungsgemäß".

Die AfD-Fraktion will die Abwahl Bayerbachs nicht hinnehmen, sondern juristisch dagegen vorgehen. Man stehe als Fraktion uneingeschränkt hinter Bayerbach und werde nun "den Rechtsweg beschreiten", teilte der Abgeordnete Uli Henkel am Donnerstag mit.

Henkel argumentierte, die laut Landtags-Geschäftsordnung nötige Zwei-Drittel-Mehrheit der Ausschussmitglieder für die Abwahl sei nicht erreicht worden. Der Ausschuss habe 18 Mitglieder - somit wären zwölf Stimmen nötig gewesen. Die vorübergehende Reduzierung auf elf Mitglieder infolge der Corona-Schutzmaßnahmen, die der Landtag so beschlossen hatte, "ändert daran überhaupt nichts". Auch seinem Vorschlag, die Abwahl zu verschieben, bis der Ausschuss wieder vollzählig tagen würde, sei nicht entsprochen worden, sagte Henkel.

An den Mehrheitsverhältnissen ändert sich freilich bei vollständiger Besetzung nichts: Die AfD besetzt dann lediglich zwei von 18 Plätzen.
(dpa)

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