Landtag

Voll des Lobes für sich selbst: Markus Söder während der Plenarsitzung. zum Staatshaushalt. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

17.05.2019

Premium- oder Schönwetterhaushalt?

Der Freistaat hat 2018 rund 4,2 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben – die Opposition mahnt dennoch zur Sparsamkeit

Der Freistaat gibt in diesem und im nächsten Jahr zusammen 124,7 Milliarden Euro aus. Dennoch muss der Freistaat zur Finanzierung des Doppelhaushalts nicht die Rücklagen angreifen. Auch die Opposition freut sich über die hohen Überschüsse. Die Staatsregierung setze aber bei der Mittelverteilung die falschen Prioritäten, kritisieren die Abgeordneten bei der Haushaltsdebatte.

Dank eines überraschend hohen Überschusses kann der Freistaat bei der Finanzierung des Doppelhaushalts 2019/20 auf einen Griff in die Rücklagen verzichten. Wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Generaldebatte zur Verabschiedung des Etatentwurfs mitteilte, hat der Freistaat 2018 4,2 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Ursprünglich war vorgesehen, 3,6 Milliarden Euro aus der Rücklage zu entnehmen. Diese wächst nun nach Angaben Söders auf 6,5 Milliarden Euro an. „Wir haben damit ein sicheres Polster, um in unsicheren Zeiten immer wieder gegensteuern zu können“, sagte Söder. Bayern lebe „finanziell nicht an der Kante“. Der erzielte Überschuss sei „nicht Zufall, Lotterie, Dusel, sondern das Ergebnis harter Arbeit“.

Insgesamt gibt der Freistaat in diesem und im nächsten Jahr zusammen 124,7 Milliarden Euro aus. Das entspricht einem durchschnittlichen Zuwachs von 4,5 Prozent pro Jahr. Dies sei nötig, um das Bevölkerungswachstum im Haushalt abzubilden und neue familienpolitische Akzente zu setzen, erklärte Söder. Nach Angaben der Staatsregierung kostet das neue Familiengeld im Zeitraum des Doppelhaushalts 1,5 Milliarden Euro, die erweiterte Beitragsfreiheit für den Kita-Besuch 910 und das Landespflegegeld 750 Millionen Euro. Für die Wohnraumförderung, die bayerische Eigenheimzulage und das Baukindergeld „BayernPlus“ summieren sich die Ausgaben auf gut zwei Milliarden Euro. Für die Schuldentilgung ist eine Milliarde eingeplant, die Investitionsquote steigt von 12,4 auf 13,7 Prozent. Eine Neuverschuldung ist nicht vorgesehen.

Vor diesem Hintergrund sprach Söder von einem „Premium-Haushalt“. „Bayern ist stabil, Bayern ist das positive Gegenmodell zur Verunsicherung in Europa“, betonte er. Den Vorwurf der Opposition, in erster Linie Wahlgeschenke zu verteilen, wies Söder zurück. „Wir tun das, wovon wir überzeugt sind, und halten das, was wir versprochen haben.“ Den Aufwuchs bei den Staatsausgaben verteidigte Söder mit steigenden Einwohnerzahlen, sozialen Herausforderungen sowie dem nationalen und internationalen Wettbewerb, dem sich der Freistaat zu stellen habe. Man stärke Familien und Pflegebedürftige, steuere und gestalte das Wachstum durch mehr Wohnungsbau und öffentlichen Nahverkehr und werde „klotzen statt kleckern“, um Bayern an der Spitze des technologischen Fortschritts zu halten.

Söder stellte sich vor allem hinter die familienpolitischen Leistungen. „Ein Land braucht nicht nur digitale Strategien, es braucht auch soziale Wärme“, sagte Söder. Mit Familiengeld und Kita-Förderung erhalte künftig jede Familie pro Kind insgesamt rund 10 000 Euro in der Zeit von der Geburt bis zur Einschulung. „Das ist kein Geschenk, sondern ein guter Start ins Leben“, betonte Söder. Das Landespflegegeld von 1000 Euro pro Jahr bedeute für betroffene Bezieher einer Durchschnittsrente eine Erhöhung des Altersgeldes von acht Prozent. „Damit schlägt in Bayern das soziale Herz an der richtigen Stelle“, urteilte der Regierungschef.

Grüne: "Ein dicker Geldbeutel ist keine Garant für gute Politik"

Trotz des auch aus Sicht der Opposition erfreulich hohen Überschusses blieb diese bei ihrer Grundsatzkritik an dem von der Staatsregierung vorgelegten Zahlenwerk. „Ein dicker Geldbeutel ist keine Garant für gute Politik“, erklärte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann. Obwohl die Staatsausgaben auf Rekordniveau stiegen, schaffe es die Staatsregierung nicht, die Weichen für mehr Klima-, Arten- und Naturschutz richtig zu stellen. „Was nützt das größte Wachstum, wenn wir auf dem Weg dorthin unsere Lebensgrundlagen zerstören“, fragte Hartmann. Beim Klimaschutz sitze Bayern nur „auf der Reservebank“, die Ausgaben für die energetische Gebäudesanierung und die Förderung für den Austausch alter Heizungen würden sogar gekürzt, klagte Hartmann. Auch beim Abbau sozialer und regionaler Ungerechtigkeiten komme man nicht voran. Es fehle weiterhin an bezahlbarem Wohnraum, ausreichend Kita-Plätzen, flächendeckend schnellem Internet, lückenlosem Mobilfunk und attraktivem Nahverkehr auf dem Land. Messlatte für den Haushalt müsse sein, ob die großen Herausforderungen der Zukunft gemeistert würden. Hier aber verliere sich die Vorlage im Kleinklein, so Hartmann.

SPD-Landeschefin Natascha Kohnen warf Söder vor, sich an vielen Stellen mit fremden Federn zu schmücken. Er verkünde eine große Digitalisierungsoffensive für die Schulen, eine Entlastung bei den Kita-Gebühren und bezahlbare Busse und Bahnen, verschweige aber, dass das Geld dafür von der Bundesregierung aus Berlin käme. Landesmittel würden dafür gestrichen. Es sei „kein guter Stil, Geld vom Bund zu nehmen und sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen“, kritisierte Kohnen. Um wirklich voranzukommen, müsse der Freistaat eigene Mittel dazugeben. Nach Ansicht von AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner versucht Söder, mit dem Geld der Steuerzahler alle Konflikte zu überdecken. „Damit niemand aufmuckt, lassen Sie über Bayern den warmen Regen staatlicher Mehrausgaben niedergehen“, sagte sie. Das Ziel der Schuldenfreiheit für Bayern im Jahr 2030 rücke mit dieser Politik „in unerreichbare Ferne“.

Die FDP verwies auf ihre Sparvorschläge in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. Bei der Staatsregierung sitze dagegen „der Geldbeutel zu locker“, urteilte Fraktionschef Martin Hagen. So ließen sich Söders Wohltaten nicht auf Dauer finanzieren. „CSU und Freie Wähler haben einen Schönwetterhaushalt aufgestellt, obwohl am Horizont schon die Gewitterwolken aufziehen“, verwies Hagen auf die sich abkühlende Konjunktur. Zudem würden die Prioritäten falsch gesetzt. Für das Weltraumprogramm „Bavaria One“ gebe man genauso viel Geld aus wie für die Rettung der Dorfwirtschaften. „Die konsumtiven Ausgaben steigen, aber es fehlen Zukunftsinvestitionen“, klagte Hagen.

Koalitionsredner wiesen die Kritik zurück. „Bayern ist und bleibt das Land der soliden Finanzen, der Rekordinvestitionen, des Schuldenabbaus und der Zukunftschancen“, betonte CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer. Für seine Haushaltspolitik habe der Freistaat erst kürzlich wieder die Bestnote internationaler Rating-Agenturen erhalten. Sein Vize Alexander König ergänzte, die Opposition zeige kaum konkrete Alternativen auf. Ihre Politik erschöpfe sich in „Sprechblasen“. Der Fraktionschef der Freien Wähler, Florian Streibl, lobte die Zusammenarbeit in der neuen Regierung. Deren Arbeit könne sich sehen lassen, das belege der Doppelhaushalt. Bei dessen Aufstellung habe man die „Zeichen der Zeit erkannt“. (Jürgen Umlauft)

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