Landtag

Heidrun Piwernetz, die neue Präsidentin des Obersten Rechnungshofs, hat sich im Haushaltsausschuss vorgestellt. (Foto: dpa/Karmann)

08.12.2023

Bayerns Chefkontrolleurin will mehr Personal

Seit 1. September ist Heidrun Piwernetz (61) Präsidentin des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH). Bei ihrem Antrittsbesuch im Haushaltsausschuss betonte sie den Wunsch nach einer vertrauensvollen Zusammenarbeit – und forderte mehr Stellen für ihre Behörde

Jedes Jahr wird er mit Spannung erwartet, der neue Bericht des ORH. Darin enthalten sind immer wieder unzählige Kritikpunkte, an welchen Stellen der Staat aus Sicht der obersten Rechnungsprüfung mit Steuermitteln allzu nachlässig umgegangen ist. Im März monierte die Behörde etwa Defizite bei der Besteuerung von Verkäufen landwirtschaftlicher Grundstücke, wodurch dem Staat Millionen Euro entgangen seien. Deutlich zu hoch waren aus Sicht des ORH auch die Zahlungen an Privatkliniken, als Kompensation für die Freihaltung von Betten in der Hochphase der Corona-Pandemie. Die Liste der Beanstandungen ist stets lang.

Rund 230 Prüfungen nehmen die unabhängigen Prüfer*innen pro Jahr vor. Sie schauen in allen Ministerien genau hin, sie prüfen die Staatsbetriebe genauso wie die Sondervermögen. Dazu überwachen sie die Umsetzung der Landtagsbeschlüsse zu den früheren Jahresberichten des ORH – etliche Forderungen sind immer noch offen.

Eines stellte Heidrun Piwernetz gleich klar: „Der ORH ist ein Rechnungshof und kein Rechtshof.“ Der Satz stammt von ihrem Vorgänger Christoph Hillenbrand und meint, dass die Behörde sich kritisch mit den vom Landtag aufgestellten Haushalten auseinandersetzt, Empfehlungen gibt und den Landtag in Haushaltsfragen berät – sich aber nicht anmaßt, festzustellen, ob ein Haushalt verfassungswidrig ist. Dafür gibt es Gerichte. Und Piwernetz sieht keinen Grund, etwas daran zu ändern, wie sie bei der Ausschusssitzung am Mittwoch erklärte.

Urteil des Verfassungsgerichts steht noch aus

Immer noch steht ein Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichts aus, ob beim Haushalt 2022 Corona-Hilfen per Kredit für die Hightech-Agenda zweckentfremdet werden durften. Geklagt hat die AfD. Der ORH hatte tatsächlich schon früh angemahnt, das geplante Vorgehen genau zu begründen, und generell Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit durchscheinen lassen. Mehr als solche Empfehlungen werde es aber nicht geben, sagte Piwernetz.

Sehr zum Bedauern von Oppositionsabgeordneten wie Claudia Köhler (Grüne) und Volkmar Halbleib (SPD), deren Parteien gerade als Teil der Bundesregierung mit den Konsequenzen einer solchen Zweckentfremdung umgehen müssen und die vom ORH gern ihre Einschätzung bestätigt bekommen hätten, dass der bayerische Haushalt 2022 in dieser Hinsicht verfassungswidrig war.

In Bayern sei die Sachlage aber anders als in Berlin, betonte Ausschusschef Josef Zellmeier (CSU). Schließlich habe man hier die bewilligten Kredite gar nicht in Anspruch genommen. „Selbst wenn das Gericht sagt, das war verfassungswidrig, wird das keine praktischen Auswirkungen haben.“
Generell betonten Piwernetz und die Abgeordneten die Bedeutung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von ORH und Landtag. Beide Seiten seien aufeinander angewiesen. „Dem ORH ist bewusst, dass seine Empfehlungen Verwaltungsaufwand auslösen können“, sagte Piwernetz. Das sei manchmal lästig, aber ein wichtiger Beitrag zu einem besseren Politikverständnis.

Sie versicherte, dass ihre Behörde auch niemals interne Daten aus der Prüfung veröffentlichen würde. Im Frühjahr hatte es Ärger wegen eines an die Presse gelangten Prüfberichts des ORH zum Milliardendebakel der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München gegeben, der eigentlich geheim bleiben sollte. Der Bericht sei sicher nicht vom ORH herausgegeben worden, sagte Piwernetz. Die Behörde sei darauf angewiesen, dass bei den Prüfungen auch wirklich alle Daten und Fakten auf dem Tisch liegen. Im Gegenzug werde absolute Vertraulichkeit vereinbart. Freilich wird das, was der ORH beanstandet, dann schon im Jahresbericht veröffentlicht. 

Piwernetz bat darum, ihre Behörde früh in Gesetzgebungsverfahren einzubinden. Oft habe man erst sehr spät oder nur durch Zufall von neuen Gesetzentwürfen erfahren. „Nutzen Sie unser Know-how“, bat Piwernetz.

Trotz der angespannten Haushaltslage fordert die neue ORH-Präsidentin neue Planstellen für ihre Behörde. „Wir haben uns ja sehr lange zurückgehalten“, erklärte sie. Nun müsse es aber sein, weil der Arbeitsumfang zunehme und man nicht einfach die Qualität der Prüfung mindern könne. Piwernetz nannte eine Verdopplung der Zahl der Förderprogramme seit 2018 – inzwischen sind es 440, die vom ORH alle überprüft werden müssen. Auch die Zahl der Anhörungsverfahren, zu denen der ORH Stellungnahmen abgeben soll, ist enorm angestiegen: seit 2017 von 79 auf 220 Verfahren. Künftig könne künstliche Intelligenz die Prüfungen erleichtern, meinte die ORH-Chefin. Momentan verursache die KI eher Zusatzaufwand – weil man überprüfen muss, ob die Verwaltungen die KI sinnvoll einbinden. (Thorsten Stark)
 

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