Landtag

30 Prozent Ökolandbau bis 2030 in Bayern? Das wird wohl nicht gelingen, schätzen Fachleute. (Foto: dpa/May)

28.05.2023

Biolebensmittel: Da geht noch was

Im Agrarausschuss des Landtags äußerten sich Fachleute bei einer Anhörung zum Ökolandbau in Bayern

Bei einer Anhörung zur Zukunft des Ökolandbaus im Agrarausschuss haben mehrere Fachleute die Staatsregierung aufgefordert, ihre Bemühungen zur Steigerung des Absatzes von Biolebensmitteln aus heimischer Produktion zu verstärken. Dies gelte insbesondere für die Verwendung von Biokost in staatlichen Kantinen sowie in der Mittagsverpflegung von Schulen und Kindertagesstätten. Die Geschäftsführerin des Landesfachausschusses Ökologischer Landbau im Bayerischen Bauernverband, Daniela Gehler, sprach sich für eine verpflichtende Bioquote in diesen Einrichtungen aus. Diese müsse Teil aller neu verhandelten Verträge werden.

Von nahezu allen Expert*innen wurde die Gemeinschaftsverpflegung in Kantinen als wichtigster Hebel zur Förderung des Bioabsatzes ausgemacht. Der Vorsitzende der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern, Thomas Lang, sah bei einem bundesweiten Gesamtumsatz von 80 Milliarden Euro in der Außer-Haus-Verpflegung große Potenziale für Bioprodukte. Der tatsächliche Bioanteil in den Gerichten von Gemeinschaftsküchen liege derzeit unter 1 Prozent. Der Göttinger Professor Achim Spiller mahnte eine Qualitätsoffensive in der Schul- und Kitaverpflegung sowie in Krankenhausküchen an. Dazu gehöre auch ein nennenswerter Bioanteil.

Zur Verbesserung der Lage von Biolandwirt*innen appellierte die Runde an die Politik, für verlässliche und umsetzbare Rahmenbedingungen zu sorgen. Gehler sprach die Pläne für eine Weidepflicht an, die von einigen Ökolandwirt*innen nicht oder zumindest nicht vollständig umgesetzt werden könne. Hier brauche es praktikable Lösungen, um die Betriebe nicht in die Aufgabe zu drängen. Die Allgäuer Biobäuerin Monika Mayer warnte davor, die „Anspruchsspirale“ unendlich nach oben zu drehen. Sie bezog sich dabei unter anderem auf immer strengere Tierwohlvorgaben. „Das muss für die Landwirte bezahlbar bleiben“, meinte sie.

Um den Absatz von Bioprodukten anzukurbeln, regte Spiller eine breite Informationskampagne an. Vor allem jüngeren Menschen seien die besonderen Qualitätsmerkmale von Biolebensmitteln kaum bekannt. Die Geschäftsführerin der Biomolkerei Andechs, Barbara Scheitz, plädierte für eine weitere Verbreitung des bayerischen Biosiegels. „Hier braucht es mehr Sichtbarkeit, da muss der Handel mehr in die Pflicht genommen werden“, sagte sie. Lang forderte eine verbesserte Investitionsförderung und einen spürbaren Bürokratieabbau. Zudem müsse über Vorrangflächen für den Ökolandbau im Landesentwicklungsprogramm nachgedacht werden.

Anthony Lee, Bundessprecher der Bewegung „Land schafft Verbindung“, betonte die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft. Mit Ökolandbau allein sei die Lebensmittelversorgung nicht sicherzustellen. „Bio macht nicht überall Sinn, wir brauchen einen Mix in der Fläche“, sagte er. Derzeit gebe es vielerorts Tendenzen zu einer Benachteiligung konventioneller Landwirte, zum Beispiel bei der Verpachtung von Flächen kommunaler oder kirchlicher Grundbesitzer.

Eine kontroverse Debatte löste Spiller mit seinen Zweifeln an der Zielmarke von 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 aus. Dafür müsste sich die Anbaufläche in den kommenden sieben Jahren verdoppeln. „Das ist unrealistisch“, sagte Spiller und warb für mehr Ehrlichkeit. „20 Prozent bis 2030 wären mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen schon ein Erfolg“, meinte er. Dagegen warnte Sabine Daude von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf davor, die Zielmarke „herunterzuschrauben“. Dies wäre schädlich für die Motivation von Verbraucher*innen und Landwirt*innen. Letztere würden dann Investitionsentscheidungen infrage stellen, weil sie an der Verlässlichkeit der Politik zweifelten.

In mehreren Beiträgen wurde von den Menschen eine höhere Bereitschaft zum Kauf von Biolebensmitteln gefordert. Daude sagte, diese müssten bereit sein, rund 20 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel auszugeben. Das würde dem Absatz von Bioprodukten einen großen Schub geben. In diesem Zusammenhang warnte die Landwirtin Mayer davor, Billig-Bioprodukte in Discountern zu forcieren. Davon hätten die meisten regionalen Ökobetriebe nichts. Spiller ging davon aus, dass die gegenwärtige Absatzschwäche bei Bioprodukten nicht lange anhalten werde. Die Nachfrage habe sich in der Vergangenheit nach Absatzdellen stets wieder erholt. „Da muss man ein bisschen die Nerven bewahren“, meinte er. (Jürgen Umlauft)
 

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