Landtag

Der Polizeiberuf ist gefährlicher als andere Beamtentätigkeiten. (Foto: dpa/Soeder)

14.10.2021

Corona-Erkrankung ist kein Dienstunfall

Die SPD scheitert mit einer Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes

Die SPD-Landtagsfraktion forderte im Ausschuss öffentlicher Dienst, Corona-Erkrankungen einfacher als Dienstunfall anerkennen zu lassen. Dazu wollte sie das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz um eine spezielle Vorschrift ergänzen. „Allein bis Juni 2021 sind zum Beispiel über 2000 Polizistinnen und Polizisten an Corona erkrankt“, unterstrich der SPD-Abgeordnete Arif Tasdelen. 79 davon hätten einen Antrag auf Anerkennung als Dienstunfall beziehungsweise Diensterkrankungen gestellt. „Bisher wurden alle Anträge abgelehnt.“ Aktuell müssen Beamt*innen beweisen, dass sie sich während des Dienstes und nicht im privaten Umfeld mit Corona infiziert haben. „Das ist nahezu unmöglich“, betont Tasdelen. Er fordert daher eine Beweislastumkehr. Zukünftig solle also der Dienstherr beweisen, dass die Infektion nicht während der Dienstzeit entstanden ist. 

Alfred Grob (CSU) zweifelte an der Zahl der infizierten Personen bei der Polizei. „Bis 1. Oktober wurden beim Landesamt für Finanzen 157 Anträge auf Dienstunfall gestellt“, erklärte er. Davon 16 wegen einer Berufskrankheit und 141 wegen einer Dienstunfallvorsorge. Grob betonte, dass ein Dienstunfall ein „auf einer äußeren Einwirkung beruhendes, plötzlich eintretendes Ereignis ist, das örtlich und zeitlich bestimmbar sein und einen Körperschaden infolge des Dienstes nach sich ziehen muss“. Das trifft laut Grob auf keinen der 94 Fälle aus dem Polizeibereich zu. Eine Infektion beim Dienstsport, beim Gespräch in der Dienststelle oder bei der Streifenfahrt sei entsprechend kein Dienstunfall. Die CSU sprach sich stattdessen für eine kritische Einzelfallprüfung aus. 

Eine Corona-Infektion beim Dienstsport, beim Gespräch in der Dienststelle oder bei einer Streifenfahrt wird nicht als Dienstunfall anerkannt

Anna Schwamberger (Grüne) sah viele ungeklärte Fragen im Gesetzentwurf. Beispielsweise, was mit den Tarifbeschäftigten passiert, die bei einer Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes leer ausgingen. Oder für welchen Zeitraum eine Beweislastumkehr gelten soll, wo sich die Menschen jetzt impfen lassen können. „Grundsätzlich kann ich Polizistinnen und Polizisten, die sich veräppelt vorkommen, aber schon verstehen“, sagte Schwamberger. Sie forderte daher, die abgelehnten Anträge noch mal wohlwollend zu prüfen. 

Uli Henkel (AfD) sah noch eine weitere ungeklärte Frage: „Was, wenn sich jemand nicht impfen lässt und an Corona erkrankt? Bekommt der dann Unterstützung oder nicht?“ Seiner Meinung nach würde durch die Gesetzesänderung ein „zu großes Fass“ aufgemacht. Außerdem sei eine Beweislastumkehr für Juristen „fast unerträglich: Das widerspricht unserem Rechtsempfinden.“ Henkel warb ebenfalls für eine wohlwollende Prüfung. 

Problematisch für Gerald Pittner (Freie Wähler) war die Rückwirkung im Gesetzentwurf auf den 1. Januar 2020. „Zu diesem Zeitpunkt sind die Gefahren von Corona noch nicht absehbar gewesen“, sagte er. Außerdem sei das Gesetz eine Einzelfallregelung für Corona, obwohl andere Infektionskrankheiten mindestens genauso gefährlich seien. Pittner sprach sich dafür aus, es nur den Vollzugsbeamten mit speziellen Aufgaben mit erhöhten Gefahren einfacher zu machen. „Das kann man im Einzelfall lösen und da können wir schon etwas großzügiger sein.“

Helmut Kaltenhauser (FDP) kritisierte die Kriterien für einen Dienstunfall. „In dieser Form können sie Betroffene niemals bei einer Corona-Infektion anwenden.“ Auch der von der CSU vorgebrachte Vergleich mit HIV hinke, weil sich damit niemand im Vorbeigehen infiziere. Die Zahlen sprechen laut Kaltenhauser dafür, dass es bei der Polizei eine erhöhte Infektionsgefahr gegenüber anderen Berufsgruppen gibt. Aber auch ihm täte die Beweislastumkehr in der Seele weh. Andere Bundesländer hätten eine Regelung über den Verordnungsweg hinbekommen.

Der SPD-Abgeordnete Tasdelen war nach der Aussprache verärgert. „Natürlich könnten wir Menschen mit Wohlwollen und warmer Luft helfen“, sagte er sarkastisch. Ein Gesetz halte er aber für die bessere Lösung. Die anderen Fraktionen sahen das nicht so, Grüne und FDP enthielten sich bei der Abstimmung, CSU, Freie Wähler und AfD stimmten dagegen. (David Lohmann)

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