Landtag

Die Sicherheitsbehörden haben in Bayern besonders weitgehende Rechte. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

26.02.2021

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Landtags-Plenum: Entschärfung des Polizeiaufgabengesetzes geht Opposition nicht weit genug – FW und CSU sind dagegen zufrieden mit dem Kompromiss

Die Staatsregierung hat ihren mit den Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern abgestimmten Entwurf zur Entschärfung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in den Landtag eingebracht. Er folgt weitgehend den Empfehlungen der unabhängigen PAG-Kommission, die nach massiven Bürgerprotesten gegen das 2018 verabschiedete Gesetz einberufen worden war. Die Novelle stärkt den Datenschutz und die Rechte der Bürger*innen bei Präventiveinsätzen der Polizei durch neue Beschwerdemöglichkeiten und sorgt an mehreren Stellen für mehr Rechtsklarheit. Die Opposition begrüßte den Reformwillen der Koalition, mahnte aber weitere Änderungen an.

Klar geregelt wird mit der Überarbeitung, dass die Polizei bei drohender Gefahr einer Straftat vorbeugend nur mehr dann mit Telefonüberwachung oder Gewahrsamnahme eines möglichen Gefährders eingreifen darf, wenn es um Leib und Leben geht. Es werde klargestellt, dass die konkrete Gefahr der Hauptanwendungsfall für die Polizei bleiben soll, erläuterte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Zugleich würden die „bedeutenden Rechtsgüter“ präzisiert und eingeschränkt, deren Vorliegen Voraussetzung für präventives polizeiliches Eingreifen sei.

Body-Cams in Wohnungen unter Richtervorbehalt gestellt

Weiter führte Herrmann aus, dass zahlreiche Befugnisse wie DNA-Untersuchungen und die Nutzung der Aufzeichnung von Body-Cams in Wohnungen unter Richtervorbehalt gestellt würden. Außerdem werde die bislang theoretisch unbegrenzte Möglichkeit der vorsorglichen Gewahrsamnahme auf maximal zwei Monate beschränkt. Mit der Novelle werde das Gesetz transparenter und verständlicher, gleichzeitig werde das hohe Schutzniveau aufrechterhalten, fasste Herrmann zusammen.

Die Novelle bedeute eine „teilweise Abkehr von der dunklen Seite der Macht“, urteilte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Sie lobte die Verkürzung der Präventivhaft, kritisierte aber, dass umstrittene Regelungen wie das vorbeugende Auslesen von Datenträgern erlaubt blieben. Dass die Koalition am „schwammig formulierten“ Begriff der drohenden Gefahr festhalte, nannte sie das „zentrale Übel“ des Gesetzes. Sie warnte vor einer „Vernachrichtendienstlichung“ der Polizei. Aus diesem Grund wolle ihre Partei ihre Verfassungsklage nicht zurückziehen.

SPD-Fraktionschef Horst Arnold forderte, das Einschreiten der Polizei bei drohender Gefahr sollte auf die Terrorabwehr beschränkt bleiben. Für alle anderen Fälle müssten konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat Voraussetzung bleiben. Insgesamt biete der Entwurf der Koalition nur „halbherzige Verbesserungen“.

AfD warnt vor „Wegsperren unliebsamer Bürger“

Anne Cyron (AfD) bemängelte, dass die Befugnisse der Polizei bis hin zum „Wegsperren unliebsamer Bürger“ ausgeweitet würden. Die angekündigten Nachbesserungen seien begrüßenswert, würden das PAG aber im Sinne der Bürgerrechte nicht ausreichend entschärfen. Für die FDP räumt die Novelle die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht aus. Zudem stünden im Gesetz noch immer zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe, was die Anwendung für die Polizei „nicht alltagstauglich“ mache, erklärte Alexander Muthmann (FDP). Die Oppositionsfraktionen kündigten für die weitere parlamentarische Beratung mehrere Änderungsanträge an.

Der CSU-Abgeordnete Manfred Ländner warf den Grünen vor, sie betrieben mit ihren Behauptungen eine „Verunsicherung der Bürger“. Diese würden den Begriff der „drohenden Gefahr“ bewusst fehlinterpretieren. Auch sah Ländner keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes. In seiner überarbeiteten Fassung sei das PAG „gut, angemessen und hilft der polizeilichen Arbeit im Alltag“, sagte Ländner. Man habe an einigen Stellen „nachjustiert“, um die Akzeptanz der Regelungen in der Bevölkerung zu erhöhen.

Erfreut zeigte sich Wolfgang Hauber (FW) über die Vorlage. Damit würden die von den Freien Wählern im Koalitionsvertrag mit der CSU vereinbarten und von der PAG-Kommission bestätigten Änderungen umgesetzt. Konkret nannte er die zusätzlichen Richtervorbehalte und die klare Abgrenzung zwischen drohender und konkreter Gefahr. Die Novelle sei damit geeignet, die „Gemüter zu beruhigen“. Die FW hätten sich bereits 2018 als Oppositionsfraktion für eine Entschärfung des PAG starkgemacht, so Hauber. „Daher freuen wir uns sehr, dass wir dieses Ziel nun in Regierungsverantwortung durchgesetzt und das PAG auf Grundlage einer fundierten Expertenempfehlung deutlich nachgebessert haben.“ (Jürgen Umlauft)

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