Landtag

Klaus Holetschek. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

05.03.2021

Der Praktiker

Im Porträt: Klaus Holetschek (CSU), bayerischer Gesundheitsminister

Ein Macher: Das Etikett klebt an Klaus Holetschek, seit bekannt ist, dass Markus Söder ihn so sieht. Und dass er den 55-jährigen Juristen deshalb zum Gesundheitsminister befördert hat. Anfang Januar war das, nachdem mit Blick auf Corona ziemlich viel schiefgelaufen war im bayerischen Gesundheitsministerium. Und die Öffentlichkeit sowie Ministerpräsident Söder zunehmend genervt waren von der zögerlichen Ressortchefin Melanie Huml, die eher als Verwalterin der Pandemie denn als Problemlöserin wirkte. Wegen Humls diverser Patzer war der vormalige Baustaatssekretär Holetschek der Ministerin bereits im August 2020 als Staatssekretär zur Seite gestellt worden – bis er sie dann ablöste.

Tatsächlich verheißt der Begriff Macher nicht nur Gutes. Es schwingt auch der Gschaftlhuberaspekt mit, das Großsprecherische, der Hang zum Aktionismus. Klaus Holetschek verkörpert nichts von alledem. Weshalb ihn sogar die Opposition schätzt – wenngleich auch ihm angelastet wird, dass in puncto Impfen und Testen noch vieles im Argen liegt.

Holetschek kommt aus der Kommunalpolitik, war elf Jahre lang Bürgermeister im schwäbischen Bad Wörishofen. Das, sagt er, „hat mich geprägt“. Als Bürgermeister habe er gelernt, pragmatisch zu sein, lösungsorientiert und kompromissbereit. Natürlich sei das Gespräch wichtig, das Zuhören und Abwägen. Doch irgendwann müsse man dann wissen, wohin es gehen soll. „Ich entscheide schnell“, sagt er, „und nehme in Kauf, auch mal Fehler zu machen.“ Zwar sieht er sich als Teamplayer, doch in jedem Team „muss einer die Richtung vorgeben“, betont Holetschek.

Söders Dominanz ist schon manchmal ein Problem für den Minister

Im Gesundheitsministerium ist er das. Doch die große Corona-Linie bestimmt nach wie vor Markus Söder – der in der CSU zunehmend Probleme kriegt mit seinem rigiden Kurs der Umsicht und Vorsicht. Ob Holetschek gern mal weiter gehen würde als sein strenger Chef, ist zwar nicht bekannt. Doch einer, der beide gut kennt, erklärt, dass Söders Dominanz „natürlich ein Problem“ sei für den Gesundheitsminister. Unkonventionelle Forderungen zur Corona-Pandemie, also solche, die konträr zur offiziellen Linie sind, bekommt man von Holetschek deshalb nicht zu hören.

Söder und Holetschek kennen sich lange. Als Söder Vorsitzender der Jungen Union (JU) war, fungierte der zwei Jahre jüngere Holetschek als Unterallgäuer JU-Kreisvorsitzender. Beide sind sie Juristen, trinken gern Cola Zero und sind darauf fixiert, Probleme zu lösen statt sie nur zu beschreiben. Doch damit sind die Gemeinsamkeiten weitgehend erschöpft. Söders Macht-Gen fehlt Holetschek ebenso wie dessen Hang zum Rampenlicht und zur schnellen Schlagzeile.

Politisch trennten sich ihre Wege zunächst: Während Söder 1994 in den Landtag einzog, kandidierte Holetschek für den Bundestag, dem er von 1998 bis 2002 angehörte – bis er zum Bürgermeister gewählt wurde. Auch Landrat wäre er gern geworden, unterlag im Jahr 2006 allerdings dem Kandidaten der Freien Wähler. Seine Rückkehr aus dem Bundestag begründet er mit dem Wunsch, mehr Zeit für die Familie zu haben. Holetschek ist verheiratet und hat zwei inzwischen erwachsene Kinder.

Ab 2013 dann gehörte Holetschek dem Bayerischen Landtag an – zunächst als einfacher Abgeordneter, ab 2018 übernahm er das neu geschaffene Amt des Bürgerbeauftragten der Staatsregierung. Eine schöne Zeit sei das gewesen, entsinnt sich Holetschek. Als Erinnerung prangt noch immer ein blaues Schild mit der Aufschrift „Bürgerbeauftragter“ in seinem ansonsten sehr aufgeräumten Ministerbüro am Münchner Haidenauplatz.

Um Schluss zu machen mit dem Rauchen, brauchte er mehrere Anläufe

Bürgerbeauftragter: Laut Stellenbeschreibung soll der Amtsinhaber Menschen unterstützen, die Probleme mit Behörden haben. Holetschek sagt, als Bürgerbeauftragter sei ihm erst aufgegangen, wie wichtig es sei, die Verzweifelten erst mal anzuhören – statt immer gleich Ratschläge zu erteilen. „Die Leute waren oft ganz überrascht davon, dass ihnen mal einer zuhört, dass sie ausreden dürfen, dass man sie nicht unterbricht“, erzählt Holetschek.

Verständlich – redselige Ich-Ich-Ich-Politiker sind so omnipräsent wie gefürchtet. Ebenso wie jene, die viel versprechen und wenig halten. Auch von diesen will sich Holetschek unterscheiden. „Wir neigen dazu, zu sagen, wir haben für alles schon die Lösung“, sagt er. Doch die Wahrheit sei, dass es eben nicht für alles eine Lösung gebe.

Geprägt hat ihn auch ein Säulenheiliger der Naturheilkunde: Pfarrer Sebastian Kneipp. Holetschek lernte die Lehren des legendären Wasserdoktors während seiner Zeit als Bürgermeister in Bad Wörishofen kennen. „Für mich war Kneipp ein Visionär“, schwärmt Holetschek. Ihn hat beeindruckt, welche Bedeutung Kneipp bereits im 19. Jahrhundert der ganzheitlichen Medizin zumaß – also der Erkenntnis, dass der Mensch in Balance sein muss, um gesund zu sein. Und dass dazu neben Wassertreten, Bewegung und guter Ernährung eben auch die seelische Gesundheit zählt. Der aktuelle Hype um Achtsamkeit und Resilienz – die seelische Widerstandskraft: Der CSU-Politiker sieht das bereits angelegt in Kneipps Schriften.

Holetscheks Empfänglichkeit für Naturheilkunde hat ihm auch schon Kritik eingetragen. Im vergangenen Jahr führte sein Plan, Schulmedizin und Naturheilkunde, auch Homöopathie, besser zu verzahnen, zu einem Aufschrei. Während seiner Zeit als Gesundheitsstaatssekretär hatte der CSU-Politiker zudem vorgeschlagen, an einer bayerischen Uni einen Lehrstuhl für integrative Medizin zu etablieren. Unerhört, befanden einige Wutmenschen und warfen Holetschek vor, der „Pseudomedizin“ zu viel Bedeutung einzuräumen. Ob er den Lehrstuhl immer noch fordert? Im Moment gebe es mit Corona andere Prioritäten, sagt Holetschek. Und außerdem sei er dafür gar nicht zuständig. Sondern der Wissenschaftsminister. Aber grundsätzlich: Ja, das könne schon sinnvoll sein. Ein leidenschaftliches Plädoyer ist das nicht gerade.

Er selbst ist noch immer überzeugter Kneipp-Gänger und versucht auch sonst, einigermaßen gesundheitsbewusst zu leben. Zum Beispiel regelmäßig zu joggen – auch wenn er inzwischen keine Marathons mehr läuft. Seine größte Heldentat: mit dem Rauchen aufzuhören. Geschafft hat er das bereits vor zehn Jahren, nach mehreren vergeblichen Versuchen. „Es war immens schwer“, gesteht Holetschek, der täglich mindestens eine Schachtel Zigaretten gequalmt hatte – über Jahre.

Holetscheks großes Wunschziel, abgesehen vom Bändigen der Pandemie: die Situation in der Pflege verbessern. Mit Blick auf Bezahlung, Altersversorgung und Arbeitsbedingungen. Hier müsse dringend etwas geschehen, sagt er. Und dass es da „keine Denkverbote“ geben dürfe. Klingt gut. Und bestimmt wissen Macher, dass schöne Ideen auch hier leider nicht reichen. (Waltraud Taschner)

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