Landtag

Gerd Mannes (AfD). (Foto: privat)

25.02.2022

Der Projektmanager

Im Porträt: Gerd Mannes, wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD

Eines dürften mittlerweile alle im Landtag über Gerd Mannes wissen: Der 52-jährige AfD-Abgeordnete ist Ingenieur mit 30 Jahren Berufserfahrung und hat fünf Kinder. Denn der Schwabe aus Leipheim im Landkreis Günzburg lässt selbst in Plenardebatten selten eine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen. „Es gibt dieses Bild von dem einfältigen und tumben AfD-Abgeordneten – ein Framing, das mich unglaublich stört“, sagt Mannes. Dagegen scheint er anzukämpfen.

Mannes ist Fraktionsvize und zählt zu den gemäßigten Köpfen innerhalb der AfD. „Ich versuche Sachpolitik zu machen“, sagt er und betont: „Ich bin kein Freund von radikalen Parolen.“ Tatsächlich hat Mannes, zuständig in seiner Fraktion für Wirtschaft, Energie und Digitalisierung, im Gegensatz zu Parteikolleg*innen noch zu keinem größeren Eklat im Landtag beigetragen. Aber sein Ton hat sich in den Plenarreden zuletzt verschärft. Etwa, wenn er Abgeordnete anderer Fraktionen als „Berufspolitiker mit teilweise zweifelhafter Gesinnung“ bezeichnet oder klagt: „Die Kartellparteien radikalisieren sich zunehmend.“ Mannes wollte Anfang Februar in den Parlamentarischen Kontrollausschuss gewählt werden, wurde es aber nicht. Auch einen Landtagsvizepräsidenten stellt die AfD bis heute nicht. Ob das politisch klug ist, darüber ließe sich streiten. Schließlich gibt es der AfD die Möglichkeit, sich als ausgegrenzte Minderheit zu präsentieren.

Mannes beherrscht die Inszenierung der Opferrolle aus dem Effeff. „Was ich mir alles an Unverschämtheiten anhören muss“, empört er sich. „Wir werden als Nazis, Demokratiefeinde und sogar als Blinddarm bezeichnet.“ Die Frage war allerdings, was er von Begriffen wie Umvolkung hält, die im Landtag von AfD-Abgeordneten schon gefallen sind. „Was die Leute damit meinen, müssen Sie sie selber fragen“, sagt er schließlich. Eine Abgrenzung zu rechtspopulistischen Umtrieben in der Partei ist das nicht.

30 Jahre Berufserfahrung als Ingenieur: Mannes betont das gerne

Der Blinddarm-Ausspruch kam von Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler. Die Partei sei für die Demokratie so überflüssig wie der Appendix für den menschlichen Körper, stellte er kürzlich in einem Interview fest. Eine untragbare Entgleisung, wie Mannes meint? „Wer dauerhaft und widerspruchslos mit Rechtspopulisten paktiert, darf sich nicht wundern, mit ihnen assoziiert zu werden“, erklärt Mehring auf Nachfrage.

Unter Abgeordneten im Wirtschaftsausschuss, in dem Mannes sitzt, hört man auch moderatere Töne. „Ich habe ihn durchaus als menschlich sympathischen und fachlich versierten Landtagskollegen kennengelernt“, sagt etwa FDP-Mann Albert Duin. Doch er schränkt ein: Ideen und Anträge von Mannes, die er mitunter im Ansatz schätze, seien „leider nie ideologiefrei durchgedacht und formuliert“ – und gespickt mit „provokantem zweideutigem Vokabular“.

Mannes ist gegen den Atomausstieg, das Ende der Verbrenner und eine überbordende Bürokratie in der Wirtschaftspolitik. Er fordert statt Verboten Technologieoffenheit, nennt als Beispiele synthetische Kraftstoffe und Gas. Spricht der Schwabe über seine politischen Ziele, fallen immer wieder Worte wie Angstmacherei, CO2-Ideologie und Propagandalügen. „Politiker sind ja per se inkompetent“, sagt er auch. Das habe er festgestellt, als er vor Jahren durch seine Arbeit für Industrieverbände zum ersten Mal mit der EU-Bürokratie in Kontakt gekommen sei. Damals stand die Aerosol-Herstellung in Europa auf der Kippe, da gesetzliche Vorschriften geplant waren, die die Industrie so nicht hätte umsetzen können, erklärt Mannes. „Aber woher sollen Politiker auch wissen, wie man Aerosole herstellt?“

Er weiß es natürlich. 30 Jahre Berufserfahrung eben, wie Mannes so gern betont. Auch um sich von den „Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal“-Karrieren von Politiker*innen anderer Parteien abzugrenzen. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser folgten Studienabschlüsse an der TU München als Diplom-Ingenieur Maschinenbau und als Diplôme d’ingénieur an der École Centrale Paris, für die Mannes ein Stipendium hatte. „Ausgezeichnete Leute sind an so einer Elite-Uni“, schwärmt er noch heute. „Bei uns an der TU ist ja Massenware.“

Der Kampf gegen Flutpolder brachte ihn in die Politik

Unter anderem nach Frankreich führte Mannes auch sein beruflicher Weg. Er arbeitete für die Kosmetikkonzerne L’Oréal und Wella, bevor er in die Chemiebranche wechselte. Internationale Projekte führten Mannes in Länder auf der ganzen Welt. Nach Russland, Brasilien und Afrika zum Beispiel.

„Auf Dauer war das aber stressig“, sagt Mannes. Außerdem wollte er Familie – „mit der Hin- und Herzieherei schwierig“, betont er. Also zog er zurück nach Leipheim, wo er auf einem Bauernhof aufgewachsen ist. Mannes machte sich als Berater selbstständig, heiratete zum zweiten Mal, und seine Frau bekam fünf Kinder. „Ich bin ein konservativer Mensch, Familie ist wichtig“, betont Mannes. Mehr aus dem Privatleben verrät er nicht. Auch nicht das Alter der Kinder.

AfD-affin sei er schon länger gewesen, sagt Mannes. Auch weil die CSU ihre konservativen Positionen aufgegeben habe. In die Politik „reingerutscht“ sei er durch den Kampf gegen ein Hochwasserrückhaltebecken, er war Sprecher der Interessenvertretung „Kein Flutpolder in Leipheim“. 2016 trat Mannes in die AfD ein, wurde 2017 gleich Parteivize. Zuständig ist er für IT und Mitgliederverwaltung, die er aufgebaut hat. Die Professionalisierung der noch jungen Partei mitvoranzubringen nennt Mannes eine „Ehre“.

Projektarbeit – das ist es, was Mannes Spaß macht. Früher war es die Planung einer neuen Fabrik oder die Zusammenlegung von Produktionen. Heute ist es die AfD.
(Angelika Kahl)

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