Landtag

Frauenförderung: Hier hat der Landtag unter der Ägide von Barbara Stamm sämtliche Ministerien abgehängt. (Foto: dpa)

24.10.2014

Die Gestaltungspräsidentin

Landtagspräsidentin Barbara Stamm wird 70 Jahre alt: Trotz des runden Geburtstags soll’s im Landtag nur eine kleine Feier geben

Ein/e Landtagspräsident/in hat keine politischen Gestaltungsmöglichkeiten? Von wegen. Seit ihrem Amtsantritt vor sechs Jahren hat Landtagspräsidentin Barbara Stamm vor allem im Bereich Frauenförderung Fakten geschaffen, um die sie jedes Ministerium beneiden kann, sie hat eine vorbildliche Kinderbetreuung im Landtag etabliert und ein bundesweit beachtetes Sportangebot eingeführt. Kommende Woche wird Stamm 70 Jahre alt.

Als Barbara Stamm (CSU) im Jahr 2008 zur Parlamentspräsidentin avancierte, gab es im Landtagsamt: fast nur männliche Topbeamte, keine Kinderbetreuung und jede Menge Beharrungsvermögen. Jetzt, sechs Jahre später, hat der Landtag sämtliche Ministerien des Freistaats bei der Frauenförderung abgehängt und den Anteil der Topbeamtinnen von 7 Prozent im Jahr 2009 auf nunmehr 35 Prozent gesteigert. Pro-Forma-Bekenntnisse zur Frauenförderung, sagt Stamm, habe sie in ihrem Leben genug gehört. „Was man fordert, ist das eine“, konstatiert die Unterfränkin, „das andere ist, was man tut.“ Und da kann sich Stamms Bilanz der vergangenen Jahre sehen lassen.

2009 eröffnete der bayerische Landtag die damals erste und noch immer einzige Landtags-Kinderkrippe. Sie steht Mitarbeitern, Abgeordneten und Landtagsjournalisten offen. Im kommenden Jahr wird sie zu einem Kinderhaus umgestaltet, in dem auch Zwergerl betreut werden, die älter als drei Jahre sind. „Darauf freue ich mich richtig“, frohlockt die einstige Sozialministerin, die sich noch gut an ihre eigene Zeit als junge Abgeordneten-Mutter erinnert: Als sie 1976 in den Landtag gewählt wurde, entsinnt sich die gelernte Erzieherin, gab es für Frauen, die politisch aktiv und Mutter waren, schiefe Blicke und jedenfalls keinerlei Hilfen vom Landtag bei der Nachwuchs-Betreuung. „Ich will den heutigen Müttern ermöglichen, was ich damals nicht haben konnte“, sagt Stamm heute.

Im Jahr 2012 sorgte sie dafür, dass im Landtag ein weiteres bundesweit singuläres Projekt realisiert wurde: Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements erhielt das Maximilianeum einen Fitness- und Saunabereich, zwei Jahre später wurde das Sportangebot noch einmal um allerlei Kursangebote wie Zumba oder Pilates erweitert. Stamm selbst zählt noch nicht zu den Stammgästen dort, hat aber gute Vorsätze: „Ich hab’s mir vorgenommen“, erklärt die gelegentlich von Rückenschmerzen geplagte Präsidentin.

Bloß keine Reden: Stamm will eine bescheidene Feier

Mit Stamms Unterstützung wird ab dem kommenden Jahr außerdem die Zuarbeit der Abgeordneten verbessert: Die Parlamentarier erhalten dann Mittel für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter in Vollzeit – bisher gab es nur eine Zweidrittelstelle. Die Bedeutung des Landtags, die Arbeitsbedingungen der Parlamentarier lagen Stamm immer am Herzen. Wie alle Landtagspräsidenten kämpft sie gegen den Ansehensverlust der Parlamente und dafür, der – auch personellen – Übermacht der Ministerien ein schlagkräftiges Parlament gegenüberzustellen. Umso heftiger traf die Präsidentin die Verwandtenaffäre, die 2013 zu ihrem annus horribilis geraten ließ: Die leidige Übergangsregelung aus dem Jahr 2000, die es Abgeordneten ermöglichte, Angehörige jahrelang auf Steuerzahlerkosten in ihren Büros zu beschäftigen, hatte Stamm zwar nicht zu verantworten, aber auszubaden. Der Fall schlug bundesweit hohe Wellen. Inzwischen ist das Ganze Geschichte; einstimmig hat sich der Landtag vor der Sommerpause Regeln verordnet, welche die Beschäftigung Verwandter untersagen. Parlament und Präsidentin atmeten auf.

Ihren 70. Geburtstag am kommenden Mittwoch kann Barbara Stamm also stressfrei feiern. Nicht mal eine Sitzungsleitung im Landtag steht an – der 29. Oktober fällt in eine sitzungsfreie Woche. Privat wird sie mit der Familie feiern – den drei Kindern und den sieben Enkeln, von denen fünf extra aus Berlin anreisen. Nach gesundheitlichen Turbulenzen wünscht sich Stamm vor allem Gesundheit: „Damit ich meine Aufgabe noch bestmöglich meistern und dafür sorgen kann, dass das Ansehen des Parlaments wieder wächst.“

Im Landtag wird die Woche drauf gefeiert. Stamm will die Runde klein halten, was mit Blick auf 180 Abgeordnete, 223 Mitarbeiter und zahlreiche Landtagsjournalisten schwer werden dürfte. Ebenso wie ihre andere Vorgabe: „Keine Reden!“ Ob sich der Ministerpräsident, die Fraktionschefs und die Landtagsvizepräsidenten dran halten? Es wäre der erste redenfreie Geburtstagsempfang im Maximilianeum. Aber nicht die erste Neuerung, mit der die Landtagspräsidentin Stamm für Aufsehen sorgt. (Waltraud Taschner)

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