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Viele Lehrerverbände befürworten die neue Option, diverse Fachleute halten Distanzunterricht für ein Desaster. (Foto: dpa/Guido Kirchner)

04.02.2022

Die Rückkehr des Distanzunterrichts

Ab einer Infektionsquote von 50 Prozent in Klassen droht wieder Homeschooling

Auf der einen Seite klagen Schulen über die vielen kultusministeriellen Schreiben mit konkreten Anweisungen, auf der anderen Seite werden immer wieder klarere Vorgaben gewünscht. Kultusminister Michael Piazolo (FW) gab im Bildungsausschuss Auskunft über die aktuellen Regelungen.

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) hat den Bildungsausschuss über die aktualisierten Quarantäneregeln an den Schulen sowie neue Vorgaben für den Übergang in den Distanzunterricht informiert. Demnach wird eine Klasse künftig für fünf Tagen nach Hause geschickt, wenn mindestens die Hälfte der Schüler*innen positiv auf das Virus getestet ist. Quarantänefälle werden dabei nicht eingerechnet. Ein Zurücktesten in den Präsenzunterricht ist nach dem fünften Tag möglich. Insgesamt bleibe es aber trotz der aktuell hohen Infektionszahlen beim Vorrang für den Präsenzunterricht, betonte Piazolo. Möglich mache dies das enge Sicherheitsnetz aus Tests, Impfungen und Hygienevorschriften an den Schulen.

In Bezug auf den Übergang in den Distanzunterricht sprach Piazolo von einer „Soll-Bestimmung“. Die Infektionsquote von 50 Prozent sei ein Richtwert für die Schulleitungen, der je nach Lage in der einzelnen Schule flexibel ausgelegt werden könne. Grundsätzlich gelte, dass sich positiv getestete Schüler*innen unverzüglich in Isolation begeben müssten. Alle anderen verblieben in Präsenz in der Klasse, die Testintervalle würden aber verkürzt. Ob die übrige Klasse in Quarantäne geschickt werden müsse, entscheide allein das zuständige Gesundheitsamt, stellte Piazolo unter Verweis auf die Rechtslage klar. Anders als bisher spiele dabei das Vorhandensein eines Luftreinigers im Klassenzimmer keine entscheidende Rolle mehr. Wegen der aktuellen Überlastung der Gesundheitsämter werde es vorerst keine individuellen Einzelfallanordnungen für eine Quarantäne geben.

Nach Angaben Piazolos arbeiten in Bayern derzeit mehr als 90 Prozent aller Schulen in voller Präsenz. In 9 Prozent der Schulen seien einzelne Klassen im Homeschooling. Konkret könnten momentan rund 3 Prozent aller Schüler*innen wegen eines positiven Corona-Tests nicht am Präsenz-unterricht teilnehmen, eine ähnlich große Zahl befinde sich in Quarantäne. Beide Werte würden aber analog zur stark steigenden Gesamtinzidenz in Bayern tendenziell leicht nach oben gehen. Ergänzend teilte ein Vertreter des Kultusministeriums dem Ausschuss mit, dass gegenwärtig im Durchschnitt 7 Prozent der PCR-Pooltests an den Grund- und Förderschulen positiv seien.

Piazolo thematisierte zudem nach zwei Jahren Corona die „hohe Belastung für alle, die mit Schule zu tun haben“. Er registriere zum Teil eine „unglaubliche Aufgeregtheit“, die auch zu einer überhöhten Erwartungshaltung an die Schulen und damit zu zusätzlichen Herausforderungen für Schulleitungen und Lehrkräfte führte. Diese müssten oft Aufgaben und Beratungsleistungen der Gesundheitsämter übernehmen, die eigentlich nicht in ihren Zuständigkeitsbereich gehörten und „nichts mit dem normalen Unterrichthalten“ zu tun hätten. „Das ist eine Megaleistung der gesamten Schulgemeinschaft“, sagte Piazolo.

Piazolo räumte "Engpässe" in bestimmten Bereichen ein

Trotz aller Probleme und Herausforderungen ist nach den Worten Piazolos die bedarfsgerechte Unterrichtsversorgung gesichert. Er räumte allerdings auch „Engpässe in bestimmten Bereichen“ ein. Zum Schuljahresbeginn hätten alle Lehrerstellen besetzt werden können. Bewährt habe sich auch das Modell der „Teamlehrkräfte“, die unter der Anleitung von Lehrerinnen, die wegen einer Schwangerschaft coronabedingt nicht in die Schulen dürften, oder von Lehrkräften in Quarantäne den Präsenzunterricht abdecken würden. Bei allem Wunsch nach Klarheit an den Schulen betonte Piazolo, dass man wegen Corona weiter auf Sicht fahren müsse. Neue Virusmutanten oder wissenschaftliche Erkenntnisse machten immer wieder ein Nachsteuern bei den Maßnahmen erforderlich.

In der Aussprache zu Piazolos Bericht erklärte Gabriele Triebel (Grüne), dass das Auf-Sicht-Fahren bei allem Verständnis für die herausfordernde Lage auch eine Richtung haben müsse. Diese sei in den Vorgaben des Kultusministeriums an die Schulen nicht immer erkennbar. Als Beispiel nannte sie die unpräzise Ankündigung Piazolos, Lehrkräfte sollten Leistungserhebungen „mit Augenmaß“ durchführen. Das gehe zulasten der Vergleichbarkeit von Leistungen. Markus Bayerbach (AfD) monierte, dass zunehmend Entscheidungen an die Schulleitungen delegiert würden. Diese würden damit regelrecht „zerrissen“ im Spannungsfeld sich oft widersprechender Elternerwartungen. Piazolo erklärte zu den Vorhalten, es sei schwer, es allen recht zu machen. Auf der einen Seite klagten die Schulen über die vielen kultusministeriellen Schreiben mit konkreten Anweisungen, auf der anderen Seite würden immer wieder klarere Vorgaben gewünscht.

Kritisch äußerten sich Anna Schwamberger (Grüne) und Matthias Fischbach (FDP) zur Einschätzung Piazolos, dass es keinen Lehrermangel gebe, sondern nur punktuell einen „erhöhten Lehrerbedarf“. Wenn allein im vergangenen Schuljahr 250 Klassen trotz Überschreiten der Höchstgrenze nicht geteilt worden seien, dann zeige das, dass der Lehrermangel nachweisbar sei, urteilte Fischbach. (Jürgen Umlauft)

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