Landtag

Julika Sandt im Rondell des Landtags. (Foto: loh)

03.05.2019

Die Spontane

Im Porträt: Julika Sandt, stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende

Elf Abgeordnete stellt die FDP im Landtag – zehn davon sind männlich. „Es ist schon ein Thema, dass ich die einzige Frau bin“, sagt Julika Sandt, Vizevorsitzende der FDP-Fraktion. Probleme entstünden ihr daraus zwar nicht, auch wenn sie diese Frage öfter gestellt bekomme. „Aber die Partei muss umdenken.“ Die 47-Jährige hat im März zumindest ein wenig dafür gesorgt: Beim Landesparteitag wurden wesentliche Punkte ihres Antrags aufgegriffen. Der wichtigste: Künftig muss bei Bundestags- sowie Landtagswahlen und freiwillig bei Kommunalwahlen auf dem ersten oder zweiten Platz eine Frau kandidieren. „Es ist mir nicht bekannt, dass andere Landesverbände bürgerlicher Parteien das auch haben“, sagt sie stolz. „Quote light“ möchte sie ihren Vorstoß aber nicht nennen – das passe nicht zum Leistungsgedanken der FDP.

Frauenförderung ist Sandt generell ein wichtiges Anliegen. „Frauen haben im Beruf oft mit spitzen Ellenbogen zu kämpfen“, sagt sie. Auch im Landtag gebe es viele chauvinistische Abgeordnete. Die ledige Abgeordnete weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig die Vereinbarkeit von Parteiarbeit und Privatleben ist – ihre Tochter ist fünf Jahre alt. Wenn die Kita um 17 Uhr schließt, braucht es für Abendtermine viel Improvisationstalent. Gemeinsam mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) und den frauenpolitischen Sprecherinnen der anderen Fraktionen kämpft sie für bessere Betreuungsmöglichkeiten. Und dafür, dass weibliche Abgeordnete wie in Baden-Württemberg künftig Elternzeit nehmen dürfen.

Geboren wurde Sandt 1971 im niedersächsischen Hildesheim. In jungen Jahren lebte sie in vielen verschiedenen Städten. Wie oft sie umgezogen ist, weiß sie gar nicht mehr. Ihren Magister in Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie absolvierte sie 1997 in München. Dann wurde sie Redakteurin in einer Wirtschaftsredaktion. „Wirtschaft und Finanzen sind nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts“, begründet sie den Schritt. Danach wechselte Sandt als Pressesprecherin zur Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns. Als Journalistin habe sie die Herausforderung gereizt, einmal die andere Seite des Schreibtischs kennenzulernen. Der neue Blickwinkel half ihr zumindest zu Beginn ihrer Politkarriere auch im Umgang mit den Medien.

In die FDP trat Sandt 2004 ein. Die damaligen rot-grünen Reformen im Gesundheitswesen nervten sie. Sie dachte: „Wenn ich wirklich was verändern und mich nicht nur ärgern will, geht das nur in einer Partei.“ Und die meisten Überschneidungen gab es mit den Liberalen. Politiker und Journalisten verbindet aus ihrer Sicht viel: Sie müssten regelmäßig in verschiedene Welten eintauchen. Die Parteiarbeit machte ihr von Anfang an Spaß. Sie konnte viele Ideen und Anträge einbringen, auch wenn es hin und wieder Niederlagen gab – „das gehört halt zu einer Demokratie dazu“. Ehrenamtlich übernahm sie die Öffentlichkeitsarbeit für die Partei. Als es 2005 plötzlich vorgezogene Bundestagswahlen gab, witterte sie ihre Chance.

Posten statt Anschiss

Die FDP musste in kurzer Zeit in jedem Wahlkreis einen Abgeordneten aufstellen. „Du musst deine Freizeit opfern, selbst das Geld für den Wahlkampf aufbringen und bekommst zum Schluss einen Anschiss, weil das Ergebnis zu schlecht ist“, warnte man sie damals. Doch Sandt konnte das Ergebnis der FDP im ihrem Bundestagswahlkreis auf zwölf Prozent verdoppeln. Anstatt eines Anschiss zu bekommen, wurde sie Landtagskandidatin und zog 2008 ins Maximilianeum ein. Es lief gut für Sandt: Weil die CSU einen Koalitionspartner brauchte, war ihre Fraktion gleich in Regierungsverantwortung. Doch dann endete ihre Abgeordnetenkarriere jäh, als die FDP 2013 an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Viele glauben, die FDP wurde von den Wählern für die Koalition abgestraft.

Hätte die FDP nach den damaligen Erfahrungen 2018 trotzdem wieder als Koalitionspartner bereitgestanden? Ja, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende. „Wir haben aus unseren Fehlern gelernt.“ Dieses Mal hätte sie dafür gesorgt, deutlich mehr liberale Punkte im Koalitionsvertrag zu setzen. Und hätte zu verhindern versucht, dass die CSU jeden Regierungserfolg als den ihren verkauft. Doch so weit kam es nicht, weil CSU und FDP keine Koalition gebildet haben. Die FDP musste im Vorfeld um den Einzug in den Landtag bangen. 5,4 Prozent waren es am Ende. Auch Sandt musste lange zittern, bis klar war, dass sie es in den Landtag geschafft hatte.

In der Opposition zu sein, hat für Sandt auch positive Seiten. Da es nur Fraktions- und keine Regierungs- oder Koalitionsmitglieder gebe, komme es bei Abstimmungen in dieser Legislaturperiode seltener zu Reibungspunkten. Das erleichtert Fraktionsvizin Sandt die Führung. Allerdings fällt es vor allem den älteren Abgeordneten nicht immer leicht, sich dem jungen Führungsduo unterzuordnen. Klar gebe es Altersunterschiede und viele Individualisten, räumt Sandt ein. Doch die Zusammenarbeit in der Fraktion funktioniere erstaunlich gut. „Im Zweifel wird abgestimmt.“

In der Regel antwortet Sandt spontan, ohne lange nachzudenken. Wenn es um die Arbeit der Staatsregierung geht, findet sie noch schneller deutliche Worte. CSU-Chef Markus Söder habe „Macho-Allüren“, Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger stünde etwas mehr Weltoffenheit an. Länger dauert es mit den Antworten, wenn es um ihre politische Arbeit geht. Nach der Denkpause scheint es dann, als würde sie eine vorgefertigte Rede zum Thema halten.

Ein Herzensanliegen ist der früheren Journalistin das Thema Medienkompetenz. Sie will das Verständnis in der Bevölkerung für Qualitätsjournalismus stärken, dazu beitragen, dass die Menschen Fake-News erkennen und Quellen richtig einschätzen lernen, rattert sie runter.

Im Landtag ist sie Mitglied im Sozialausschuss. Und kümmert sich dort vor allem um die Belange von Menschen mit Behinderung, etwa darum, diese schneller in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Innerhalb der Fraktion ist ihr der Teamgedanke wichtig, sie schätzt kontroverse Debatten. Weshalb sie am liebsten mit Kollegen diskutiert, „die ihren eigenen Kopf haben“. (David Lohmann)

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