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Viele Firmen sind nur zum Schein umgezogen, um von niedrigeren Gewerbesteuersätzen zu profitieren. (Foto: dpa/Stache)

06.05.2022

"Dreister Fall von Steuerdumping"

Steueroasen in Bayern: Grüne fordern mehr Kontrollen

Ist die Kleinstadt Grünwald bei München eine Gewerbesteueroase? Viele Unternehmen scheinen das so zu sehen. Nach Recherchen von NDR, WDR und SZ haben sich allein bei einem Dienstleister mehr als 300 Unternehmen angesiedelt. Er stellt für 350 Euro im Monat Briefkästen bereit und leitet auch Anrufe oder Post weiter. Der Grund für die hohe Nachfrage: In Grünwald müssen Unternehmen auf ihre Gewinne nicht einmal halb so viele Gewerbesteuern zahlen wie 500 Meter weiter in München. Insgesamt soll die Kleinstadt mittlerweile fast so viele Firmen wie Einwohner haben. Tim Pargent (Grüne) wollte daher von der Staatsregierung wissen, was sie gegen Steuerhinterziehung durch Scheinfirmensitze in Gewerbesteueroasen unternimmt.

Das Finanzministerium schreibt in seiner Antwort, die Wahl des geeigneten Unternehmensstandorts sei „Ausdruck der unternehmerischen Freiheit eines jeden einzelnen Gewerbetreibenden“. Entscheidende Faktoren seien die Infrastruktur, Marktbedingungen oder das Angebot an Fachkräften vor Ort. Nur weil ein Unternehmen den Firmensitz in Gemeinden mit einem niedrigen Steuersatz verlegt, sei das kein Verstoß gegen das Gewerbesteuergesetz (GewStG) oder die Abgabenordnung (AO).

Natürlich prüfen die Finanzämter aber laut Ministerium, ob der erklärte Firmensitz als Ort der Geschäftsleitung in Betracht kommt und eine Betriebsstätte begründet. Bestehen Zweifel, würden die Behörden die tatsächlichen Gegebenheiten ermitteln. „In diesem Zusammenhang finden auch Außenprüfungen mit Betriebsbesichtigungen und bei einem (Anfangs-)Verdacht einer verfolgbaren Steuerstraftat auch Steuerfahndungsprüfungen statt“, heißt es in der Antwort. Erkenntnisse über eine systematische Verlagerung, also „einer gemeinsam geplanten und ausgeführten Aktion einer Vielzahl von Steuersubjekten“, lägen aber nicht vor.

Da neben Grünwald auch Bad Wörishofen und Kemnath (Landkreis Tirschenreuth) im Verdacht stehen, Scheinfirmen zur Reduzierung der Gewerbesteuer anzulocken, fragte der Grüne Pargent nach, in wie vielen Fällen die Finanzämter der Firmenverlagerung nachgegangen sind. Das Finanzministerium schreibt, zwischen 2016 und 2021 sei in Grünwald 7848, in Bad Wörishofen 1194 und in Kemnath 332 Fällen nachgegangen worden.
„Aus durchgeführten Steuerfahndungsprüfungen liegen Erkenntnisse vor, wonach tatsächlich in München ansässige Unternehmen in einzelnen Fällen den Sitz von Gesellschaften mit hoher effektiver Gewerbesteuerbelastung gezielt und nur zum Schein in Gemeinden verlagern, deren Hebesätze deutlich niedriger sind“, räumt das Haus von Finanzminister Albert Füracker (CSU) ein.

Für Pargent handelt es sich bei den Gewerbesteueroasen um einen „dreisten Fall von Steuerdumping“. Er fordert von der Staatsregierung mehr Personal für den Fiskus, um Firmensitze künftig häufiger kontrollieren zu können.
(David Lohmann)

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