Die Pläne zur umstrittenen Krankenhausreform des Bundes werden nicht in der vorliegenden Form umgesetzt. „Die Reform wird so nicht kommen, und das ist gut so“, erklärte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) vor dem Gesundheitsausschuss. Das sei das Ergebnis einer Bund-Länder-Runde in der vergangenen Woche. „Vor dem Beschluss einer Reform muss Klarheit über deren Folgen herrschen“, betonte Holetschek. Aus seiner Sicht muss sich die Reform am Wohl der Patient*innen orientieren und dürfe vor allem die Bedürfnisse in den ländlichen Räumen nicht übergehen. Bewährte Strukturen in der Schlaganfallversorgung und der Geburtshilfe müssten „weiterhin in einem engen Netz verfügbar bleiben“. Zudem müssten bei der Reform die Bedürfnisse des Personals eine zentrale Rolle spielen.
Nach einer Studie der im Gesundheitswesen aktiven Beratungsfirma BinDoc, die Holetschek beauftragt hatte, hätte die von einer Expertenkommission des Bundes vorgeschlagene Krankenhausstrukturreform massive Auswirkungen auf die Versorgung im Freistaat. Bei einer unveränderten Umsetzung würde der Freistaat nach Ansicht des Gutachters Maximilian Schmid „auf ein Versorgungsdefizit in der Fläche zusteuern“. Dies würde nahezu alle Bereiche von der Notfallversorgung über die Geburtshilfe bis zur Intensivmedizin betreffen. Konkret würden landesweit nur 42 Kliniken mit einer Vollversorgung übrig bleiben. Damit wäre statistisch mehr als jeder zweite Landkreis im Freistaat ohne Vollversorger. Fast jede zweite Geburtshilfestation müsste schließen, ähnlich wären Kardiologiestationen betroffen. Viele kleinere Kliniken der Grundversorgung würden zu Pflegeeinrichtungen herabgestuft.
Die SPD wirft der CSU „Panikmache“ vor
Holetschek sprach sich bei der weiteren Beratung der Reformideen für Öffnungsklauseln aus, um regionale Besonderheiten in den einzelnen Bundesländern bei der Zuordnung zu den neuen Versorgungslevels berücksichtigen zu können. „Das ist unverzichtbar, um den unterschiedlichen Anforderungen in der Fläche gerecht zu werden“, sagte er. Dazu gehöre auch, die im Rahmen der Basisversorgung möglichen Leistungen an kleinen Kliniken erheblich zu erweitern. Es müssten für die einzelnen Regionen flexible Lösungen zugelassen werden. Er sei bereit zu einem Dialog mit dem Bund, sagte Holetschek. Es dürfe aber „keine faulen Kompromisse zulasten der Menschen auf dem Land geben“.
Die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann warf Holetschek Panikmache vor. Es sei nie geplant gewesen, das von der Expertenkommission des Bundes vorgelegte Reformpapier unverändert umzusetzen. „Vor diesem Hintergrund ist es fatal, den Leuten Angst zu machen“, sagte sie. Bayern könne und müsse sich in die Beratungen einbringen. Notwendig sei aber, dass Holetschek einen Plan habe, wie die künftige Krankenhausstruktur in Bayern aussehen soll. Ein solcher sei bisher nicht zu erkennen, betonte Waldmann. Die geforderte Länderöffnungsklausel dürfe nicht bedeuten, „dass jeder so weiterwurschtelt wie bisher“. An der Notwendigkeit einer Reform der Krankenhausstrukturen bestehe kein Zweifel.
Das hob auch Andreas Krahl (Grüne) hervor. Er sprach sich zur Qualitätssteigerung für eine Spezialisierung der Krankenhäuser aus. „Wir werden in Zukunft mehr Hubschrauber brauchen und weniger Schwarzwaldkliniken“, meinte er. Nötig sei daher eine Anpassung des Rettungsdienstes an die neuen Strukturen. Dominik Spitzer (FDP) beklagte sich über die „lauten Töne“ Holetscheks zu einem Arbeitspapier, das noch lange kein abschließendes Konzept sei. Damit trage der Minister zur Verunsicherung bei. Es brauche vielmehr eine sachliche Debatte über die Reformpläne.
Für die CSU wies Martin Mittag die Vorwürfe der Opposition zurück. Die Unruhe im Land sei entstanden, „weil Berlin das Reformpapier unkommentiert in die Öffentlichkeit geworfen hat“, urteilte er. Deshalb sei es absolut richtig gewesen, dass Holetschek eine Folgenabschätzung für Bayern in Auftrag gegeben habe. Der Patientenbeauftragte der Staatsregierung, Peter Bauer (Freie Wähler), erklärte, das Papier aus Berlin sei „für die medizinische Versorgung in Bayern schädlich“. Es widerspreche dem Verfassungsauftrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, wenn die Versorgung in der Fläche ausgedünnt werden solle. Andreas Winhart (AfD) sprach von einem „Schlag ins Gesicht“ von Patient*innen und deren Angehörigen, von werdenden Müttern sowie des Klinikpersonals. Die Pläne seien abzulehnen. (Jürgen Umlauft)
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