Landtag

20.09.2019

Milliardenbetrug durch Steuerkarusselle

Das Journalistennetzwerk Correctiv schätzt den Schaden durch Umsatzsteuer-Betrüger allein in Deutschland auf 14 Milliarden Euro pro Jahr. Was die Staatsregierung dagegen unternimmt, fragen die Grünen.

Seit der Einführung des europäischen Mehrwertsteuersystems 1993 stehlen organisierte Banden mit sogenannten Umsatzsteuerkarussellen jedes Jahr Milliarden Euro von europäischen Steuerzahlern. Das Journalistennetzwerk Correctiv schätzt den Schaden allein in Deutschland auf 14 Milliarden Euro pro Jahr. Vereinfacht gesagt werden bei der Masche Waren auf dem Papier grenzüberschreitend im Kreis bewegt, um sich Umsatzsteuern vom Finanzamt ausbezahlen zu lassen – die vorher nicht abgeführt wurden. Bis der Betrug den Behörden auffällt, hat sich die den Kreislauf beginnende Briefkastenfirma längst wieder aufgelöst. Tim Pargent und Florian Siekmann (beide Grüne) befürchten auch für Bayern einen Milliardenschaden. Sie wollten daher wissen, ob die Staatsregierung diesen Umsatzsteuerkarussellen gezielt nachgeht.

Das Finanzministerium antwortet, Karussellbetrug sei in Bayern vor allem beim Handel mit Getränken und Autos verbreitet. An den Finanzämtern kümmerten sich daher 643 Finanzbeamte ausschließlich um Umsatzsteuerfälle – 232 davon in der Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Die Prüfungsquote der Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist in den letzten Jahren dennoch kontinuierlich gesunken: von 1,12 Prozent im Jahr 2010 auf 0,61 Prozent im Jahr 2018. Die Umsatzsteuer sei auch regelmäßig Gegenstand von Betriebsprüfungen, verteidigt sich das Ministerium. Außerdem würden die Umsatzsteuer-Voranmeldungen und die Umsatzsteuer-Jahreserklärungen regelmäßig auf Unstimmigkeiten überprüft.

Wie groß ist das Problem tatsächlich?

Fälle von organisiertem, internationalen Umsatzsteuerbetrug gehören zum Aufgabengebiet der Sonderkommission schwerer Steuerbetrug, die den Steuerfahndungsstellen München und Nürnberg zugeordnet ist. Wie viele Umsatzsteuerbetrugskarusselle aufgedeckt wurden, welche Steuermehreinnahmen dadurch erzielt wurden und wie viele Verfahren seitens der bayerischen Staatsanwaltschaften geführt wurden, kann das Ressort von Finanzminister Albert Füracker (CSU) nicht sagen. „Dem Justizministerium ist jedoch bekannt, dass in den letzten Jahren die Staatsanwaltschaft Augsburg in besonderem Maße mit der Strafverfolgung in Bezug auf Umsatzsteuerkarusselle befasst war“, heißt es in der Antwort. Die Ermittlungen hätten bislang zu 55 Anklagen mit 116 Personen geführt, 86 davon wurden zu insgesamt 235 Jahren an Vollzugsstrafen verurteilt. Weitere Verfahren liefen.

Die Grünen weisen darauf hin, dass das Thema Umsatzsteuerkarusselle schon 2009 in der öffentlichen Debatte aufgegriffen wurde. 2014 kritisierte der Bayerische Oberste Rechnungshof, dass Bayern bei der personellen Ausstattung seiner Finanzbehörden im Bereich der Umsatzsteuer-Sonderprüfer bei Unternehmen im Bundesländervergleich auf Platz 16 lag. Zwischenzeitlich wurden dann mehr Steuerfahnder eingesetzt. „Seitdem hat der Schwung merklich abgenommen“, kritisiert der Grünen-Abgeordnete Pargent, „obwohl keineswegs weniger bei der Umsatzsteuer betrogen wird.“ Er fordert eine schnelle und konsequente Personalaufstockung der bayerischen Finanzbehörden und eine verstärkte Zusammenarbeit der Steuerbehörden über die Landesgrenzen hinweg. Nur so könne nachvollzogen werden, wie groß das Problem beim Umsatzsteuerbetrug tatsächlich ist.
(David Lohmann)

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