Landtag

Die Fraktionen im Landtag fordern Mentoren- und Fortbildungsprogramme. (Foto: dpa/Wolfgang Kumm)

05.01.2024

Umsatteln auf den Lehrberuf: gar nicht so leicht

Lehrkräftemangel: Was die Fraktionen dagegen unternehmen wollen und was sie sich von Quereinsteigern versprechen

Das Lehramtsstudium ist in Bayern immer noch der Hauptzugang zum Lehrberuf. Doch ohne Quereinsteiger*innen kann der Bedarf in Zukunft nicht mehr gedeckt werden. Auch die Fraktionen im Landtag sehen das so. Welche Voraussetzungen gibt es dafür?

Für einen Quereinstieg muss man in dem Fach, das man unterrichten will, einen Master-, Diplom- oder Magisterabschluss nachweisen und dann – wie Lehramtsstudierende auch – ein zweijähriges Referendariat absolvieren, an dessen Ende ein Staatsexamen steht. In anderen Bundesländern ist der Zugang zum Beruf weniger exklusiv. Mancherorts reicht sogar ein Bachelorstudium aus, um an Mittel- oder Berufsschulen zu unterrichten. Das Referendariat dauert zum Teil nur ein Jahr, und es mündet auch nicht überall in ein Staatsexamen. Es gibt dort etliche Schulen, in denen ausgebildete Pädagogen und Pädagoginnen inzwischen in der Minderheit sind.

In Bayern dagegen arbeiten derzeit über alle Schularten hinweg nur 900 Quereinsteiger*innen. Angesichts von weit über 100 000 Lehrkräften insgesamt sind das sehr wenige. Immerhin: Es werden mehr. „Bei unserer Hotline im Beratungsnetzwerk Lehrerberuf erkundigen sich Woche für Woche aufs Neue mehrere Hundert Interessierte telefonisch und per E-Mail nach Zugangswegen“, erklärt ein Sprecher des Kultusministeriums. Und tatsächlich waren unter den 4000 Referendar*innen, die Anfang des Schuljahrs starteten, schon 600 Quereinsteiger*innen.

Ute Eiling-Hütig, schulpolitische Sprecherin der CSU, ist vom System der Lehrkräfteausbildung und den Sonderprogrammen grundsätzlich überzeugt. „Es gibt auch relativ wenige Abbrecher“, sagt die Abgeordnete. Fakt sei aber auch, „dass wir an allen Ecken und Enden zu wenig haben“. Eine Möglichkeit wäre aus ihrer Sicht, Quereinsteigenden wie normalen Lehrkräften von Anfang an Hilfskräfte – Sozialpädagogen und Verwaltungskräfte – zur Seite zu stellen. So könnten sie sich auf die Lehre konzentrieren. Und es wäre schon eine Frage, ob ein Handwerksmeister, der einige Jahre selbst ausgebildet hat, tatsächlich bei einem Umstieg das volle Programm absolvieren muss.

Martin Brunnhuber, schulpolitischer Sprecher der Freien Wähler im Landtag, war selbst Quereinsteiger als Lehrer. Da er damals sein Bauingenieurstudium nur an der Fachhochschule absolviert hatte, musste er ein Lehramtsstudium dranhängen. Inzwischen reicht auch ein FH-Master als Qualifikation zum Referendariat – zumindest an beruflichen Schulen. Die Zugangshürden findet Brunnhuber nicht zu hoch. Wichtig wäre für ihn aber, die fertig ausgebildeten Lehrkräfte etwa mit einem Mentorenprogramm an die Hand zu nehmen und die Möglichkeit, ein Zweitfach zu unterrichten, zu vereinfachen. „Und es muss schon früh Aufklärung über den Beruf geben – positiv wie negativ. Denn in der Schule bist du immer maximal gefordert.“

Quereinsteiger erhalten in Vollzeit 1400 Euro, inklusive Zulage für München

Mehr pädagogische Ausbildung für Quereinsteiger*innen würde sich auch Gabriele Triebel, die schulpolitische Sprecherin der Grünen, wünschen – ebenso wie mehr Geld während der Ausbildung. Ihr Mitarbeiter hatte vor eineinhalb Jahren bei ihr für den Quereinstieg gekündigt. „Er arbeitet Vollzeit für 1400 Euro, inklusive Zulage für München. Das ist viel zu wenig.“ Um über die Runden zu kommen, arbeitet er auf Stundenbasis zusätzlich weiter bei der Abgeordneten. Um den Kreis der Lehrenden zu vergrößern, schlägt Triebel auch eine Änderung bei den sprachlichen Zugangsvoraussetzungen vor: Selbst wer nämlich mit einer Lehramtsausbildung aus dem Nicht-EU-Ausland nach Bayern kommt, muss Deutsch auf C2-, also Muttersprachniveau, vorweisen. Man könnte aber auch, so Triebel, alle Interessierten mit Fachsprachniveau in einer Art Crashkurs auf C2 bringen.

Auch die SPD-Fraktion fordert Mentoren- und Fortbildungsprogramme sowie eine Qualifikation, die schon an den Universitäten ansetzt. Und mehr Geld während des Referendariats: „Ich kenne einige Leute, die an der Uni arbeiten und sich für den Quereinstieg interessieren, aber sich wegen des Geldes nicht anmelden.“, sagt Simone Strohmayr, die schulpolitische Sprecherin. Dazu gebe es viele Lehrkräfte aus anderen Bundesländern, die sehr gerne im Freistaat arbeiten würden, aber nicht dürfen. Denn wer verbeamtet ist, hat schon Pensionsansprüche in seinem Land erworben, die sich nicht einfach übertragen lassen. Die Abwerbekampagne des Freistaats richtet sich nur an noch nicht verbeamtete Absolvent*innen. Eine bizarre Regelung.

Für Oskar Atzinger, den schulpolitischen Sprecher der AfD-Fraktion, ist besonders die Aufnahme der inzwischen rund 30 000 Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine die Ursache für den aktuellen Lehrkräftemangel. Der damalige Kultusminister Michael Piazolo (FW) habe selbst gesagt, dass man noch nie so viele Lehrkräfte wie jetzt beschäftigt habe. Den meisten Zuwachs bei den Kindern habe es durch die Migration gegeben. Den Sprachunterricht für die Flüchtlingskinder müssten aus Atzingers Sicht keine Pädagogen machen. Das würde Ressourcen sparen, meint er. Zudem könne man Lehramtsstudierende von Anfang an als Unterstützung in Schulen einsetzen. Auch er würde beim Salär der Referendar*innen ansetzen. „Das muss man erhöhen.“ (Thorsten Stark)

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