Landtag

Wahlkampf (hier von FDP-Fraktionschef Martin Hagen in München) kostet Geld. Nicht alles übernimmt die Partei. (Foto: loh)

04.08.2023

Wer in den Landtag will, muss investieren

Wahlkampf ist teuer – Plakate, Veranstaltungen, Flyer, alles kostet. Dafür gibt es Mittel der Parteien, aber die Kandidat*innen schießen auch privat Geld zu

Wenn es um die Ausgaben der CSU für den Landtagswahlkampf 2023 geht, brodelt im politischen München die Gerüchteküche. Da ist von mehreren Millionen Euro die Rede, CSU-Stimmkreiskandidat*innen sollen mit Unterstützung der Parteizentrale Beträge im mittleren fünfstelligen Bereich für ihren persönlichen Wahlkampf einsetzen.

Was ist aber dran an solchen Zahlen? Antwort: Man weiß es nicht. Auf Anfrage erklärt ein Parteisprecher nur, dass die Landesleitung die Kandidat*innen „in vielen Bereichen nach Kräften unterstützt“. Dann folgen einige allgemeine Aussagen zu Schulungen, individualisierten Plakaten und Flyern sowie Hilfen bei Veranstaltungen. Ansonsten bittet man um „Verständnis, dass wir zu Interna unserer Wahlkampfplanung – dazu gehört insbesondere die Budgetplanung – keine Auskunft geben“.

Noch schweigsamer ist nur der AfD-Landesverband, der trotz mehrmaligen Nachhakens auf Fragen zur Wahlkampffinanzierung überhaupt nicht reagiert.

Das komplette Gegenteil dazu sind die Grünen. Deren Landesverband verfügt demnach heuer über ein Wahlkampfbudget in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro. Dazu kommen die Ausgaben der 91 Kreisverbände für die örtlich Kandidierenden, die „regional sehr unterschiedlich ausfallen“. Im Durchschnitt stünden den Kandidat*innen etwa 25 000 Euro für ihren persönlichen Wahlkampf zur Verfügung. Bis auf „bestimmte Sonderformate“ gebe es vom Landesverband keine finanzielle Unterstützung für die Kandidierenden, sogar die vom Landesverband erstellten Werbematerialien müssten aus den örtlichen Budgets finanziert werden. Ausnahmen von dieser Praxis seien zum Beispiel größere Veranstaltungen mit Bundesprominenz, bei denen höhere Sicherheitsauflagen erfüllt werden müssten. Dafür gebe es vom Landesverband Zuschüsse, heißt es aus der Parteizentrale.

Einen näheren Einblick bietet der Regensburger Grünen-Abgeordnete Jürgen Mistol, der ohnehin großen Wert auf die Transparenz seiner Arbeit legt. Sein Kreisverband habe über die Jahre Geld für den Wahlkampf zurückgelegt, wie hoch das Budget genau ausfallen werde, sei noch nicht abschließend geklärt, berichtet Mistol. Persönlich verfügen könne er über das Geld nicht, die Entscheidung über die Ausgaben werde im Kreisverband getroffen. Spenden würden keine eingesetzt, als Abgeordneter dürfe er diese nach dem neuen Abgeordnetengesetz ohnehin nicht für die persönliche politische Arbeit entgegennehmen. Mistol setzt nach eigener Angabe auch „private Mittel im vierstelligen Bereich“ für seinen Wahlkampf ein, „wenn es mal an der einen oder anderen Stelle zwickt“. Als Abgeordneter dürfe er diese Werbungskosten aber nicht von der Steuer absetzen.

50 000 Euro plus X

Keinen Überblick über die individuellen Wahlkampfkosten der Stimmkreiskandidat*innen hat die SPD. Wegen der Heterogenität ländlicher und städtischer Stimmkreise gehe man von einer großen Spreizung aus. Finanzieren müssen die Kandidierenden ihren Wahlkampf mithilfe der örtlichen Parteigliederungen selbst. Ausgenommen sind nach Auskunft des Landesverbands nur Kandidat*innen in Stimmkreisen, die aktuell ohne SPD-Vertretung im Landtag sind. Diese erhalten einen „Gutschein im niedrigen vierstelligen Bereich zur Gestaltung und Bestellung von Wahlkampfmaterialien“. Alle Kandidierenden bekommen vom Landesverband Werbe- und Kampagnenmaterial zur Verfügung gestellt. Insgesamt gibt die Bayern-SPD für den anstehenden Wahlkampf genauso viel Geld aus wie 2018. Dafür seien in den vergangenen Jahren entsprechende Rücklagen gebildet worden. Eine konkrete Summe will eine Parteisprecherin auf Nachfrage nicht nennen.

Bei der bayerischen FDP ist für die Wahlkampffinanzierung ein „hoher sechsstelliger Betrag veranschlagt“, teilt ein Parteisprecher mit. Aus diesem Ansatz erhalte jeder Stimmkreis neben Sachmitteln einen Zuschuss in Höhe von 250 Euro. Auch bei der FDP schwanken die Wahlkampfausgaben vor Ort, fundierte Angaben dazu könne man aber nicht machen. Um einen landesweit einheitlichen Wahlkampfauftritt zu gewährleisten, erhalten die Kandidat*innen aus der Münchner Parteizentrale analoge und digitale Gestaltungselemente für ihre Kampagne, dazu Themenplakate und Werbeutensilien. Außerdem werden ihnen kostenlose Webseiten und Kurzwahlprogramme zur Verfügung gestellt.

Zurückhaltender informieren die Freien Wähler. Zum Gesamtbudget für den Wahlkampf macht der Landesverband keine Angaben, die Ausgaben der einzelnen Kandidat*innen werden – je nach individuellem Engagement – auf einen „vier- bis fünfstelligen Betrag“ taxiert. Dafür gebe es vom Landesverband „bestimmte Zuschüsse“. Außerdem würden die Kandidierenden von einem zentralen Wahlkampfteam und mit „digitalem und nicht-digitalem Material“ unterstützt.

Etwas konkreter wird der schwäbische FW-Abgeordnete Fabian Mehring. Er persönlich erhalte keine Gelder vom Landesverband für den Wahlkampf. Da die Freien Wähler aus Prinzip und um ihre Unabhängigkeit zu wahren auch keine Parteispenden annähmen, finanziere er seinen Wahlkampf hauptsächlich aus privaten Mitteln. Dafür habe er seit dem Einzug in den Landtag 2018 aus seinem zu versteuernden Einkommen monatliche Rückstellungen vorgenommen, berichtet Mehring. Ergänzt werde das durch Zuschüsse aus den Kreisverbänden sowie Zuwendungen von Mitgliedern.

Etwas Licht ins Dunkel bei der CSU bringt beispielhaft der Oberpfälzer Abgeordnete Stephan Oetzinger. Er bestätigt, dass sein örtliches Wahlkampfbudget „50 000 Euro plus X“ betrage. Direkte Zuweisungen aus der Parteizentrale in München über den regelmäßigen Mittelzufluss an die Kreisverbände hinaus gebe es für den Wahlkampf nicht. Ausnahme seien Zuschüsse für große Festzeltveranstaltungen. Für die Finanzierung des örtlichen Wahlkampfs seien ansonsten die CSU-Kreisverbände in seinem Stimmkreis zuständig. Die Mittel dafür stammten überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden, erklärt Oetzinger. Indirekt sei er über seine regelmäßige Mandatsträgerabgabe an die Partei beteiligt, dazu kämen aus eigener Tasche kleinere Beträge im insgesamt vierstelligen Bereich, die sich aus der Abgeordnetentätigkeit ohnehin ergäben.

Einen kleinen Einblick hinter die Kulissen der AfD gewährt dann doch Spitzenkandidat Martin Böhm. Für den Wahlkampf als Stimmkreiskandidat in Coburg erhalte er „überschaubare Unterstützung“ des Landes- und seines AfD-Kreisverbands, berichtet er. Beides sei aber eine „Kleinigkeit im Vergleich zu dem, was ich aus eigener Tasche einbringe“. Dafür habe er als Abgeordneter Rücklagen gebildet. Eine Summe will Böhm aber nicht nennen. (Jürgen Umlauft)
 

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