In Bayern werden nächstes Jahr 62 000 Kinder keinen Kita-Platz haben, rechnet die FDP vor. Zudem fehlten Tausende Lehrkräfte. Erste Klassen würden wegen Krankheitsfällen bereits nach Hause geschickt. Die CSU sieht das anders und spricht von einer „Märchenstunde“.
In einer von ihr beantragten Aktuelle Stunde zum Fachkräftemangel an Bayerns Schulen und Kindertagesstätten hat die FDP-Fraktion der Staatsregierung fehlendes Problembewusstsein und Versagen bei der Bewältigung der Mangelsituation vorgeworfen. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) verdränge die Fakten und streite die für Eltern wie Pädagog*innen täglich erlebbaren Probleme ab, erklärte der FDP-Abgeordnete Matthias Fischbach. „Wir wollen nicht zusehen, wie die Staatsregierung unser Bildungssystem herunterwirtschaftet“, betonte Fischbach.
Seine Fraktionskollegin Julika Sandt sprach sich für verbesserte Arbeitsbedingungen für pädagogische Fachkräfte an Schulen und Kitas aus. Es sei kontraproduktiv zu versuchen, den Mangel durch größere Gruppen oder Mehrarbeit beseitigen zu wollen. Dies führe nur zu mehr krankheitsbedingten Ausfällen und höheren Burn-out-Raten beim Personal, was die Mangelsituation noch weiter verschärfe. Sandt sah auch die Qualität an den Kitas in Gefahr. Dort gehe es schließlich nicht nur um die reine Betreuung, sondern auch um frühkindliche Bildung. Wenn dafür aber keine Zeit mehr sei oder viele Kinder wegen eines Aufnahmestopps gar nicht mehr in die Einrichtungen kämen, sei diese nicht mehr gewährleistet.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze erklärte, die Bildungskrise in Bayern sei längst da. Eltern seien verzweifelt, weil sie für ihre Kinder keine Plätze in den Kitas bekämen, die Beschäftigten, weil sie „zu wenig Zeit für zu viel Arbeit“ hätten. „Diese prekäre Situation wird auf dem Rücken unserer Kinder ausgetragen“, klagte Schulze. Durch den eklatanten Fachkräftemangel könnten Kinder nicht so gefördert werden, wie es wünschenswert wäre. „Das ist ein Armutszeugnis für unser Land.“ Es wäre dringend nötig, einen stärkeren Fokus auf die sozialen Berufe zu legen und das Berufsfeld insgesamt durch eine moderne Ausbildung und eine angemessenere Bezahlung attraktiver zu machen.
Nach Ansicht von Margit Wild (SPD) reden sich CSU und Freie Wähler die „Bildungslandschaft in Bayern schön“. Dies mache „blind für die Realitäten“ und sorge dafür, dass keine notwendigen Gegenmaßnahmen ergriffen würden. Schon jetzt gebe es an den Kitas 7000 Fachkräfte zu wenig, 2023 fehle für 62 000 Kinder ein Kita-Platz. Zudem seien an den Grundschulen 4000 Lehrkräfte zu wenig im Einsatz. „Das ist die durch Zahlen und Fakten belegte Situation, diese Krise hat uns die Staatsregierung eingebrockt und sonst niemand“, monierte Wild. Anne Cyron (AfD) warnte vor einer wachsenden Bildungsungerechtigkeit. Die Corona-Restriktionen der vergangenen Jahre, Unterrichtsausfälle durch Lehrermangel und andere Versäumnisse führten zu einer Absenkung des Bildungsniveaus.
Freie Wähler: "Die Laus im Salat zu suchen, ist schäbig"
Von einer „Märchenstunde“ der Opposition sprach dagegen Gerhard Waschler (CSU). Bayern stehe im Vergleich zu anderen Bundesländern hervorragend da und werde international um sein Bildungssystem beneidet. Auf die aktuellen Herausforderungen wie Corona oder Flüchtlingskinder aus der Ukraine, aber auch neue Aufgaben wie die Digitalisierung und den Ganztagesausbau habe die Staatsregierung richtig reagiert. „Es wird alles hervorragend geschultert“, sagte Waschler. Um den Personalmangel zu bewältigen, der nicht nur den Bildungsbereich betreffe, habe die Staatsregierung mit einer Ausweitung der Studienplatzkapazitäten, einer Werbekampagne für den Lehrerberuf sowie der Ankündigung einer höheren Gehaltseingruppierung für Grund- und Mittelschullehrer reagiert.
Für die Freien Wähler betonte Susann Enders, dass die Staatsregierung den Kommunen für die Personalausstattung ihrer Kitas Planungssicherheit gegeben habe. Auch im Schulbereich werde alles unternommen, um Lücken beim Lehrerbedarf zu schließen. „Die Ministerien erfüllen ihre Aufgaben sehr gut“, resümierte Enders. Die Strategie der Staatsregierung sei „klar und nachhaltig“, allerdings brauche die Qualifizierung neuer Fachkräfte Zeit. Enders’ Kollege Johann Häusler zählte umfangreiche Maßnahmen der Staatsregierung zur Bewältigung akuter und langfristiger Probleme im bayerischen Bildungswesen auf. „Sich hier hinzustellen und auch noch die Laus im Salat zu suchen, ist schäbig“, hielt Häusler der Opposition vor. (Jürgen Umlauft)
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