Leben in Bayern

Kenan Büyükhan bekam von Markus Söder Ende Mai die Christophorus-Medaille überreicht. Er holte seine Schwester aus einem Auto, nachdem der Hinterreifen Feuer gefangen hatte. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

31.12.2019

Das sind bayerische Helden 2019

Ein brennendes Auto, ein Bahngleis, ein Freibad: Mehrfach sind Menschen in Bayern heuer in lebensgefährliche Situationen geraten. Doch sie hatten Schutzengel. Das sind aber nicht die einzigen, die durch ihren Einsatz im zu Ende gehenden Jahr zu Helden wurden

Jeden Tag finden sich in den Medien negative Schlagzeilen: Menschen bringen andere um, sterben bei Unfällen oder Bränden. Mal selbstverschuldet, mal schicksalhaft. Doch immer wieder gibt es auch glückliche Momente, in denen jemand eine brenzlige Situation überlebt oder gar gerettet wird. Manche werden auch durch eine ganz andere heldenhafte Tat berühmt. Einige Beispiele aus Bayern:

Der neunjährige Kenan Büyükhan befreite Ende März in Nürnberg seine kleine Schwester aus einem brennenden Auto, von dem Minuten später nur noch ein verkohltes Wrack übrig war. Das große Medienecho rief sogar Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf den Plan: "Das hätte ein Erwachsener nicht besser gekonnt." Kenan habe wie ein Profi gehandelt, einen kühlen Kopf bewahrt. Für die Rettung der Zweijährigen zeichnete Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Viertklässler mit der bayerischen Rettungsmedaille aus. Die Geschwister hatten alleine im Auto auf ihre Mutter gewartet, die ihr drittes Kind in einem Kindergarten abgab. Plötzlich bemerkte Kenan über dem Hinterreifen Rauch. Er stieg aus und sah, dass der Reifen lichterloh brannte. Er kämpfte mit dem klemmenden Gurtverschluss am Kindersitz seiner Schwester. "Der wollte nicht aufgehen. Normalerweise machen das meine Eltern", sagte er. Als die Mutter zurückkam, waren die Kinder aber schon in Sicherheit.

Betrunken am Bahngleis - das kann gefährlich werden. Anfang Oktober fiel ein Wiesn-Besucher am Bahnhof Isartor deshalb auf die Gleise. Gleichzeitig nahte eine S-Bahn. Zwei Frauen reagierten geistesgegenwärtig. Mit ausgebreiteten Armen stellten sie sich an die Bahnsteigkante und winkten, um den Lokführer aufmerksam zu machen. Der Zug stoppte gerade noch rechtzeitig, der Mann war gerettet. "Es war mir klar, dass ich etwas unternehmen musste. Er war nicht ansprechbar, lag mit seinem Kopf auf einem Gleis", sagte eine der Retterinnen der "Bild"-Zeitung. Heldenhaft verhielt sich ein paar Stunden später auch der 16-jährige Kevin. Am S-Bahnhof Marienplatz torkelte ein Mann den Bahnsteig entlang und fiel ins Gleis. Kevin zog blitzschnell die Notbremse und leistete Erste Hilfe. "Das war so ein Reflex", sagte er später. "Als Schulsanitäter habe ich das Meiste gelernt." Sein Berufswunsch: "Notfallsanitäter werden."

In der Oberpfalz wurde im Sommer der 13-jährige Justin Fischer zum Lebensretter. Der Schüler bemerkte auf dem Grund des Nichtschwimmerbeckens im Freibad in Windischeschenbach (Landkreis Neustadt an der Waldnaab) einen kleinen Jungen. Weil sich der Bub nicht bewegte, tauchte Justin zu ihm herunter und zog ihn aus dem Wasser. "Seine Lippen waren blau, er hat nicht mehr geatmet", berichtete Justin später. Ein Bademeister übernahm danach am Beckenrand die Herzdruckmassage, und kurz darauf begann der Vierjährige wieder zu atmen. Er kam in eine Klinik und hat alles gut überstanden. Von der Polizei und dem Schwimmmeister bekam Justin viel Lob für seinen Einsatz. Der Schüler sagte, es sei dich selbstverständlich gewesen zu helfen.

Beinahe vom Traktor überrollt worden wäre ein 27-Jähriger aus Franken - wenn nicht Sebastian Grund eine riskante Rettungsaktion vollbracht hätte. Der Familienvater fuhr am 15. November auf einer Landstraße bei Großostheim (Landkreis Aschaffenburg) nach Hause, als vor ihm ein Auto ungebremst auf das Heck eines Traktors krachte. Der überschlug sich mehrfach, der Fahrer schleuderte aus dem Sitz. Grund sah, wie der Traktor weiterfuhr und auf den am Boden liegenden Mann zusteuerte. Grund hechtete dem Fahrzeug hinterher, wollte das Lenkrad umreißen. Erfolglos. Dann erwischte er das Kupplungspedal, drückte es solange, bis sich der Gang löste. Der Traktor blieb vier Meter vor dem Fahrer stehen. Auch Grund wurde verletzt: Wadenquetschung, Unterschenkelprellung, Sprunggelenkszerrung. "Ich habe funktioniert, ohne viel zu denken", sagte er rückblickend. Mit dem Traktorfahrer ist der 31-Jährige seither in Kontakt. Beide kommen aus der gleichen Ortschaft und treffen sich nun hin und wieder, etwa zum Essen.

Mit seinem ungewöhnlichen Vorgehen im Kampf gegen Gaffer wurde der Verkehrspolizist Stefan Pfeiffer im Mai bundesweit bekannt. Nach einem tödlichen Lkw-Unfall bei Nürnberg platzte ihm angesichts der filmenden und gaffenden Vorbeifahrenden der Kragen. "Da liegt er, wollen Sie ihn sehen?", bot er den Schaulustigen an. Um ihnen vor dem Ausstellen des Strafzettels jeweils noch ins Stammbuch zu schreiben: "Schämen Sie sich!" Trotz des großen Hypes im Frühjahr habe sich auf den Straßen nichts geändert, bilanzierte der Leiter der Verkehrspolizei Feucht ein gutes halbes Jahr später. "Das sind natürlich bloß Nadelstiche gewesen. Das wird das Phänomen nicht bekämpfen, wenn ich den einen oder anderen rausziehe und mit der Situation konfrontiere." Diejenigen, die er damals in die Nähe der Leiche geführt habe, würden bei Unfällen aber wahrscheinlich nicht mehr gaffen: "In dem Moment, wo man sie aus der Anonymität ihres Fahrzeugs rausholt, wird ihnen bewusst, dass sie sehr deutlich eine Schamgrenze überschritten haben, und es ist ihnen sehr unangenehm."
(dpa)

Bild: Justin Fischer am Rande des Nichtschwimmerbeckens, in dem er einem vierjährigen Jungen das Leben gerettet hatte. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

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