Leben in Bayern

Etliche Tierheime nehmen derzeit aus Platzgründen keine Tiere mehr auf. (Foto: dpa/Axel Heimken)

23.02.2024

Bayerns Tierheime sind am Limit

Im Freistaat gibt es Hilfseinrichtungen, die so voll sind, dass Hunde auf einer Toilette untergebracht werden müssen

Wenn das Tierheim im oberbayerischen Rosenheim mal wieder an seine Grenzen kommt, dann hört man das. Etwas lauter könne es werden, wenn die Hundeabteilung komplett belegt sei, erzählt Andrea Thomas, Vorsitzende des Tierschutzvereins Rosenheim, der das Heim betreibt. Vor allem aber seien die 27 Mitarbeitenden im Stress – weil das Heim voll sei mit Hunden, Katzen, Hamstern, Bartagamen.

„Das ist halt das Schicksal eines jeden Tierheims“, sagt Thomas – im Wissen, dass Heime allerorts vor der Überlastung stehen: zu viele Tiere, zu wenig Platz, Mitarbeitende und Geld. Die Situation betrifft Einrichtungen in ganz Deutschland, wie eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) unter 85 Heimen bundesweit ergab. Demnach haben 80 Prozent eine Warteliste oder einen Aufnahmestopp für Hunde verhängt. Für Katzen gelte das in 60 Prozent der Fälle.

Bayern ist keine Ausnahme, wie die Präsidentin des bayerischen Landesverbands im Deutschen Tierschutzbund, Ilona Wojahn, bestätigt. 85 Heime sind unter dem Dach des Verbands organisiert. Die Einrichtungen würden einander helfen, erfragen, wo es noch Kapazitäten gebe – doch immer häufiger komme bei solchen Anfragen nichts zurück. Ein großes Problem: „Die Verweildauer steigt, weil wir immer öfter kranke und alte Tiere bekommen.“ Das gelte vor allem für Hunde. Solche Tiere ließen sich schwer weitervermitteln. In der Folge fehle Platz für Neuzugänge.

„Bei uns landen oft Hunde, die vorher schon mehrfach von Halter zu Halter weiterverkauft wurden“, sagt auch Andrea Thomas vom Rosenheimer Tierheim. Damit es gar nicht erst so weit kommt, fordert Wojahn eine Sachkundeprüfung für künftige Hundehalter*innen. Auch der Onlinehandel mit Tieren müsse verboten werden. Weil auch die unkontrollierte Vermehrung von Katzen die Heime fülle, brauche es zudem eine flächendeckende Katzenschutzverordnung. Diese verpflichtet Halter*innen, frei laufende Tiere registrieren und kastrieren zu lassen.

Solange es an solchen Maßnahmen fehlt, wird es in den Heimen eng. Ein anderer Heimleiter aus Bayern berichtet, in seiner Einrichtung hätten Hunde zeitweise auf einer Toilette untergebracht werden müssen. Anders sah das noch zu Zeiten der Corona-Pandemie aus. Damals hätten sich viele Menschen einen tierischen Begleiter aus einem Heim geholt, sagt Wojahn. Doch in Zeiten von Ausgangssperren und geschlossenen Hundeschulen hätten viele Halter*innen die Erziehung vernachlässigt. So hätten Hunde Verhaltensstörungen entwickelt und gebissen – um schließlich den Weg zurück ins Tierheim zu finden. Sofern dem kein Aufnahmestopp im Wege steht. Dann würden manche Haltenden ungemütlich, berichtet Thomas. Sie drohten, die missliebigen Tiere auszusetzen. „Als Tierschutzverein sind wir erpressbar“, sagt sie.  

Auch Wojahn kennt solche Fälle emotionaler Erpressung: „Das macht uns sehr zu schaffen.“ Nicht ablehnen können die Heime allerdings ausgesetzte und ausgerissene Tiere, die gefunden werden. Für solche Fälle haben die Vereine Verträge mit den Kommunen – entweder für einen jährlichen Pauschalbetrag oder nach Einzelfällen abgerechnet. Diese Lösung sei vielfach nicht kostendeckend, sagt Wojahn. Sie fordert wie Thomas eine landesweite finanzielle Regelung, die für den Tierschutz kein Zuschussgeschäft ist. Denn: „Viele Tierheime werden ausgenutzt.“ (Tom Sundermann, dpa)
 

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