Leben in Bayern

Die größte Blume der Welt, die Titanwurz, blüht im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität in Bayreuth. (Foto: dpa)

07.06.2015

Es stinkt endlich!

Botanische Sensation: Die Titanwurz in Bayreuth blüht nach nur 10 Monaten wieder

Auf dem Parkplatz riecht man noch nichts. Im Foyer des Tropenhauses auch nicht. Doch dann, kaum hat man die Tür geöffnet, trifft einen der Gestank mit voller Wucht. So, als sei eine Biotonne mit Fleischabfällen darin in der Sonne geparkt und sehr, sehr lange nicht geleert worden. Doch vor der Quelle des üblen Geruchs haben sich zahlreiche Menschen versammelt. Denn verbunden mit dem Geruch ist eine botanische Sensation: Was hier so stinkt, ist die Blüte der Titanwurz.
Sie gilt als größte Blume der Welt. Ihre Blüte entfaltet sie normalerweise nur alle zwei bis drei Jahre. In Bayreuth ist das anders. Erstmals blühte die Titanwurz im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität im August 2014. Dass es nun schon wieder soweit ist, sei extrem ungewöhnlich, sagt Gartendirektor Gregor Aas. Er steht begeistert vor der Riesenblüte und beantwortet geduldig alle Fragen der Besucher, spricht von männlichen und weiblichen Blüten, vom Regenwald, in der die Titanwurz normalerweise heimisch ist.
Auch für den Gestank findet er anschauliche Bilder - es rieche wie eine tote Maus, die man tagelang nicht findet. Es klingt wie eine Untertreibung. Man wünscht sich trotzdem, nie eine tote Maus im Haus zu finden.
Nur ein paar Stunden dauert das Spektakel. Im Lauf des Samstags öffnete sich die Blüte, am Abend war sie voll entfaltet. Heute soll sich die Blüte wieder verschließen.

Innerhalb von nur 10 Monaten eine neue Blüte - das ist Weltrekord!

Im vergangenen August kamen noch 12 000 Titanwurz-Fans, so dass sich lange Schlangen vor dem Tropenhaus bildeten. Dieses Mal geht es ruhiger zu. "So bleibt Zeit, auch ganz spezielle Fragen zubeantworten", sagt Marianne Lauerer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Gartens. Trotzdem reißt der Besucherstrom am Samstagabend nicht ab, immer wieder kommen neue Gäste, um das Naturschauspiel zubewundern. "Es begeistert mich schon zu sehen, dass das Interesse an der Pflanze so groß ist", sagt Lauerer.
Die Besucher zücken ihre Handys, um die stinkende Pflanze zu fotografieren oder um Selfies mit der Blüte zu machen. Kinder halten sich die Nasen zu und rufen: "Igitt, es stinkt!" Gelassener sieht das eine Gruppe Studenten, die wegen des Spektakels auch am Samstagabend mal auf dem Campus vorbeischaut: "Ein paar Minuten hält man das schon aus. Obwohl es schon sehr übel riecht", sagt eine 23 Jahre alte Jura-Studentin. "Spannend ist es auf jeden Fall."
2,03 Meter groß ist die Blüte der Titanwurz in diesem Jahr, im Vorjahr kam die Pflanze auf 2,30 Meter. Die Blüte hat einen Umfang von 1,50 Meter. Sie sieht lilafarben aus, in der Mitte ragt der Kolben nach oben - er verströmt den Kadavergeruch. Doch der Gestank hat einen guten Grund: Die Titanwurz lockt damit Insekten für die Bestäubung an. Die von der indonesischen Insel Sumatra stammende Titanwurz (Amorphophallus titanum) kann bis zu drei Meter hoch werden. Trotzdem steht sie im Regenwald unterhalb des Baumdachs - um überhaupt wahrgenommen zu werden von den bestäubenden Insekten, muss der Geruch so intensiv sein.
Entdeckt wurde das Tropengewächs 1878 vom Botaniker Odoardo Beccari. Außerhalb Sumatras wurden nach Angaben der Uni erst rund 120 Titanwurz-Blüten gezählt. Die Titanwurz besteht aus einer riesigen unterirdischen Knolle. Um die Blüte zu produzieren, braucht die Regenwaldpflanze viel Energie - und eigentlich Zeit. "Wir haben erst in zwei, drei Jahren mit einer neuerlichen Blüte gerechnet", sagt Lauerer. Dass sich jetzt schon nach zehn Monaten eine neue Blüte entwickelt habe, habe man bislang noch nicht gehört, sagt sie. Das ist Weltrekord.
Draußen vor dem Tropenhaus haben die Mitarbeiter des Gartens und Studenten ein paar Bierbänke aufgestellt. Man kann sich Apfelschorle oder Mineralwasser kaufen oder eine Postkarte mit Titanwurz-Bild darauf. Die hat den Vorteil, dass sie garantiert nicht stinkt. Es dauert ein wenig, bis der Kadavergeruch aus der Nase verschwunden ist und man die milde Abendluft wieder genießen kann.
Und wann die Titanwurz wohl das nächste Mal in Bayreuth blüht und stinkt? Marianne Lauerer lacht: "Bei dieser Pflanze wage ich keine Prognose mehr." (Kathrin Zeilmann, dpa)

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