Leben in Bayern

Kleine Feldhasen: Oft werden sie mit Wildkaninchen verwechselt. (Foto: Paul)

17.04.2020

Letzte Rettung für Hasen-Babys

Immer öfter nehmen Spaziergänger kleine Feldhasen mit nach Hause – mit fatalen Folgen für die bedrohte Tier-Population

Dicht aneinander gekuschelt und mit großen dunklen Knopfaugen schauen die Jungtiere in den Raum, die kleinen Körper zittern. Vorsichtig nimmt Sabine Gallenberger einen der Baby-Feldhasen auf den Arm und gibt ihm die Flasche mit einer Spezialmilch. Gierig fängt das Kleine an zu nuckeln. „Der ist noch mal mit dem Leben davongekommen“, sagt die Vorsitzende des Münchner Vereins Wildtierwaisen e. V. erleichtert. „Die Finder haben es rechtzeitig gemerkt, dass etwas nicht stimmen kann. Aber hätten sie ihn nur liegen lassen! Diese Unkenntnis ist wirklich erschreckend.“

Der Feldhase hat in Bayern schon bessere Tage gesehen. Er ist offiziell vom Aussterben bedroht und steht auf der Roten Liste. Das hat laut dem Bund Naturschutz in Bayern verschiedene Gründe, einer davon ist die Landwirtschaft. Der intensive Einsatz von Chemie vernichtet nicht nur Unkraut, sondern auch Wildkräuter, die die Tiere für ihre Ernährung brauchen. Auf vielen Feldern gibt es auch keine kleinen Hecken oder Sträucher mehr. Somit fehlt ihnen der Schutz vor Füchsen und anderen Fressfeinden. Und auch der Autoverkehr ist für viele tödlich.

Verwechslungsgefahr mit Wildkaninchen

Aber es gibt noch einen weiteren Grund, dass die Population sinkt: Die Menschen verwechseln Babys von Feldhasen mit erwachsenen, ihrer Ansicht nach kranken oder verletzten Wildkaninchen. „Doch das sind zwei völlig verschiedene Tierarten und sie verhalten sich auch ganz unterschiedlich“, mahnt Gallenberger. Im Gegensatz zu den nicht vom Aussterben bedrohten Wildkaninchen legen Feldhasen als Nestflüchter keinen Bau an, die Hasenmutter versteckt ihren Nachwuchs im hohen Gras oder in Mulden – und zwar breit verstreut, also nicht alle beieinander. „Das Muttertier schaut nur zweimal am Tag vorbei, um sie zu säugen, morgens und in der Dämmerung. Die übrige Zeit liegen die Jungtiere ruhig in ihrem Versteck.“ Und relativ sicher. Wären da nicht die Spaziergänger mit ihren stöbernden Hunden oder Tierliebhaber, die glauben, ein verletztes Kaninchen retten zu müssen.

„Weil die Augen schon weit geöffnet sind und die Jungtiere vom Körperbau den erwachsenen Wildkaninchen ähneln, verwechseln die Spaziergänger sie mit diesen und nehmen sie mit nach Hause, um sie vermeintlich aufzupäppeln“, erläutert die 37-Jährige. Kleiner Tipp: Typisch für den Feldhasen seien die deutlich längeren Hinterbeine und die sehr langen Ohren. Auch die schwarze Spitze der Ohren unterscheidet den Feldhasen vom Wildkaninchen. „Doch inzwischen kennen auch viele Jäger und sogar manche Tierärzte nicht mehr auf Anhieb den Unterschied“, schimpft die Tierschützerin. „Wir Deutsche wollen gern den Eisbären und das Nashorn retten, das ist sehr lobenswert – aber von unseren heimischen Wildtieren haben wir immer weniger Ahnung.“

Daheim richten die Menschen den vermeintlichen Wildkaninchen eine Kiste her, bieten ihm Wasser, Karotten und Gras an – „doch das bringt gar nichts, der junge Feldhase wird elendig verhungern, denn er braucht mehrere Wochen nach der Geburt ausschließlich Milch“, warnt Gallenberger. Erst wenn das Jungtier immer schwächer und apathischer wird, schwant den Findern, dass etwas nicht stimmen kann – und wenn der kleine Hase großes Glück hat, rufen sie beim Verein der Wildtierwaisen an.

Es sei übrigens auch ein Irrtum, so Gallenberger, dass das Muttertier ihr Junges nicht mehr annehmen würde, wenn es von Menschen angefasst wurde. „Man kann es problemlos wieder ins hohe Gras oder, wenn vorhanden, unter eine Hecke setzen – da macht es auch nichts, wenn es nicht exakt die gleiche Stelle ist wie vorher. Die Häsin sucht dann das Gelände ab und in der Regel stöbert sie ihr Junges auch wieder auf.“
(André Paul)

Foto (Paul): Tierschützerin Sabine Gallenberger.

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