Leben in Bayern

Joshua Grasmüller, ehemaliger Landesschülersprecher von Bayern, steht in der Fahrzeughalle der Feuerwache 6. Grasmüller hat nach seinem Schulabschluss eine Ausbildung bei der Feuerwehr angefangen. (Foto: dpa/Svem Hoppe)

21.09.2021

Lieber Lebensretter als Politiker

Selbst der Ministerpräsident musste ihm zuhören: Zwei Jahre lang war Joshua Grasmüller der oberste Schülervertreter im Freistaat. Eine Karriere in der Politik will er trotz des offensichtlichen Talents nicht machen. Anderen Menschen zu helfen, findet er erfüllender

Die Schule, räumt Joshua Grasmüller freimütig ein, lief am Ende doch arg nebenher. Aber gelernt hat er dennoch extrem viel. Denn als Landesschülersprecher ging er zwei Jahre lang im Kultusministerium ein und aus - und redete mit, wenn es um das Abitur nach neun Jahren (G9) oder die Corona-Maßnahmen ging. Die Spielregeln der Mächtigen kennt der 19-Jährige inzwischen gut, tritt im Gespräch mit Ministern und Verbandsspitzen ebenso gewandt auf wie bei Podiumsdiskussionen.

Dennoch hat er nach seinem Abitur das Jackett gegen eine Uniform getauscht. Statt weiter in der Politik mitzumischen, rettet Grasmüller lieber Leben.
Das erste Jahr seiner Ausbildung zum Notfallsanitäter bei der Berufsfeuerwehr München ist schon rum, im Anschluss soll das Studium Katastrophenmanagement folgen - "Master of Desaster" nennt Grasmüller scherzhaft sein Berufsziel. Er will Menschen helfen. Das Medizinische reizt ihn, und das Technische, das er bei der Feuerwehr ebenso lernt.

Dabei haben ihn viele wohl eher als typischen Nachwuchspolitiker eingeschätzt, die Arbeit in den Gremien liegt ihm. "Joshua Grasmüller war für uns im Kultusministerium als langjähriger Landesschülersprecher immer ein absolut kompetenter, fairer und auch humorvoller Gesprächspartner. Mit großem Engagement hat er sich in bildungspolitische Prozesse eingebracht und mit Leidenschaft die Interessen der Schülerinnen und Schüler in Bayern vertreten", zollt Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) ihm Respekt.

"Mir war es immer wichtig, einen Kompromiss zu finden und mit meinen Worten - außer es musste sein - niemandem auf die Füße zu treten und anzugreifen", resümiert Grasmüller selbst. "Und mich auch nicht angreifbar zu machen, aber trotzdem die Meinung der Schülerinnen und Schüler nach außen zu tragen."

Seine Abi-Note hat unter dem Engagement gelitten

Ein Vollzeitjob neben der Oberstufe sei das gewesen, erzählt Grasmüller rückblickend. Seine eigene Abi-Note habe darunter zwar gelitten. Aber etwa die neue Oberstufe im G9 sei ein echter Erfolg geworden. "Da ist sehr viel Schülerinnen- und Schülermeinung drin, da bin ich stolz drauf."

Schon als Sechstklässler engagierte sich Grasmüller als Klassensprecher. Naheliegend, bestimmte die Schule doch große Teile seines Lebens - wegen der langen Fahrtzeit wohnte er nicht Zuhause in Eichenau bei Fürstenfeldbruck, sondern im Internat seines Gymnasiums am Starnberger See. Die Lage direkt am Ufer war für seine Mutter bei der Entscheidung für dieses Modell allerdings nicht ausschlaggebend. Stattdessen legte sie Wert auf den sozialwissenschaftlichen Zweig - und lebte ihrem Sohn zugleich ehrenamtliches Engagement vor.

Mit der Folge, dass Grasmüller nicht nur "Karriere" als Schülersprecher machte und bei der Jugendfeuerwehr aktiv war, sondern auch in der evangelischen Jugend in verantwortungsvolle Posten hineinwuchs. "Der Hauptgrund für mein Engagement ist, dass man wirklich was bewirken kann", erklärt Grasmüller seinen zeitraubenden Einsatz. Freunde, Freizeit und Ehrenamt - das ist bei ihm weitgehend eins. "Gemeinschaft bedeutet mir sehr viel."

Schon als Kind wollte er zur Feuerwehr

Mit der Verwirklichung seines "Kindheitstraumes" bei der Feuerwehr bleibt aktuell aber nur noch vergleichsweise wenig Zeit, weshalb Grasmüller ein weiteres politisches Engagement zumindest vorerst ausschießt. Doch auch ohne Amt hat er durchaus etwas zu sagen. Mit Blick auf die Corona-Strategie der Landesregierung, die er zudem mit Blick auf die Schulen als kurzsichtig empfand, bemängelt er: "Wir als junge Generation haben immer bis zuletzt in die Röhre geschaut."

"Es muss ein Umdenken in der Planung stattfinden. Die junge Generation muss beachtet werden, es müssen Freiräume geschaffen werden", fordert Grasmüller. "Wir brauchen mehr Förderung der Jugendarbeit, mehr Angebote für junge Menschen, die Kinder- und Jugendhilfe muss mehr ins Zentrum der Entscheidungen rücken."

Grasmüller ist jetzt wieder in seinem Politik-Modus. Aber auch, wenn er über sich selbst nachdenkt, über seine Werte, Normen und Ideale, klingen seine Sätze sehr erwachsen. Manchmal scheint sich Grasmüller selbst über seine Reife zu wundern. "Ich habe schon so viel erlebt - aber hei, ich bin gerade mal 19!"
(Elke Richter, dpa)

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