Sie rollen dann über die Straßen, wenn die meisten anderen Autofahrer daheim sind. Schwertransporter übernehmen die Fracht, die sonst nicht von A nach B gebracht werden könnte. Das ist oftmals mit großem Aufwand verbunden und findet fast immer in der Nacht statt. Mitunter müssen dann Verkehrsanlagen demontiert und große Umwege gefahren werden, weil die monströsen Laster sonst nicht passieren können. In Schwaben wurde kürzlich auf diese Weise eine ganze Eisenbahnbrücke mehrere Nächte lang von Stuttgart bis nach Sonthofen transportiert.
"Die Abmessungen des Transports sind für deutsche Transportgegebenheiten riesig", warnte das Landratsamt Oberallgäu andere Verkehrsteilnehmer vor dem Mega-Transport. Der 16-achsige Laster kam auf 177 Tonnen Gesamtgewicht, war 31 Meter lang und 6,50 Meter breit.
Den Spezialauftrag übernahm die Schwerlastspedition Schmechtig aus Genthin in Sachsen-Anhalt. Die Brücke wurde zunächst nach Stuttgart verschifft, ab dort ging es weiter auf der Straße ins Allgäu. Kurz vor dem Ziel der Reise stellte besonders die Fahrt durch Kempten die Experten vor Herausforderungen. "Kempten hat mehrere Stellen, die schwierig sind", erklärte Speditionsleiter Enrico von Dombrowski während des Einsatzes.
Wegen des Gewichts des Transports habe die Stadt nicht umfahren werden können, die Brücken im Umland seien nicht für eine solche Last geeignet. "Deswegen müssen wir durch die Stadt fahren." Dort gebe es problematische Stellen wie Kreisverkehre und enge Straßen. Aber letztlich schaffte es der Transport sogar schneller als erwartet nach Sonthofen, dort hob ein Kran das Bauteil in die Brückenkonstruktion ein.
Leer wiegen die Spezialtransporter schon 40 Tonnen
Wie viele solcher Schwertransporte durch den Freistaat rollen, lässt sich nicht genau sagen. Die Zahl werde statistisch nicht erfasst, erklärt Pinar Tilki vom Verkehrsministerium in München. Erfasst wird
nur die Zahl der Stellungnahmen der Staatlichen Bauämter und Autobahndirektionen, die diese im Rahmen von Genehmigungen von Großraum- und Schwertransporten abgeben.
Zuletzt stieg die Zahl solcher Stellungnahmen binnen fünf Jahren von 250 000 auf 390 000 jährlich. Doch dies lasse keinen unmittelbaren Rückschluss auf tatsächliche Transporte zu, betont die Pressesprecherin. Grund sei unter anderem, dass manchmal für einen einzelnen Antrag mehrere Dienststellen gefragt seien.
Das Unternehmen Wimmer Maschinentransporte aus Sulzemoos (Landkreis Dachau) fährt praktisch wöchentlich solche Transporte. Besonders häufig bringt Wimmer Spritzgussmaschinen eines Münchner Herstellers nach Hamburg oder zu einem anderen Nordseehafen. Die Maschinen, die Kunststoffteile pressen, wiegen bis zu 70 Tonnen und werden oft in andere Länder verschifft.
Das Unternehmen habe 25 Spezialtransporter, die leer schon etwa 40 Tonnen schwer seien, erklärt Marc Schellerer, der bei Wimmer die Transportabteilung leitet. Beladen werde von dem Laster dann auch schon einmal die 100-Tonnen-Marke überschritten. Um mit solch einem Gefährt quer durch Deutschland fahren zu dürfen, braucht jeder Transport eine 20 bis 40 Seiten starke Genehmigung.
Müssen oft abmontiert werden: Straßenschilder und Ampeln
Der Fahrer hat die Papiere dabei und muss sich danach richten. "Auf den Seiten steht minuziös aufgelistet, welche Auflagen bei den verschiedenen Autobahnkilometern einzuhalten sind", erklärt Schellerer. Dort seien beispielsweise Brücken verzeichnet, die nur in Schrittgeschwindigkeit passiert werden dürfen. Oder es gebe Unterführungen, bei denen der Lkw noch um ein paar Zentimeter abgesenkt werden müsse.
Solche Transporte starten in der Landeshauptstadt meist so etwa um 21.00 Uhr, dann geht es durch die Nacht richtig Norden. "Die Transporte sind dann zwei bis drei Tage unterwegs." Jeder Transporter, der Übermaße hat, muss laut Schellerer von einem Fahrzeug begleitet werden. Die Autofahrer werden dadurch frühzeitig vor dem ungewöhnlichen Laster gewarnt. "In München im Stadtgebiet sind sogar zwei weitere Begleitfahrzeuge notwendig", erklärt er.
Manchmal müssen die Wimmer-Mitarbeiter für einen einzigen Transport auch extreme Umwege fahren. So musste im vergangenen Jahr ein besonderer Transport zu einem Augsburger Raumfahrt-Zulieferer stattfinden. Das Unternehmen brauchte eine neue Maschine zur Produktion von Teilen für die europäischen Ariane-Raketen.
Diese Anlage sollte aus dem Raum Burbach, im Grenzgebiet zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen, nach Augsburg gebracht werden. Die direkte Strecke wäre weniger als 500 Kilometer lang gewesen. Doch für den Transport musste eine Route gesucht werden, durch die die riesige Maschine passte. Straßenschilder und Ampeln mussten trotzdem auch noch demontiert werden. "Wir haben eine ganze Deutschlandrundreise gemacht, weil der direkte Weg nicht möglich war", erinnert sich Schellerer. "Schlussendlich sind wir 1700 Kilometer gefahren, um ans Ziel zu kommen."
(Ulf Vogler, dpa)
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