Leben in Bayern

Toni Skrzypek trainiert auf der Wettbewerbsstrecke der Deutschen BMX-Meisterschaft, die vom 6. bis 7. Juli in Stuttgart ausgetragen wird. (Foto: Marijan Murat/dpa)

04.07.2019

Mit Killermentalität und kleinem Rad

BMX war in den 80ern schwer in Mode - mitverantwortlich dafür: ein Außerirdischer. Aktuell ist der Sport auf dem Boden der Tatsachen angelangt. In Stuttgart nehmen Sportler allerdings Olympia in den Blick - und kämpfen am Wochenende um den deutschen Meistertitel

"Riders ready - watch the gate!" tönt es vom Band. Kurz darauf knallt das Startgatter nach vorne und die Fahrer schnellen auf den kleinen Rädern die Rampe hinab. Auf 20-Zoll-Reifen beschleunigen sie auf mehr als 60 Stundenkilometer, springen bis zu 13 Meter weit über Hügel und legen sich in asphaltierte Steilkurven.

BMX wurde in den 80er Jahren zum Trend. "Es gab Kids, die gesagt haben: Motocross ist cool - nur hatten sie kein Geld für die Motorräder", erklärt Smail Mast, Vorsitzender der BMX-Union Stuttgart.
Stattdessen lieferten sie sich auf hügeligen Strecken mit wendigen Fahrrädern Rennen. Bicycle Motocross - oder kurz: BMX - war geboren. Die ersten Bahnen entstanden laut Smail wohl in Kalifornien Anfang der siebziger Jahre - "und dann kam E.T.". 1982 erschien der Film von Steven Spielberg über einen Außerirdischen, in dem Kinder und ihre BMX-Räder eine prominente Rolle spielen. Ein fliegendes Bike vor Vollmond zählt wohl zu den bekanntesten Bildern der Filmgeschichte.

Der BMX-Trend schwappte auch nach Deutschland. Damals gab es ungefähr 100 Strecken, sagt der BMX-Koordinator beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR), Matthias Gelhaus: "Heute sind es nur noch ungefähr 40." Auf der internationalen Sportartikelmesse ispo in München spielt BMX keine Rolle, "weder in der Ausstellung noch inhaltlich im Rahmenprogramm", sagte eine Sprecherin. Anders als Mountainbikes oder E-Bikes.

2020 kämpfen die Fahrer erstmals um olympisches Gold

Zur Blütezeit entwickelte sich neben Race, also dem Kopf-an-Kopf-Rennen über hügelige Bahnen, eine andere BMX-Sparte: Freestyle. "Da geht's eher darum, seine künstlerische Ader auszuleben", erklärt Daniel Müller vom Bayerischen Radsportverband. Statt Schnelligkeit zählen die besten Tricks - die machen die Fahrer zum Beispiel auf Rampen im Skatepark. "Der BMX-Hype ist noch nicht vorbei", sagt Müller. "Ganz im Gegenteil: Seit Park zur olympischen Disziplin erklärt wurde, spüren wir eine richtige Euphorie."

2020 werden Fahrer zum ersten Mal in der Freestyle-Disziplin Park um olympisches Gold kämpfen. Auch beim Race, das bereits seit 2008 eine olympische Disziplin ist, gab es einen Schub - etwa bei den Startern bei Wettkämpfen.

Noch liegt Deutschland im hinteren Mittelfeld

Müller schätzt, dass drei oder vier Mal mehr Freestyle-Fahrer als Race-Fahrer in Deutschland aktiv sind: "Genau lässt sich das nicht sagen, der Freestyle ist halt frei." Für Race ist eine Strecke und eine Vereinsstruktur im Verband des BDR nötig. Laut BDR gibt es aktuell rund 600 Race-Lizenzen. Die werden benötigt, um an Rennen wie der Deutschen Meisterschaft teilzunehmen, die dieses Wochenende mit rund 360 Fahrern in Stuttgart ausgetragen wird.

Bayern und Baden-Württemberg sind den BDR-Angaben zufolge die Bundesländer mit der größten Szene. Einer der Hotspots ist die Gegend um Stuttgart, neben Cottbus (Brandenburg) der zweite deutsche Olympiastützpunkt. Auf der weltcupfähigen Strecke, die für mehr als eine Million Euro in Stuttgart gebaut wurde und vor einem Jahr eröffnete, trainiert der 33 Jahre alte Simon Schirle den Elitekader. "Deutschland liegt im internationalen Vergleich eher im hinteren Mittelfeld." Frankreich sowie die Niederlande, Schweiz und USA gehörten beim Race zu den führenden Nationen.

Die Videoanalyse beim Start, einem der entscheidenden Momente jedes Rennens, offenbart Fehler von Schirles Fahrern - zehn Männer im Alter zwischen 17 und 24 Jahren. "Das Gewicht muss nach vorne verlagert werden für maximale Beschleunigung." Für Erfolg sei aber noch etwas anderes wichtig: "Du brauchst eine Killermentalität."

Fast jeder der Fahrer habe sich schon mal ernsthaft verletzt: Einen Schlüsselbeinbruch oder eine Wirbelfraktur samt schmerzhafter Reha müsse ein Fahrer dann mental wegstecken, so Schirle. Seine eigene Rennkarriere beendete er erst nach dem zweiten Leber- und Nierenriss - auf Drängen seines Arztes. Und wieder ertönt das Startsignal, acht Fahrer rasen zeitgleich nach unten auf das erste Hidnernis zu. Ihre Lenker trennen wenige Zentimeter.
(Linda Vogt, dpa)

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