Leben in Bayern

Ein Mann hält vor einem Haus eine Kerze, auf die er ein Gebet geschrieben hat. In diesem Haus wurden im vergangenen Jahr drei Bewohner erschossen. Der Bluttat sollen Nachbarschaftstreitereien vorausgegangen sein. Seit dieser Woche steht ein Rentner wegen des Verdachts des dreifachen Mordes vor Gericht, zudem wird ihm zweifacher versuchter Mord vorgeworfen. (Foto: dpa/Puchner)

10.04.2024

Mutmaßlicher Dreifachmörder will sich an Tat nicht erinnern können

Nach einem Streit soll ein Rentner drei seiner Nachbarn umgebracht haben. An die Tat will er sich nicht mehr erinnern – doch die Aufnahme eines Notrufs lässt ihn mit den Tränen kämpfen

Im Prozess um einen dreifachen Mord in einem Mehrfamilienhaus in Schwaben beruft sich der mutmaßliche Täter auf Erinnerungslücken. An die Tat vom Juli vergangenen Jahres, bei der zwei Frauen und ein Mann durch Schüsse ums Leben kamen, will der 64-Jährige keine Erinnerung mehr haben, teilte sein Verteidiger Walter Rubach am Mittwoch vor dem Landgericht Augsburg mit. Der Angeklagte bedaure das Geschehene und könne es sich nur "als psychische Entgleisung" erklären.

Der Rentner steht wegen dreifachen Mordes vor Gericht, zudem muss er sich wegen zweifachen versuchten Mordes verantworten. Er soll auch mehrfach auf Angehörige einer getöteten Nachbarin geschossen haben - sie überlebten verletzt. Für die Ereignisse vom Tattag fehle dem Mann "bis auf wenige Einzelheiten" die Erinnerung, wie es in einer vom Verteidiger verlesenen Erklärung heißt.

Der 64-Jährige aus Langweid am Lech im Landkreis Augsburg, der mehrere Schusswaffen legal besaß, soll ein 49 und 52 Jahre altes Nachbarehepaar im gemeinsamen Treppenhaus binnen weniger Sekunden mit Kopfschüssen quasi hingerichtet haben. Anschließend erschoss er laut Anklage eine 72 Jahre alte Nachbarin durch deren Wohnungstür.

Danach soll der Mann zum Wohnhaus des erwachsenen Sohnes der getöteten Rentnerin gefahren sein, um auch den Sohn und dessen Lebensgefährtin zu töten. Er soll viermal durch die Wohnungstür geschossen haben. Beide Bewohner erlitten Armverletzungen, schwebten aber nicht in Lebensgefahr.

"Eine tickende Zeitbombe"

In dem Verfahren wurde der Mitschnitt eines Notrufs vorgespielt, den der Mann der 72-jährigen Erschossenen abgesetzt hatte. Der Länge des Gesprächs nach dauerte es mindestens 20 Minuten, bis Rettungskräfte am Tatort eintrafen. Der Mann meldete sich mit den Worten: "Scheiße! Meine Frau ist erschossen worden!" Dabei benannte er den 64-jährigen Nachbar als Schützen. Er habe der Polizei bereits bei einer früheren Gelegenheit gesagt, dass der Mann "eine tickende Zeitbombe" sei.

Die Staatsanwaltschaft berichtete, dass es auch wegen des impulsiven Verhaltens des Angeklagten in dem Haus mit vier Wohnungen immer wieder zu Streit gekommen sei. Der Sportschütze lebte seit 15 Jahren mit seiner Ehefrau im ersten Stock. Drei Jahre später zogen nebenan Eheleute ein, die bei der Bluttat am 28. Juli 2023 beide getötet wurden und einen minderjährigen Sohn hinterließen. Die getötete 72-Jährige wohnte seit Mitte 2020 mit ihrem Mann im Erdgeschoss.

Zwischen den Parteien soll es immer wieder zu Streit gekommen sein, beispielsweise um das Herausstellen der Mülltonnen oder laute Gespräche auf der Terrasse. Gegenseitige Beleidigungen seien die Folge gewesen. Immer wieder waren wegen des Ärgers auch Polizisten im Haus. Auch am Tattag selbst hatte einer der Nachbarn Anzeige gegen den 64-Jährigen erstattet. Als die Beamten kamen, war der Rentner aber gerade nicht anwesend.

Gegen Ende des Notrufs sagte der Ehemann der 72-Jährigen: "Die stirbt mir unter der Hand weg." Kurz darauf war sie seiner Wahrnehmung nach bereits gestorben. Die Frau des mutmaßlichen Täters kam hinzu, um dem Opfer zu helfen. Der Mann des Opfers herrschte sie an: "Was macht ihr Mann bloß für nen Scheiß?"

Als der 20-minütige Mitschnitt abgespielt worden war, wischte sich der Angeklagte Tränen aus dem Augenwinkel. Ähnlich reagierte er am Ende einer weiteren Aufnahme, die den Notruf des Sohnes der getöteten Frau dokumentierte. (Tom Sundermann, dpa)

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