Leben in Bayern

Der Angeklagte Stefan B. zeigt nach dem Urteil in Ingolstadt in Richtung einer Fotografin eine provozierende Geste. (Foto: dpa)

11.05.2015

Sogar Verteidiger plädiert auf Mord

Höchststrafe für Mörder von Franziska: Für den grausamen Tod der Zwölfjährigen muss der Angeklagte lebenslang hinter Gitter

Ohne erkennbare Regung nimmt der junge Mann die Höchststrafe auf: Der 27-Jährige fährt sich mit beiden Händen noch einmal durch seine nackenlangen braunen Haare, nachdem ihm ein Polizist die Handschellen abgenommen hat. Dann erhebt er sich, als der Vorsitzende Richter Jochen Bösl verkündet: Der junge Mann wird wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Zusätzlich stellt das Ingolstädter Schwurgericht am Montag die besondere Schwere der Schuld fest. Dem Mörder der kleinen Franziska steht damit eine lange Zeit im Gefängnis bevor. Er kommt auf keinen Fall nach 15 Jahren Haft frei.
Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Denn sowohl die Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft und Nebenklage verzichteten auf Rechtsmittel. Die Beweislast war erdrückend, wie die Vernehmungen und auch DNA-Spuren des Opfers bei dem Angeklagten ergaben. So blieb neben der Staatsanwaltschaft selbst dem Verteidiger nichts anderes übrig, als auf lebenslange Haft wegen Mordes zu plädieren.
Der zuletzt obdachlos lebende Mann hatte die zwölfjährige Franziska am 15. Februar 2014 auf dem Nachhauseweg vom Spielen mit Freundinnen entführt. An einem Weiher in Neuburg a.d. Donau vergewaltigte und missbrauchte er die Kleine auf grausamste Weise und erschlug sie anschließend mit einem Holzscheit. Der Mord erschütterte die Menschen weit über die Region hinaus auch deshalb, weil Franziska vor ihrem stundenlangen Martyrium mehrere Kurznachrichten von ihrem Smartphone an Freundinnen schickte, dass sie verfolgt werde. Den Hilferufen wurde aber fatalerweise nicht nachgegangen.
Zusätzlich verurteilte das Schwurgericht den 27-Jährigen wegen besonders schwerer Vergewaltigung, besonders schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Freiheitsberaubung mit Todesfolge. In den anderen Anklagepunkten wie dem sexuellen Missbrauch zweier weiterer Mädchen sprach ihn das Schwurgericht hingegen frei. Den Mord hatte er zu Prozessbeginn gestanden, ansonsten aber geschwiegen.

Sicherheitsverwahrung kommt aber nicht in Betracht

In seiner Urteilsbegründung legte der Vorsitzende Richter ausführlich dar, warum eine Sicherungsverwahrung nach Verbüßung der Haft nicht infrage kommt. "Eine Tat reicht nicht", sagte Bösl. Auch wenn zum Mord weitere Straftatbestände hinzukamen, handele es sich letztlich doch um eine Tat. Er ließ aber keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte bei dieser Beweislage auch ohne Geständnis als Mörder überführt worden wäre. Für die Eltern gebe es kein Urteil, das dem Leid gerecht werden könne, das der Täter ihnen zugefügt habe, sagte der Vorsitzende weiter. "Aber letztlich ist es eine gerechte Strafe."
Staatsanwalt Jürgen Staudt äußerte sich zufrieden über das Urteil. Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sei für ihn logisch: "Es gibt nichts Schlimmeres, was ich mir vorstellen könnte", meinte Staudt zur Tat des 27-Jährigen.
Verteidiger Adam Ahmed zeigte sich nicht überrascht über die Höchststrafe. Die Annahme des Urteils durch seinen Mandanten könne auch als Geste des Schuldeingeständnisses gegenüber den Eltern von Franziska gewertet werden, erläuterte er.  
Überraschend erschienen Franziskas Eltern zur Urteilsverkündung. Die Mutter konnte - neben ihrer Anwältin sitzend - die Tränen nicht verbergen. Als Nebenkläger waren die Eltern im Prozess allen Verhandlungstagen ferngeblieben. Ihre Anwältin Petra Kerschner sagte, die Eltern der Kleinen könnten nie mehr zu einem normalen Leben zurückfinden. "Sie haben eine schreckliche Zeit hinter sich und keine rosigen Zeiten vor sich." Doch zur Urteilsverkündung hätten sie dem Mörder ihrer Tochter einmal in die Augen blicken wollen. Kerschner: "Vielleicht ist mit dem Urteil ein Punkt erreicht, dass die Eltern von Franziska wenigstens ein bisschen Abstand gewinnen können." (Paul Winterer und Silke Federsel, dpa)

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