Die bayerischen Weihnachtsmänner sind sich nicht ganz einig. "Davon geht die Welt nicht unter" - das ist die Devise des Weihnachtsmanns für Oberbayern, mit bürgerlichem Namen Roland Spiegel, angesichts seines coronabedingt leeren Terminkalenders im Dezember 2020. In Franken bedauert der Fürther Dominic Loos den ausbleibenden Verdienst, den er sonst im roten Mantel hat, findet es für das Gesamtgeschehen aber eher positiv, dass ihn niemand bucht. Und eine Würzburger Agentur hofft, dass wenigstens Kostüme gemietet werden.
Das Revier von Roland Spiegel sind die Landkreise München, Ebersberg, Erding, Freising und Mühldorf am Inn. Während er sonst im Dezember etwa zwölf Bescherungen zelebriert, hat ihn dieses Jahr eine einzige Kundin für einen Kindergarten gebucht, und so soll es eigentlich auch bleiben.
Spiegel hat für sich entschieden: Private Feiern werden nicht stattfinden. Er bietet seinen Weihnachtsmann-Service seit fünf Jahren an, für Firmen, Vereine und Privatleute. Dieses pandemische Jahr macht seine Mission aber unmöglich. "Ich kann nicht in Häuser reingehen, da sind vielleicht zwei Familien mit Kindern, die möchten dann auf dem Schoß sitzen und wollen Fotos machen - das geht gar nicht." Wenn man ihn aber kurzfristig für eine Stippvisite im Garten buchen möchte - da könnte noch was gehen.
Hundertprozentiger Buchungseinbruch
Auch Rudolf Mundl aus München setzt auf Abstand. Der Familientherapeut hat eine Schauspielausbildung und ist auch als Weihnachtsmann unterwegs. Ende November hatte er einen hundertprozentigen Einbruch bei seinen Buchungen zu verzeichnen - dann kam doch noch ein "Outdoor"-Termin rein. Vor fünf Jahren hat er begonnen, sich auf adventliche Mission zu begeben. Mit einigen weiteren Herren bildet er die "Münchner Weihnachtsmänner".
30 bis 40 Auftritte hatte Mundl pro Saison allein - vor Corona. "Fragezeichenanfragen" bekommt er nun stattdessen. Für Kindergärten empfiehlt er etwa einen Auftritt draußen vor der Tür, mit Ablage der Geschenke, die die Erzieherinnen dann verteilen. "Wie ein Korsett" empfindet er die derzeitige Lage, "wo Freude nicht mehr zugelassen wird von der Regierung".
Für sich selbst hätte Mundl bei einem Auftritt "überhaupt keine Bedenken", Handschuhe trägt er als Weihnachtsmann ohnehin, Abstand hält er auch, nur zum Bart noch eine Maske, das wäre zuviel, "man kriegt sonst schon kaum Luft". Er hofft auf Eltern, die doch noch buchen möchten, und will sich auch kurzfristig auf den Weg zu wartenden Münchner Kindern machen. "Man kann heute nur sagen: Es wäre schön. Wo doch der Sommer schon weggebrochen ist. Es wäre schön, wenn man selber Freude verbreiten kann."
Auch in Franken gilt eher der Konjunktiv, wenn es um Weihnachtsmänner geht. Bei der Würzburger Agentur Zepra Event werden sie ebenfalls vermittelt - eigentlich. "Normalerweise wäre jetzt alles schon gebucht", sagt Inhaberin Ulrike Lahr. Um 80 bis 90 Prozent seien die Engagements gegenüber 2019 zurückgegangen, schätzt sie. Firmenfeiern fallen komplett aus.
Auf ihren Kostümverleih verweist Lahr noch, das schließlich ist gefahrlos möglich, sich einfach fürs eigene Kind verkleiden. "Da gibt es aber auch nicht mehr Nachfrage. Die Leute stecken den Kopf in den Sand, die sind so verunsichert durch ständig neue Regeln." Wer doch einen gütigen Herrn einladen möchte, darauf weist Lahr hin, muss nicht nur versprechen, sich an die geltenden Infektionsschutzregeln zu halten, er muss unterschreiben.
Vor allem betroffen: viele Studenten
In Fürth könnte man im Konjunktiv Dominic Loos einladen. Er ist hauptsächlich als "Clown Melman" aktiv, tritt aber auch als Weihnachtsmann auf. In diesem Jahr wird das allerdings nichts mehr, vermutet er, denn Anfragen gab es noch nicht. "Einerseits ist das natürlich erfreulich, denn die Menschen halten sich offenbar größtenteils an die Regeln. Andererseits bin ich in diesen Wochen und Monaten natürlich gänzlich ohne Einkommen. Es ist eine schwere Probe, auf die wir Künstler gestellt werden."
Loos sieht die Möglichkeiten für Auftritte generell kritisch. Die Beschränkung auf ein Treffen zweier, sogar fester Hausstände schließe einen weihnachtlichen Auftritt praktisch aus. Und ein Besuch in einem Supermarkt - "bestimmt anstrengend und nicht so schön, aber möglich". Doch mehr ginge auch nicht: "Denn Abstandsregeln gibt es ja auch noch. Und eine Süßigkeit aus dem großen Jutesack herauszukramen, einem Kind in die Hand zu geben und das dann beim nächsten und übernächsten Kind zu wiederholen, ist auch nicht im Sinne der Sache."
Bei der Studentenvermittlung Jobruf, die bundesweit Weihnachtsmänner in die Familien bringt, ist der Vermittlungsstand "deutlich abnehmend". Wenn gebucht werde, dann fast ausschließlich von Privathaushalten. Dass die Studenten von sich aus zurückziehen, komme dagegen seltener vor: "Studenten müssen ja nach wie vor ihren Lebensunterhalt verdienen und sind somit - unter Einhaltung der geltenden Infektionsschutzmaßnahmen - nach wie vor arbeitswillig." Denen, die zum Weihnachtsdienst antreten, wird das Übliche empfohlen: Abstand, Hygiene, Maske.
Die Hamburger Agentur Blank und Biehl, die auch nach Bayern vermittelt, geht noch einen Schritt weiter: Handschuhe, die nach jedem Auftritt gewechselt werden, FFP2-Maske in weihnachtlichem Weiß zum Drunterziehen, das sei verpflichtend, sagt Geschäftsführer Jan Mitja Biehl. Künftig will er sogar Antigentests verwenden, die die aktuelle Infektiosität anzeigen. Bislang sei es ein "schmerzlicher Rückgang", den er verzeichne, sagt Biehl. "Aber ich bin guter Dinge und hoffe, dass die Kunden uns vertrauen."
(Martina Scheffler, dpa)
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