Politik

Impfpass- und Ausweiskontrolle – viele Menschen haben da keine Lust drauf. Und für die Betriebe ist es ein Riesenaufwand. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

21.01.2022

Am Tropf des Staates

Die Wirtschaft leidet unter der Pandemie – vielen fehlt eine klare Perspektive

Die Menschen sind coronamüde, viele haben keine Lust mehr auf 2G-Kontrollen. Hinzu kommt die Furcht, sich mit der ansteckenderen Omikron-Variante zu infizieren. Beides zusammen sorgt für Frust bei Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie, Messegesellschaften und Reiseveranstaltern. Sie wollen eine Perspektive.

So liegen seit März 2020 die Busreisen beim Nürnberger Unternehmen Schielein Reisen brach. „Wir kämpfen mit Standschäden an unseren acht Reisebussen“, erklärt Geschäftsführerin Julia Hecke-Schielein. Die Fahrzeuge, die einen Neupreis von jeweils rund 300.000 Euro haben, müssten nämlich regelmäßig bewegt werden. Hecke-Schielein kompensiert die Ausfälle aus dem Reisesegment mit Anmiet-, Schüler- und Werksverkehr. Doch sie hofft, dass im Sommer, wenn sich die Corona-Lage entspannt hat, Busreisen wieder gefragt sind.

Vorsichtigen Optimismus spürt man auch beim Verband unabhängiger selbständiger Reisebüros (VUSR) in Iserlohn. „Die Nachfrage ist gegenüber 2020/2021 spürbar gestiegen“, sagt Marija Linnhoff, erste Vorsitzende des VUSR. Allerdings ist die Beratungsintensität bedingt durch die vielen Reisebestimmungen in den Zielländern um ein Vielfaches höher als vor der Pandemie. Dieser Beratungsaufwand lohnt sich für die Büros erst, wenn die Kundschaft tatsächlich eine Reise bucht.

Düstere Stimmung

Auch der Einzelhandel leidet unter Corona. „Das Weihnachtsgeschäft war nichts, das Nachweihnachtsgeschäft, in dem die Leute traditionell Geschenkgutscheine einlösen, war nichts und jetzt ist die Stimmung genauso wie das Wetter: düster“, stöhnt Bernd Ohlmann, Pressesprecher des Handelsverbands Bayern. Insgesamt hat das laut Ohlmann im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit zu Umsatzverlusten von 30 bis 40 Prozent geführt. Immerhin: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die 2G-Regel für den Einzelhandel jetzt gekippt, was für viele Geschäfte ein Lichtblick ist.

In der Gastronomie sieht es jedoch weiterhin düster aus. „Während der Weihnachtsferien hatten wir Gäste im Café. Aber mit Schulbeginn ist es schlagartig ruhig geworden“, sagt Christine Horsch, Geschäftsführerin des Cafés und Hotels Goldenes Kreuz in Regensburg. Besonders fatal war auch die Absage der Weihnachtsmärkte. Das führte zu einer massiven Stornierungswelle bei den Übernachtungen. Jetzt hofft Christine Horsch wie viele Betriebe auf die staatlichen Hilfen. In der Vergangenheit hat sie diese auch erhalten. Aber das Prozedere sei immer sehr mühsam und nervtötend gewesen.

Komplexe Förderbedingungen

Die Überbrückungshilfen und die Förderbedingungen werden in der Tat immer komplexer, bestätigt die IHK für München und Oberbayern. Hintergrund ist, dass man möglichst vielen Fallkonstellationen Rechnung tragen möchte. Da die Überbrückungshilfe zunächst auf Basis von Umsatzprognosen für den Förderzeitraum berechnet wird, erfolgt später eine Schlussabrechnung anhand der tatsächlich erzielten Umsätze.
Zumindest haben bisher die staatlichen Hilfen und das Kurzarbeitergeld Entlassungswellen verhindert. Etliche Beschäftigte haben allerdings Branchen verlassen, die wegen der Corona-Schließungen unsichere Perspektiven haben, etwa die Gastronomie. Oder solche, in denen sich die Arbeitsbedingungen durch Corona verschlechtert haben, beispielsweise Gesundheits- und Pflegeberufe.

Wegen des starken Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung finden Arbeitssuchende aber neue Jobs in anderen Bereichen. Das wird wohl so bleiben. Eine Abwanderung von Fachkräften mangels Arbeitsmarktchancen ist da eher unwahrscheinlich.

Dennoch muss die Politik die Situation genau im Blick behalten. Die Hilfen für die Unternehmen sind nötig. Aber sie dürfen nicht zu Marktverzerrungen und Gewöhnungseffekten führen, wovor die IHK München und Oberbayern warnt. Angesichts der milderen Omikron-Variante könnte auch der Weg Spaniens erfolgversprechend sein. Die dortige Regierung versucht jetzt, Corona als Grippe zu handhaben und mit möglichst wenigen Einschränkungen auszukommen. Israel – das geringere Impfquoten als Deutschland hat – erwägt das gleiche Vorgehen.
(Ralph Schweinfurth)

 

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