Politik

Im Interview mit der Bild am Sonntag sagte Markus Söder, es brauche für mehr Sicherheit sowohl zusätzliche Streifen zu Fuß auch berittene Einheiten in weiteren Städten. (Foto: dpa/Rumpenhorst)

14.06.2024

Auf dem Rücken der Polizeipferde

Ministerpräsident Markus Söder kündigte 2018 die Einführung weiterer Reiterstaffeln an – geschehen ist bisher nichts

Polizeipferde werden bei Umzügen, Demonstrationen oder Festen eingesetzt. Am allerhäufigsten kommen sie jedoch bei Fußballspielen zum Einsatz: Bei jedem Spiel in der Münchner Allianz Arena ist die Reiterstaffel der Münchner Polizei dabei. Es gibt nämlich Fans, die nicht ins Stadion kommen, um das Spiel anzuschauen, sondern weil sie sich mit anderen Fans prügeln wollen. Solche Situationen können die Polizist*innen vom Pferderücken aus gut erkennen, weil sie von dort einen ausgezeichneten Überblick haben. Wenn sie auf dem Pferd zwischen zwei sich streitende Gruppen gehen, nehmen die Unruhestifter schnell Reißaus. Denn die Pferde der Reiterstaffel sind groß und schwer: Bis zu sechsmal so viel wie ein kräftiger Mann kann ein Tier wiegen.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schätzt die Pferde. Im Interview mit der Bild am Sonntag sagte der Regierungschef, es brauche für mehr Sicherheit sowohl zusätzliche Streifen zu Fuß auch berittene Einheiten in weiteren Städten. Das sei eine gute Möglichkeit, um beispielsweise „Parks sicherer zu machen“.

Damit greift Söder seine eigene Idee aus dem Jahr 2018 zu Beginn seiner Amtsübernahme auf. Auch damals kündigte er weitere Reiterstaffeln im Freistaat an. Ein Polizist zu Pferd mache Eindruck auf die Menschen, mache die Beamten aber auch sympathisch und zugänglich für Bürger*innen, argumentierte Söder vor sechs Jahren. Angedacht waren bis spätestens 2020 für Nürnberg, Fürth und Erlangen 40 Pferde, für Augsburg 30 und für Regensburg, Ingolstadt und Würzburg 20 Tiere. Geschehen ist seither freilich nichts. Derzeit gibt es in Bayern weiterhin nur Reiterstaffeln in München und Rosenheim mit insgesamt etwa 40 Tieren. Ein ausgebildetes Polizeipferd wird mit etwa 15.000 Euro Anschaffungskosten veranschlagt und für die gesamte uniformierte Reiterei mit dann 130 Beamt*innen kursieren jährliche Kosten von rund 100 Millionen Euro.

Für die Freien Wähler war das schon damals nach den Worten ihres Chefs Hubert Aiwanger „Steuergeldverschwendung“ und die SPD ätzte: „Wir brauchen mehr Zweibeiner in Polizeiuniform auf bayerischen Straßen und Plätzen statt Dr. Söders Vierbeiner.“

Aber auch bei der Polizei selbst sieht man die Pläne eher durchwachsen. „Einem Ausbau der Bayerischen Reiterstaffel steht entsprechend dem Personalaufwuchs bei der Bayerischen Polizei bis 2028 unserer Meinung nach grundsätzlich nichts im Wege“, sagt Florian Leitner, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, auf Nachfrage zur Staatszeitung. Allerdings sei es „fraglich, wie sinnvoll dies ist. Die Reiterstaffel beziehungsweise die Pferde können nicht in jeder beliebigen Einsatzsituation eingesetzt werden und sind zudem sehr kostenintensiv, was zum Beispiel Training, Unterbringung, Versorgung und Transport angeht. Sinnvoller wäre, die bestehenden Standorte zu stärken und die vorhandenen Ressourcen der Reiterstaffel Bayerns adäquat zu nutzen“, so Leitner weiter.

Die Gewerkschaft ist nicht unbedingt begeistert

Würden aber neue Reiterstaffeln eingeführt, plädiert der Gewerkschaftschef für Städte wie Würzburg oder Ingolstadt als Standorte. „In großen Städten ist die Einsatzbelastung unserer Kolleginnen und Kollegen mit am höchsten, weshalb dort eine Ergänzung durch Polizeibeamte zu Pferde auch aufgrund der dort zu bewältigenden Einsatzlagen wie zum Beispiel die Betreuung von Fußballspielen am sinnvollsten wäre“, meint Leitner.

Bei den infrage kommenden Kommunen überwiegt die positive Resonanz. So „könnten berittene Polizeikräfte ein wichtiger Baustein in der Sicherheitsarchitektur vor Ort sein. Dies ergibt sich schon aus der Höhe der Polizeikraft, die sich einen Überblick verschaffen kann und dabei völlig mobil ist“, teilt Claudia Lother, Sprecherin der Stadt Würzburg, mit. Im Vergleich zu Streifenfahrzeugen wäre ein Einsatz zu Pferd wohl auch in Grünanlagen, im Ringpark oder der Innenstadt umweltfreundlicher als mit Polizeiautos.

Aus Kempten wiederum ist von Kathrin Seger, stellvertretende Leiterin des OB-Büros, zu erfahren, dass man sich in der Stadt „noch nicht mit diesem Thema befasst“ habe. Aus Bamberg dagegen heißt es: „Alles, was zur Erhöhung der objektiven Sicherheitslage und des subjektiven Sicherheitsempfindens beiträgt, ist seitens der Stadt Bamberg zu begrüßen“, so Stadtsprecher Sebastian Martin. Allerdings sei aus Bamberger Sicht „ebenso wünschenswert, dass die lange angekündigte und inzwischen bewährte Polizeifahrradstaffel in Bamberg mit mehr Personal und Mitteln ausgestattet wird“.
Und für Ingolstadt befindet Stadtsprecher Michael Klarner: „Zwar ist die Sicherheitslage in Ingolstadt eine gute (Platz sechs der sichersten Städte in Bayern), aber grundsätzlich begrüßen wir alle Anstrengungen und Unterstützungsleistungen, die Sicherheit weiter zu verbessern. Dies beinhaltet auch weiterhin Polizeipferde, die für Ingolstadt seit 2018 im Gespräch sind.“ (André Paul)
 

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